Zu viel Mia san mia Chaos beim FC Bayern: Wie bei der letzten Provinzfirma

Der FC Bayern München ist deutscher Fußball-Rekordmeister, die Unternehmensführung aber ist wenig rekordverdächtig. Quelle: dpa

Der FC Bayern München ist ein mittelständisches Unternehmen mit Dax-Konzernvertretern im Aufsichtsrat. Wieso herrschen dort aber Corporate-Governance-Regeln wie bei einer Provinzfirma? Ein Kommentar.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Der FC Bayern München ist nicht bloß ein Fußballverein, sondern ein mittelständisches Unternehmen mit zuletzt fast 666 Millionen Euro Umsatz (Saison 2021/2022) und internationaler Strahlkraft. Die Frage ist, warum er nicht entsprechend gemanagt wird. Mitte März 2023 gab Herbert Hainer dem „Kicker“ ein Interview. Darin lobte er den damaligen Cheftrainer Julian Nagelsmann: Mit Nagelsmann plane er auf jeden Fall „langfristig, weil wir mit ihm etwas aufbauen wollen“. Fünf Tage später informierte der Klub per Pressemeldung: „FC Bayern stellt Julian Nagelsmann frei – Thomas Tuchel wird neuer Trainer“. Diese Kommunikation kann man als katastrophal bezeichnen.

Und sie passt zu dem Bild, das der Verein derzeit abgibt. Der deutsche Fußball-Rekordmeister steht nicht nur sportlich schlecht da. Selbst wenn er am morgigen Samstag doch noch die deutsche Meisterschaft vor dem besser positionierten Rivalen Borussia Dortmund gewinnen sollte, gilt die zu Ende gehende Saison als schwächste seit langem. Schlimmer aber wiegt wohl das Führungschaos. Der FC Bayern ist kein Bündnis von Freunden. Wieso herrschen dort bloß Corporate-Governance-Regeln und offensichtlich unprofessionelle Streitigkeiten wie bei einem Start-up oder einer Provinzfirma?

Die Klubführung bewertet sportliche Verdienste für den Verein höher als Sachverstand. Mia san mia, heißt es stets. Führungspositionen sind besetzt mit Altgedienten, das scheint die wichtigste Eigenschaft zu sein: Karl-Heinz Rummenigge war lange Vorstandschef, bevor ihn Torwart-Legende Oliver Kahn im Sommer 2021 in dieser Funktion ablöste. Der frühere Mittelfeldspieler Hasan Salihamidžić ist seit Sommer 2020 Sportvorstand und gilt intern als „Hitzkopf“ (schreibt der „Spiegel“). Über allen schwebt Uli Hoeneß, der nach seiner Verurteilung von 2016 bis 2019 noch einmal Präsident war und heute den Titel Ehrenpräsident trägt. Er war es auch, der den unerfahrenen Salihamidžić überraschend in diese bedeutende Position verhalf. Laut mehreren Medienberichten diskutierte man im Verein aktuell gar eine Rückkehr von Hoeneß in verantwortungsvolle Position. Mit welchem Ziel? Mit welcher Berechtigung?



In anderen mittelständischen Unternehmen wäre solch eine Personalstrategie jedenfalls kaum sanktionsfähig. Merkwürdig daran: Der Aufsichtsrat des FC Bayern ist mit Vertretern von Dax-Unternehmen besetzt: Adidas, Allianz, Deutsche Telekom. Sie sollten wissen, wie professionelle Unternehmensführung funktioniert. In den vergangenen Monaten und Jahren werden sie dies beim FC Bayern aber eher nicht gesehen haben. Besagter Herbert Hainer, immerhin 16 Jahre lang Adidas-Vorstandschef, führt das Gremium – und muss als Präsident auch Verantwortung tragen für solche Mängel. Die Wiederverwendung ehemaliger Bayern-Spieler in Managementpositionen bezeichnete Hainer im „Kicker“-Interview als „absolutes Plus. Das macht uns stark. Der FC Bayern ist erneuerbare Energie“. Die Verantwortlichen beim FC Bayern müssen aufpassen, dass der Ausbau der Erneuerbaren bei ihnen nicht zum Selbstzweck verkommt.

Dieser Beitrag entstammt dem WiWo-Newsletter Daily Punch. Der Newsletter liefert Ihnen den täglichen Kommentar aus der WiWo-Redaktion ins Postfach. Immer auf den Punkt, immer mit Punch. Außerdem im Punch: der Überblick über die fünf wichtigsten Themen des Tages. Hier können Sie den Newsletter abonnieren.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%