Family Offices Die neuen Anlagestrategien der Reichenflüsterer

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Run auf Sachwerte

Taugt Gold als Krisenwährung?
1980Zu Beginn des Jahres 1980 steigt der Goldpreis erstmalig auf 850 US-Dollar (inflationsbereinigt 2.100 US-Dollar). Steigende Ölpreise und die damit verbundene hohe Inflation, der sowjetische Einmarsch in Afghanistan und die Revolution in Iran sorgen weltweit für Verunsicherung.Goldpreis am Ende des Jahres: 589,8 US-Dollar 392,4 Euro 119.823,1 Yen 246,7 Pfund 1.047,8 Schweizer Franken Quelle: ap
1997Die Finanz- und Wirtschaftskrise der Tigerstaaten von 1997-1998 (Asienkrise) ließ einen Großteil Asiens in eine Rezession verfallen. Gründe für die Krise waren exzessive Kreditaufnahme und maßlose Investitionen der Tigerstaaten. Die asiatischen Banken nahmen Kredite in US-Dollar auf und vergaben Kredite in inländischen Währungen. Das ging aber nur so lange gut, so lange der Dollar gegenüber dem Yen und anderen asiatischen Währungen schwach war. Als der Dollar ab 1995 anfing aufzuwerten, hatten die asiatischen Institute Probleme ihre Schulden zurückzuzahlen. Als die Gläubiger dies witterten zogen, sie ihr Kapital im großen Stil aus Asien ab, was wiederum die asiatischen Währungen schwächte. Eine sich selbst verstärkende Kapitalflucht ließ die Wirtschaft der Tigerstaaten einknicken.Goldpreis am Ende des Jahres: 290,2 US-Dollar 266,1 Euro 37.733Yen 176,4 Pfund 423,3 Schweizer Franken Quelle: ap
1998Wirtschaftliche Probleme kamen in Russland bereits nach der Asienkrise 1997 auf. Doch als dann 1998 massiv Kapital, unter anderem auch von asiatischen Investoren, abgezogen wurde, brach die Wirtschaft Russlands endgültig ein. Der Rubel geriet massiv unter Druck und Unternehmen konnten ihre Mitarbeiter nicht mehr bezahlen, weil sie für die Waren kein Geld mehr bekamen. Der Großteil der Bürger konnte keine Steuern mehr zahlen. Folge: Russland wurde zahlungsunfähig. In den USA erholt sich dagegen die Wirtschaft und die Inflation des US-Dollars lässt nach. Dies drückte in den vorangegangenen Jahren den Goldpreis deutlich nach unten.Goldpreis am Ende des Jahres: 287,8 US-Dollar 245,1 Euro 32.463,8 Yen 173,0 Pfund 395,3 Schweizer Franken Quelle: Reuters
1999Gordon Brown verkaufte von 1999 bis 2002 systematisch einen Großteil der Goldbestände Großbritanniens - und das obwohl der Goldpreis bei einem 20-Jahres-Tief lag. Zu der Zeit war er noch Schatzkanzler. Als er später Premierminister wurde, holte ihn die Vergangenheit ein: er erntete viel Kritik wegen der Goldverkäufe. Doch eine Schädigungsabsicht konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Großbritannien sind durch die Auktionen, verglichen mit dem heutigen Goldpreis, mehr als sieben Milliarden Dollar entgangen -der Goldpreis hat sich seit dem vervierfacht Brown wird deshalb vorgeworfen Großbritannien bewusst geschädigt zu haben. Zumal er die Verkäufe im Vorfeld ankündigte, was den Preis bereits vor der Auktion fallen ließ und ihm eine schlechte Verhandlungsposition einräumte. Es gibt Gerüchte, dass Brown vor der Einführung des Euro mithelfen wollte den Goldpreis zu drücken. Diese These konnte aber bisher niemand beweisen. Insgesamt verkaufte Gordon Brown 395 von 715 Tonnen. Die Zeit wird in England als „Gordon Bottom“ bezeichnet. Bis heute ist dieses Kapitel nicht endgültig durchleuchtet - die Motivation Browns bleibt damit ein Rätsel.Goldpreis am Ende des Jahres: 290,3 US-Dollar 289,6 Euro 29.708 Yen 180,1 Pfund 464,6 Schweizer Franken Quelle: dapd
2000Im März des neuen Jahrtausends platzte die Dotcom-Blase. Anleger waren die Jahre zuvor nahezu versessen in Aktien von Internetunternehmen. Firmen mit nur einem PC und einem Büro hatten plötzlich einen höheren Börsenwert, als Firmen mit ganzen Lagerhallen, die materielle Güter produzierten. Grund war die Annahme, dass ein neues Zeitalter angebrochen sei: die New Economy. Man dachte, dass Produktion und Material weniger wert würden und Ideen das Gut der Zukunft seien. Aktien von Internet-Start-Ups waren deshalb teurer, als die von Traditionsunternehmen. Doch der Irrtum flog auf, als die ersten Internetfirmen Insolvenz anmeldeten und Anleger scharenweise aus Internetaktien flüchteten und die Blase zum platzen brachten. Der Goldpreis fiel in den Neunzigerjahren stetig. Vor allem wegen der guten wirtschaftlichen Entwicklung (auch dank der New Economy) der USA von 1994 bis 2001. Anleger misstrauten Aktien nach der Dotcom-Blase und begannen in ein altbewährtes Gut zu investieren: Gold. Der Goldpreis wird seitdem rapide steigen.Goldpreis am Ende des Jahres: 274,5 US-Dollar 292,3 Euro 31.342 Yen 183,7 Pfund 444,7 Schweizer Franken Quelle: ap
2001Am 11. September 2001 stürzten wegen eines Terroranschlags die Zwillingstürme des World-Trade-Centers ein. Die westliche Welt wurde grundlegend erschüttert und das Sicherheitsgefühl vieler Menschen zerstört. Die wachsende Unsicherheit schlug sich auch im Goldpreis nieder, der seit 2001 nur noch eine Richtung kannte: aufwärts. Für den ständig ansteigenden Goldpreis ist auch die Geldpolitik der USA verantwortlich, die mit ihrer Politik des billigen Geldes seit 2000 die Finanzmärkte mit Geld überflutete. Grund war der Versuch das Leistungsbilanzdefizit durch eine Entwertung des Dollars zu reduzieren. Folge des billigen Geldes war, dass Finanzinstitute exzessiv (Immobilien-)Kredite vergaben und diese Privatschulden schließlich an Investoren weiterverkauften - die perfekte Blase wuchs und wuchs, bis sie schließlich 2007 platzte.Goldpreis am Ende des Jahres: 276,5 US-Dollar 310,5 Euro 36.238 Yen 190 Pfund 459,1 Schweizer Franken Quelle: dpa
2008Am 15.September 2008 beantragte die US-Bank Lehman Brothers das Insolvenzverfahren. Da die US-Regierung vorher bereits drei großen Banken geholfen hatte, tat sie dies bei Lehman nicht mehr. Die Pleite blieb nicht ohne Folgen: Banken fingen an sich gegenseitig kein Geld mehr zu leihen, Anleger zogen ihr Geld von Banken ab. Die Finanzkrise, die 2007 als Immobilienkrise begann, spitzte sich daraufhin weiter zu.Goldpreis am Ende des Jahres: 869,8 US-Dollar 625,7 Euro 78.842 Yen 604,9 Pfund 925,7 Schweizer Franken Quelle: dapd

Grund für den Run der Reichen auf die Familienbüros ist vor allem der Vertrauensverlust gegenüber Banken. Der Unterschied der Family Offices gegenüber herkömmlichen Geldinstituten ist klein, aber wesentlich: Sie kassieren für ihre Beratungen Honorare, verzichten dafür aber auf Geschäfte, für die es Provisionen gibt. Dadurch vertreten sie eher die Interessen der Geldanleger als die der Emittenten von Finanzprodukten. Darüber hinaus agieren viele Family Offices nicht nur als Vermögensverwalter, sondern beraten auch bei Testamenten und Nachfolgeregelungen, Firmenkäufen, in Steuerfragen oder bei Schenkungen. In der Regel zahlen die Familien pro Jahr ein halbes Prozent ihres verwalteten Reichtums an die Berater.

„Viele Hochvermögende haben sich von der klassischen Finanzindustrie abgewandt“, freut sich auch Kontora-Chef Buchwald. Das liege zum einen daran, dass dort überwiegend Produkte von der Stange angeboten würden, zum anderen an den hohen Kosten für solche Standardleistungen. Außerdem traue seine Kundschaft den Banken nicht zu, in der jetzigen Situation das Richtige zu tun. „Wir reden momentan nur noch darüber, wie sich die Kaufkraft eines Vermögens bewahren lässt“, sagt Buchwald. „So haben in der Vergangenheit nur die ganz großen Familien gedacht.“ Ein ähnliches Bild bietet sich bei den Familien-Stiftungen: Nach einer Befragung des Centrums für Soziale Investitionen und Innovationen der Universität Heidelberg sehen heute die meisten deutschen Stiftungen den Kapitalerhalt als ihr wichtigstes Ziel an.

Family Offices stehen damit vor der ständigen Aufgabe, Familien- und Stiftungsvermögen immer wieder neu zu strukturieren. Viele Anlagen, die einst als sicher und rentabel galten, kommen heute nicht mehr infrage. Darum trennen sich Geldverwalter, vermögende Familien und Stiftungen seit Monaten von Papieren wie Staatsanleihen und Schuldverschreibungen oder von Kapitallebensversicherungen. Weil selbst mit Tripple A bewertete Papiere nicht mehr als ein bis zwei Prozent Zinsen bringen, ist bei einer Inflationsrate von über 2,5 Prozent der Vermögensstock in Gefahr.

Das hat Folgen für die Tätigkeit gemeinnützig orientierter Stiftungen. Nach Schätzungen von Wilhelm Ahrens, Geschäftsführer der HST Hanse StiftungsTreuhand in Hamburg, werden im kommenden Jahr zwischen zwei und vier Milliarden Euro weniger für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung stehen. Einige Stiftungen können ihre Förderzusagen schon heute nicht mehr einhalten. Selbst das Nobelpreis-Komitee in Stockholm musste in diesem Jahr die Dotierungen um 20 Prozent kürzen, weil Finanz- und Wirtschaftskrise zu Verlusten beim Kapitalvermögen der Nobel-Stiftung geführt haben.

Sachwerte wie Immobilien, Edelmetalle, Genussrechte und Unternehmensbeteiligungen sind die neuen Renner. Eine Studie der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und der Baden-Württembergischen Bank ergab, dass sich derzeit etwa acht von zehn Family Offices stärker als zuvor für Investitionen in Sachwerte und Unternehmensbeteiligungen interessieren.

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