Familienunternehmen Über die Erbschaftsteuer werden gefährliche Halbwahrheiten erzählt

Familienunternehmer sind alle reich? Weit gefehlt: Das Geld steckt im Unternehmen, nicht im Portmonee. Quelle: imago images

Die Rufe nach höheren Steuern für Reiche und Unternehmen werden wieder lauter – die Argumente dadurch aber nicht besser. Sorgen wir lieber dafür, das sich Standorttreue und Innovationskraft lohnen. Ein Gastbeitrag.

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Jetzt trommeln auch die Gewerkschaften wieder für Vermögensteuern. Sie sind sich mit Linken, SPD und Grünen einig. Reiche sollen stärker zur Kasse gebeten werden. Gemeint sind auch die Familienunternehmerinnen und -unternehmer. Bemerkenswert ist der Zeitpunkt, zu dem die Forderung erhoben wird. Viele Unternehmen kämpfen gegen einen noch nie dagewesenen Kostenanstieg, nicht nur bei Energie. Mancherorts droht Stellenabbau. Wer in dieser Lage die Substanz unternehmerischen Tuns stärker belasten will, verunsichert gerade diejenigen, die investieren möchten.

In Deutschland wird ein Popanz aufgebaut. Es ist eine Mär, dass Unternehmen und deren Eigentümer wenig Steuern zahlen. 90 Prozent aller Unternehmen sind Familienunternehmen. Für sie ist Deutschland ein Höchststeuerland. Unter 21 Industrieländern steht Deutschland auf Platz 20, rangiert damit in puncto Steuerattraktivität unter ferner liefen. Dennoch wird unentwegt behauptet, Unternehmer zahlten in unserem Land zu wenig Steuern.

Familienunternehmer werden schnell zu „Superreichen“ abgestempelt. Geht es nach einigen Parteien, sollen es Vermögensteuer und höhere Erbschaftsteuer richten. Zutreffend ist: Zahlreiche Familienunternehmer haben hohe Werte geschaffen. Doch diese Werte stecken fast ausschließlich in der Substanz der Firmen. Eine Studie der Stiftung Familienunternehmen belegt: Zwei Drittel des Vermögens der wohlhabendsten Menschen in Deutschland sind in betrieblichem Vermögen gebunden. Sie sind in Arbeitsplätzen, Fabrikhallen, Maschinen und Patenten investiert. Kontinuität über Generationen hinweg spielt hierzulande im Vergleich zu vielen anderen Nationen eine große Rolle. Davon zieht unsere Gesellschaft beträchtlichen Nutzen, was die Akzeptanz des besonderen Unternehmenstypus erforderlich macht. Oder wollen wir, dass Private-Equity-Fonds oder Staatsfonds das Zepter übernehmen?

Auf dem Spiel stehen Erfolgsgeschichten wie diese: Ein schwäbischer Maschinenbauer setzte im Jahr 1950 gut eine Million Mark um – damals mit 145 Mitarbeitern. Heute hat dieses Familienunternehmen weltweit mehr als 17.000 Beschäftigte, die Hälfte davon in Baden-Württemberg, und erwirtschaftet Erlöse von mehr als vier Milliarden Euro. Die stürmische Entwicklung des Laserspezialisten Trumpf, der in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiert, ist zum Glück kein Einzelfall. Deutschland besitzt eine Reihe großer, international tätiger Familienunternehmen, die seit Generationen bestehen und auf ihren Gebieten Weltmarktführer sind.

Unternehmen wie Trumpf sind in der Regel nicht an der Börse, sondern finanzieren ihr Wachstum aus ihren Gewinnen. Das ist möglich, weil der Gesetzgeber für das Vererben betrieblichen Vermögens besondere Regeln vorsieht. Verbunden sind damit Auflagen wie etwa der Erhalt von Arbeitsplätzen über eine Mindestdauer von sieben Jahren, denen sich Firmenerben unterwerfen. Damit soll der Fortbestand des Unternehmens gesichert werden und wird die Ausnahme von der Erbschaftsteuer zurecht begründet.

Dieser Zusammenhang wird oft ausgeblendet. Parteien sprechen sich dafür aus, das Aufkommen der Erbschaftsteuer durch eine „Flat Tax“ zu erhöhen. Wenn alle Erbschaften pauschal mit einem niedrigen Steuersatz von etwa zehn Prozent besteuert würden, schmerze das niemanden, so die Befürworter. Doch das ist falsch. Denn es belastet die Investitionsmöglichkeiten der Familienunternehmen gewaltig. Übersehen wird auch, dass das Erbschaftsteueraufkommen in Deutschland stark gestiegen ist. Seit 2013 hat es sich verdoppelt. Es ist keinesfalls sicher, dass ein pauschaler Niedrigsteuersatz von zehn Prozent das heutige Erbschaftsteueraufkommen überhaupt sichert. Die Erfahrungen in der Steuerpolitik zeigen leider auch, dass niedrige Sätze nicht lange niedrig bleiben.

Der deutsche Fiskus hält bei der Erbschaftsteuer jetzt schon die Hand auf. Davon zeugen auch Fälle von Familienunternehmen wie Tengelmann und Knorr-Bremse, in denen nach Medienberichten hohe Erbschaftsteuern anfallen. Die „Flat Tax“ könnte zu noch höheren Belastungen führen. Deren Befürworter geben zwar vor, man könne ja die Steuerschuld stunden. Die Steuern könnten über zehn Jahre abbezahlt werden. Doch dies ändert nichts daran, dass bei den Banken die Kreditfähigkeit des Unternehmens für Investitionen gewaltig sinkt. Das Kapital fehlt für die Transformation und zur Bewältigung von Krisen.

Es ist auch eine Legende, dass Deutschland die Nachkommen bei der Erbschaftsteuer besonders günstig stellt. Das machen vielmehr andere Länder. Schweden, Österreich, die Slowakische Republik oder etwa Portugal haben die Erbschaftsteuer ganz abgeschafft. In vielen Ländern werden betriebliche Vermögen bei der Übertragung an nahe Angehörige von der Steuer vollständig befreit: Dänemark, Frankreich, Irland, Polen, das Vereinigte Königreich, Ungarn, der Schweizer Kanton Zürich und die USA erheben bei betrieblichen Vermögen von Ehegatten keinerlei Erbschaftsteuer. Deutschland ist insoweit auch beim Vererben von Betriebsvermögen ein Höchststeuerland.

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