Erkundungstour durch Deutschland China durchleuchtet den deutschen Mittelstand

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Das Tor zum Glück

Erster Programmpunkt ist das Familienunternehmen Argo Hytos. Die Firma macht das, wofür deutsche Mittelständler weltweit berühmt sind: Produkte herstellen, deren Namen Laien noch nie gehört haben und die beim Aussprechen leichte Probleme bereiten. „Rücklaufsaugfilter“ zum Beispiel. Die Komponenten für Landmaschinen gehören zu den besten der Welt. 140 Millionen Euro Umsatz im Jahr erzielt Argo Hytos so, 2013 kamen sechs Prozent davon aus Asien. 2020 sollen es 20 Prozent werden. Eigentümer Christian Kienzle denkt noch weiter: „2050 wird die Hälfte des Welt-BIPs aus Asien kommen, wer nicht mit einer Fertigung vor Ort vertreten ist, wird dann nicht mehr mitspielen können.“

Die Werksführung beginnt. Die Chinesen gucken interessiert auf einen Computerbildschirm, der die Auslastung der Maschinen zeigt. Nach und nach werden bei Argo Hytos alle Fertigungsstufen automatisiert und von Computersystemen gesteuert. Die kommunizieren sowohl untereinander als auch mit Kunden und Zulieferern. Die Gruppe bestaunt zwei Kuka-Roboter, die wie wilde Tiere hinter Gittern rotieren.

China

In China steigen die Löhne jedes Jahr um fast zehn Prozent. Aufgrund der Ein-Kind-Politik sinkt gleichzeitig die Zahl der Erwerbstätigen. China wird alt, und das ziemlich schnell. Apple-Zulieferer Foxconn, der heute noch eine Million Arbeiter beschäftigt, will deswegen in den nächsten drei Jahren 70 Prozent seiner Produktion von Robotern erledigen lassen. Deswegen ist das hier so interessant.

Zhang Rui schreibt und zeichnet unaufhörlich in ihr Notizbuch. Sie trägt ein rosa Top, randlose Brille und einen Haarreif. Zhang ist 31 und promovierte Cheftechnikerin beim chinesischen Achsenhersteller Yihe, einem der größten Autozulieferer Chinas. „Der Rhythmus hier ist viel langsamer“, sagt sie. „Trotzdem ist alles effizienter.“

Um 15.30 Uhr sitzt die Gruppe wieder im Bus, starrt irgendwie ungläubig auf den klaren Himmel und die fettgrünen Wiesen Süddeutschlands.

ifm am Bodensee heißt auf Chinesisch „Yi Fu Men“, was wiederum „Tor zum Glück“ bedeutet. Das Unternehmen baut Sensoren, und entwickelt Programme, die automatisierte Maschinen, SAP-Software und Datenbanken vernetzen. Mit den Sensoren können selbstfahrende Erntemaschinen und Traktoren auf dem Feld kommunizieren.

Zhenghua Chen fragt nach den Stückzahlen und wundert sich über die geringen Mengen.

Jeffrey Zhao fragt sich, ob das dann nicht alles viel zu teuer ist.

Chinesische Übernahmen Unternehmen

Herr Ning verwischt Fragen danach, ob China technisch mithalten kann, und sagt: Jia you! Gas geben!

Ning ist 1957 geboren – kaum eine Generation hat so viel Umbrüche und scheinbar Unmögliches erlebt. Er wuchs in einer staubigen Stadt auf, in der die Winter bitterkalt, die Sommer drückend heiß sind. Als mit dem Ende der Kulturrevolution 1975 die Universitäten wieder öffneten, zog er in die Provinz Shandong und studierte dort Maschinenbau. Er arbeitete in mehreren Konzernen, trat wie 80 Millionen seiner Landsleute in die Partei ein und wurde vor ein paar Jahren stellvertretender Vorsitzender des chinesischen Landmaschinenverbands. Seine Tochter arbeitet bei der Investmentbank Morgan Stanley in Hongkong. Ning ist zum ersten Mal in seinem Leben in Europa.

Als der Bus an einer Autobahnraststätte hält, ruft er „Xia Che!“ – aussteigen. Dann steigt die Gruppe aus. Wenn es schneller gehen soll, ruft Herr Ning „Jia you!“, Gas geben. Dann beeilt sich die Gruppe.

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