Gipfel der Weltmarktführer Klartext in Schwäbisch Hall

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"Es muss am Ort investiert werden"

Der Claas-Chef glaubt nicht, dass die Sanktionen der Nato- und EU-Staaten bald enden. "Wir sind überzeugt, dass das nicht schnell vorbei sein wird", sagt Kriszun. "Ich denke, dass drei bis fünf Jahre der Zeithorizont ist, mit dem man kalkulieren muss, bis sich das wieder voll normalisiert."

Durch Martin Richenhagen wurde die Flüchtlingskrise zum Thema des Weltmarktführergipfels. Ausgehend von einer Verdopplung der Bevölkerung in den nächsten Jahrzehnten in Afrika sei mit einem weiteren Ansturm von Migranten zu rechnen, wenn sich die Lebensbedingungen auf den Kontinent nicht grundlegend verbesserten. "Es muss am Ort investiert werden, damit die Menschen sich erst gar nicht auf den Weg machen."

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Richenhagen ist Chef des US-Landmaschinenherstellers Agco, dem in Deutschland der Traktorbauer Fendt gehört. Deshalb sieht er in der Entwicklung Afrikas auch "eine Aufgabe der Unternehmen", vor allem der Landmaschinenhersteller.

Doch wie daraus ein profitables Geschäft machen? Fotos schwarzer Kleinbauern vor einem Massey-Ferguson-Traktor aus dem Hause Agco sind hübsch anzusehen. Aber woher soll der Besitzer von ein, zwei Hektar Land das Geld dafür haben, zumal er den Trecker überhaupt nicht wirtschaftlich einsetzen kann?

Der studierte Theologe aus Deutschland bedient sich dazu profaner Strategien, die in der Landwirtschaft seit vielen Jahrzehnten bekannt sind. So versucht Agco, den Absatz in Afrika zu steigern, indem das Unternehmen die Bildung von Genossenschaften fördert. Das heißt, Kleinbauern tun sich zusammen, um gemeinsam einen Traktor oder eine Feldbearbeitungsmaschine zu erwerben.

Eine weitere Form der Kooperation sind sogenannte Maschinenringe, die von Bauern gegründet werden, um die teuren Geräte an die Mitglieder zu verleihen. "Oder wir vermieten unsere Maschinen an die Bauern", sagt Agco-Chef Richenhagen.

Die Strategie lässt sich inzwischen auch deutlich an den Geschäftszahlen ablesen. Denn um den Absatz in Regionen wie Afrika zu steigern, verkauft Agco einen erklecklichen Teil der Maschinen auf Pump. Dazu arbeitet Konzernchef Richenhagen mit der niederländischen genossenschaftlichen Rabo-Bank zusammen, die analog zur deutschen Raffeisenbank Landwirten mitgehört. "20 Prozent unseres Geschäfts ist kreditfinanziert", sagt Agco-Chef Richenhagen.

Flüchtlinge, Digitalisierung, Russland-Sanktionen - alles Probleme, denen sich gerade Mittelständler, wenn sie nach der Weltmarktführerschaft streben, stellen müssen.

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