Gipfeltreffen der Weltmarktführer Audi-Chef Duesmann: Europa kann Weltmarktführer für Elektromobilität werden

Markus Duesmann, CEO der Audi AG, spricht auf dem Gipfeltreffen der Weltmarktführer der WirtschaftsWoche. Quelle: Stefanie Hergenröder für WirtschaftsWoche

Audi-Chef Markus Duesmann bestätigte auf dem WirtschaftsWoche-Gipfel in Schwäbisch Hall das Ziel, 2033 die Produktion von Verbrenner-Autos einzustellen. Die EU forderte er auf, das Tempo der Transformation zu drosseln. 

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Für Markus Duesmann, seit bald zwei Jahren Chef des Ingolstädter Autoherstellers Audi, ist nicht die Elektrifizierung der Autoindustrie die größte Herausforderung; auch nicht die Digitalisierung und die möglicherweise bevorstehende Automatisierung von dann selbst fahrenden Autos, oder neue Wettbewerber aus USA und China auf diesen Feldern. „Unsere eigentliche Bedrohung ist der Klimawandel“, sagte Duesmann zur Eröffnung seines Impulsvortrags auf der WirtschaftsWoche-Veranstaltung „Gipfeltreffen der Weltmarktführer“ in Schwäbisch Hall.

Und er zitierte den Grünen Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck, der in seiner Antrittsrede über den Klimawandel gesagt hatte: Die vor uns liegende Aufgabe ist gigantisch. Und damit hatte Duesmann alle anderen Herausforderungen seiner Branche sozusagen mitgemeint. Denn der Klimawandel schließe alles Genannte ein und beeinflusse alles. Auch die Energiewirtschaft und Stromerzeugung, die Duesmann in der Pflicht sieht.

Für Audi steht einiges auf dem Spiel. Und ebenso für Duesmann, der nicht ausschließlich aus altruistischer Umweltsorgfaltspflicht handelt. Die EU-Kommission hat die CO2-Grenzwerte für Neuwagen vergangenes Jahr noch einmal verschärft, also: heruntergesetzt. Wenn ein Autohersteller mit seiner Flotte darüber liegt, muss er Strafe zahlen. „Ich begrüße die wirklich ambitionierten Grenzwerte der EU sehr“, sagt Duesmann. Aber entscheidend sei, fügt er an, dass sie nicht ständig weiter angepasst würden. Aller Dringlichkeit zum Trotz: Die EU müsse der Autoindustrie auch etwas Zeit lassen, „wir mit unseren langen Entwicklungszyklen“.
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von Martin Seiwert

Den Elektroplan für Audi hatte Duesmann bereits vergangenes Jahr skizziert. Beim Gipfeltreffen der Weltmarktführer bekräftigte er nochmals: Ab dem Jahr 2026 werden die Ingolstädter nur noch rein elektrische Modelle bauen. „Und 2033 beenden wir die Produktion von Verbrennungsmotoren. In nur elf Jahren werden wir also ein rein elektrisches Portfolio haben.“ Duesmann sieht sich darin bestärkt, dass sie damit der Nachfrage entsprechend handeln. Er rechnete vor: Im vergangenen Jahr waren in Deutschland bereits rund ein Viertel aller neu zugelassenen Autos entweder rein elektrisch oder Plug-in-Hybride – im Vergleich zu rund 14 Prozent im Jahr 2020. „Die Nachfrage nach E-Mobilität steigt also stark, das kann eine große Chance für das Klima sein.“

Wie Audi dasteht

Im ersten Coronajahr 2020 musste Audi, wie viele andere Autobauer auch, einen Umsatzrückgang hinnehmen: Der Umsatz sank um rund zehn Prozent auf 50 Milliarden Euro. Allerdings wird Duesmann diese Misslichkeit wenig zur Last gelegt. Erstens wegen Corona – und zweitens startete Duesmann erst im April 2020 seinen neuen Job.

Der studierte Maschinenbauingenieur arbeitete zu Beginn seiner Karriere zunächst für Daimler, später für das damalige Formel-1-Team BMW-Sauber. Dort verantwortete der Rennsportfan die Technik. Nach BMWs Abschied aus der Formel1 arbeitete sich Duesmann in der BMW AG bis in den Vorstand hoch – bis er schließlich 2018 von VW abgeworben wurde. Bis er allerdings bei der VW-Tochter Audi die Führung übernehmen durfte, musste er eine wettbewerbsbedingte Pause einhalten.

Mittlerweile ist Duesmann wieder in Verantwortung. Und das vergangene Jahr ist besser gelaufen. Im dritten Quartal 2021 lag Audi wieder über dem Vorjahresniveau. Dennoch: Wegen des Chipmangels habe Audi im Jahr 2021 rund 100.000 Autos weniger bauen können, sagte Duesmann im Dezember. Und die Umstellung auf rein elektrische Modelle dürfte Duesmann nun alles abverlangen. Aber nicht nur Audi allein. In den nächsten fünf Jahren, rechnete er vor, investieren deutsche Autohersteller und Zulieferer mehr als 220 Milliarden Euro in E-Mobilität und Elektrifizierung. Und Tesla hin, Nio her: „Wir glauben, dass wir als europäische Automobilhersteller auch Weltmarktführer für Elektromobilität sein können.“

Doch das könne die Autoindustrie nicht alleine lösen. Es gebe nur einen Weg, vom fossilen CO2 wegzukommen: „Der Weg führt immer über elektrischen Strom.“ Und wenn die Elektrizität also „Dreh- und Angelpunkt“ sei, brauche man klimaneutrale Energiewirtschaft, Energieerzeugung und Energieverbrauch. Und, nebenbei, auch „angemessene Strompreise“.

Markus Duesmann schloss mit einem Appell: „Nehmen wir uns als Ziel vor, bis 2040 vollständig auf fossile Energieträger in Europa zu verzichten.“ Auch das sei möglich in Europa: Man verfüge über Geothermie und Windkraft im Norden, sagte Duesmann, über Sonne im Süden und Wasserkraft in den Bergen. „Wir haben in Europa die Mittel (...) und den Erfindergeist dazu!“ Nun muss Markus Duesmann nur noch dafür sorgen, dass ein Teil dieses Erfindergeistes auch in Ingolstadt geweckt wird.

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