Für die Geldberaterzunft, die bislang von Einzelkämpfern und höchster Diskretion geprägt war, sind diese Anlageformen ein Paradigmenwechsel, weil sie in neue Größenordnungen für Investments vorstoßen. „Viele Vermögensverwalter tun sich noch schwer mit Clubdeals und Pooling“, sagt Yvonne Brückner, Wirtschaftsprofessorin an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und Family-Office-Expertin. Aber auch für die Finanzkultur in Deutschland ändert sich damit eine Menge. Das geschätzte Anlagevolumen der deutschen Family Offices summiert sich nach Hochrechnungen der Unternehmensberatung Boston Consulting immerhin auf über 180 Milliarden Euro.
Die von Deutschlands Reichenflüsterern verwalteten Summen übersteigen damit locker den addierten Börsenwert von Daimler, BMW, Allianz, Deutscher Bank und Deutscher Post. Folglich gehören die Family Offices zu einer der wichtigsten Instanzen des Geldkreislaufs. Auf den Kundenlisten der in noblen Jugendstilvillen in Frankfurt-Westend, am Kölner und Düsseldorfer Rheinufer oder an der Münchner Maximilianstraße residierenden Vermögensverwalter, stehen alte Reederfamilien und Verlegerdynastien, Industrielle und Handelsunternehmer. Die Kundenlisten lesen sich wie das „Who is who?“ der deutschen Wirtschaft, die Namen reichen von der Versandhandelsfamilie Otto über die BMW-Dynastie Quandt bis zu den SAP-Gründern Dietmar Hopp und Klaus Tschira.
Zu den rund 50 Multi-Family-Büros wie Kontora oder Flossbach & von Storch gesellen sich noch die sogenannten Single-Family-Offices wie die Jacobs Holding der gleichnamigen Kaffeeröster und die Mayfair Vermögensverwaltung der Tchibo-Erben Daniela und Günther Hertz, die sich ausschließlich um das Vermögen des jeweiligen Clans kümmern. Bundesweit agieren schätzungsweise 400 bis 500 dieser Geldverwalter für Einzelfamilien, europaweit sind es annähernd 4000.
Das Geschäft der Finanz-Concierges ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Noch vor 20 Jahren gab es kein einziges Multi-Family-Office in Deutschland. In den kommenden Jahren dürfte dieses exklusive Marktsegment weiter wachsen, wie aus einer gemeinsamen Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) und ihrem Partner FO-Advisors hervorgeht. Gut zwei Drittel der 25 befragten Multi-Family-Offices aus Deutschland, Österreich und der Schweiz rechnen mit dem Eintritt neuer Wettbewerber. Das eigene Geschäft sehen für die kommenden zwölf Monate 90 Prozent der Befragten auf Expansionskurs, 70 Prozent wollen weiteres Personal einstellen. Familienbüro-Expertin Yvonne Brückner an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg geht davon aus, dass das Geschäft der unabhängigen Familienbüros „seit der Finanzkrise jährlich etwa zehn Prozent“ zugelegt hat.