Der Profi-Saugroboter Nexaro NR 1500 soll der neue Hoffnungsträger von Vorwerk werden – und auf keinen Fall das Schicksal der zuletzt gescheiterten Innovationen Twers und Temial erleiden. Denn den Werkzeugkoffer und die Tee-Maschine für 600 Euro hatte der Wuppertaler Haushaltsgeräte- und Direktvertriebskonzern nach jeweils vier Jahren Vorbereitung und vier Jahren erfolgloser Verkaufsbemühungen wieder vom Markt nehmen müssen.
So ein Imageschaden darf sich bei dem Familienunternehmen mit rund drei Milliarden Euro Jahresumsatz nicht noch einmal wiederholen. Sicherstellen sollte das eine besonders praxisnahe Entwicklung von Anfang an. Das fiel einfacher, weil es einen professionellen Nutzer des Saug-Roboters im eigenen Haus gab.
Entwicklungspartner im eigenen Haus
2018 begann das Team um Nexaro-Chef Henning Hayn in Abstimmung mit dem Wuppertaler Robotik-Kompetenzzentrum von Vorwerk mit der Produktentwicklung. Seitdem hatte Nexaro mit dem bis vor kurzem Vorwerk-eigenen Gebäudedienstleister Hectas eine Entwicklungspartnerschaft. In diese Partnerschaft stieg mittlerweile die niederländische Vebego-Gruppe ein, die Hectas (Umsatz: rund 200 Millionen Euro) mit rund 6000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Anfang 2022 von Vorwerk übernahm. Sieben Prototypen des Nexaro hat das Reinigungsunternehmen nacheinander kritisch unter die Lupe genommen und im Reinigungseinsatz getestet. Verbesserungsvorschläge spielte Hectas und dann Vebego immer wieder an die Hayn-Truppe zurück.
Auf 1,4 Liter wurde der Staubbehälter während der Produktentwicklung vergrößert und die Laufzeit der Akkus auf bis zu drei Stunden verlängert. Auch auf das Design nahmen die Praktiker Einfluss: Die nicht wie gewöhnlich runde, sondern an einer Seite abgeflachte Grundform sorgt dafür, dass der Nexaro in Ecken herein kommt und kaum Staub in toten Winkeln liegen lässt. Nur noch wenige Unterschiede gebe es zum finalen Produkt, erklärt Hayn bei einer Präsentation des jüngsten Prototypen im März in Wuppertal. Die beim Prototypen glänzenden Kunststoffteile seien beim Endprodukt matt. Eine zu hohe Frequenz im Motorengeräusch „tunen wir noch durch eine Veränderung der Drehzahl“.
Viel entscheidender für die Betriebe aber ist die tatsächliche Einsatzfähigkeit im Alltag der Gebäudedienstleistung. Hightech-Funktionen ermöglichen „erstmals eine vollständige Digitalisierung der Reinigungsarbeit und einen detaillierten Leistungsnachweis gegenüber dem Kunden“, hebt der frühere Hectas- und heutige Vebego-Deutschland-Chef Markus Breithaupt hervor und sagt, bei Vebego habe der Nexaro „in Hinblick auf den aktuellen Entwicklungsstand den Praxistest bestanden“.
31 Prozent Verkaufsplus bei Saugrobotern
Unabhängige Branchenkenner sehen denn auch gute Chancen für den handlichen Profi-Saugroboter, der nur 18 Zentimeter hoch ist und leer 6,5 Kilo wiegt. Werner Kraus vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart hat für die WirtschaftsWoche den Nexaro-Ansatz analysiert und mit internationalen Wettbewerbern verglichen. Der Leiter der IPA-Abteilung für Roboter- und Assistenzsysteme rechnet vor, dass es weltweit 79 Hersteller von Robotern für die Bodenreinigung gibt. Die Hälfte von ihnen stellt Geräte für den professionellen Reinigungseinsatz her. Überwiegend sind das allerdings große Maschinen etwa für Flächen in Bahnhöfen und Flughäfen. 2021 wurden weltweit 12,600 dieser Geräte verkauft – gegenüber 2020 ein Plus von 31 Prozent.
In die Lücke der Saugroboter, die in Größe, Optik und Funktionen den Haushaltssaugrobotern gleichen, aber auf den professionellen Einsatz ausgelegt sind, stoßen laut Kraus bisher nur wenige Hersteller wie Cleanfix (Schweiz), Makita (Japan) und i-Team aus den Niederlanden. Das Vorwerk-Baby, urteilt der Fraunhofer-Experte, trifft also „auf einen Markt, der jährlich weltweit um ein Drittel wächst und bei dem der Trend zu kleineren leistungsstarken Robotern geht“. Kraus´ Fazit: „Es gibt ein Marktpotential.“ Mit der D-Form habe der Nexaro zudem „ein Alleinstellungsmerkmal“ im Markt.
Befragt nach dem Neuling zeigen sich auch Führungskräfte der Branche interessiert. Laura Sasse etwa, Mitinhaberin und Vorstandsmitglied der Dr. Sasse-Unternehmensgruppe in München, prognostiziert: „Der Anteil der Robotik an der Arbeit in der Gebäudereinigung wird wachsen, auch wegen des zunehmenden Mangels an Fach- und Arbeitskräften.“ Für den Bürobereich, meint Sasse, „ist das kleine Format des Nexaro gut“. Bisherige Roboter, kritisiert sie, „hatten viele Kinderkrankheiten und brauchten zu viel Betreuung“.
Das bestätigt eine Erhebung, die das Bielefelder Marktforschungsinstitut Mentefactum im Herbst 2022 für Nexaro durchgeführt hat. 83 Prozent der Entscheider aus deutschen Gebäudereinigungsunternehmen antworteten, bei der Übernahme monotoner Arbeiten durch intelligente Maschinen sei die Branche bisher „nicht allzu weit“ oder „überhaupt nicht weit“ gekommen.
Laura Hein, Anwendungstechnikerin beim Osnabrücker Gebäudedienstleister Piepenbrock, berichtet, dass Auftraggeber „nach Saugrobotern fragen, wie sie sie von zu Hause kennen“. Aber Standard-Haushaltsgeräte dürften Profi-Reiniger „nicht ohne Weiteres verwenden“. Große Saugroboter, wie sie seit einigen Jahren vom japanischen Hersteller Softbank Robotics auf dem Markt sind, hätten zwar „hohe Saugkraft, passen aber oft nicht unter Tische und in Nischen“. Hein wartet auf Nexaro-Testgeräte.
