Handelskammer Hamburg Gericht kritisiert hohe Gebühren für Unternehmen

Unternehmer ärgern sich regelmäßig über die Gebührenbescheide der Kammern. Ein aktuelles Urteil aus Hamburg gibt den Pflichtmitgliedern Unterstützung: Die dortige Kammer habe unbegründet Gewinne gehortet.

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„Nicht ersichtlich“, wieso die Kammer das Geld horte, bemängeln die Richter. Quelle: picture alliance/dpa

Hamburg Es ist ein prächtig verziertes Gebäude in bester Lage – und mehr als das: Zwischen dem neoklassizistischen Bau der Hamburger Handelskammer und dem direkt angrenzenden Rathaus gibt es einen direkten Durchgang durch ein Hinterzimmer. Den Schlüssel dafür hat allerdings nicht der Bürgermeister, sondern der Kammer-Präses.

Diese von Kammermitarbeitern gern verbreitete Schnurre verweist auf die besondere Rolle der Kammer in den verflochtenen Politkreisen der Hansestadt: Wohl kaum eine andere IHK in Deutschland ist in ihrer Stadt einflussreicher. Selbst der Anstoß zu der letztlich in einem Referendum gescheiterten Bewerbung der Stadt um Olympia 2024 kam direkt von Kammer-Präses Fritz Horst Melsheimer. Zudem beteiligte sich die Institution mit einem Prozent an der Olympia-Bewerbungsgesellschaft.

So viel Engagement jenseits der Kernaufgaben der öffentlich-rechtlichen Kammer ruft schon länger Kritiker auf den Plan. Schließlich finanzieren die Unternehmen die Kammer über Pflichtbeiträge – ob sie wollen oder nicht. Bundesweit kritisieren Unternehmer regelmäßig die Kammerbeiträge – in Hamburg handeln einige. 15 mittelständische Unternehmen machen den Kammer-Offiziellen seit zwei Jahren das Leben schwer.

Ihr Bündnis „Die Kammer sind wir“ hat sich ins Plenum wählen lassen. Inzwischen stellt sie dort ein Fünftel der Stimmen. Seitdem kommt die Kammer nicht zur Ruhe. Die „Rebellen“ machen regelmäßig Schlagzeilen mit ihren Forderungen nach einer schlankeren Kammer, nach transparenteren Vorgängen, nach mehr Ausrichtung auf den Mittelstand – und nach dem Rücktritt von Präses Melsheimer.

In einem langwierigen Kampf erreichten sie zudem im vergangenen Herbst, dass der Geschäftsführer sein Jahresgehalt von bis zu 475.000 Euro offen legen musste und damit eine stadtweite Diskussion auslöste. Ihre offizielle Forderung Nummer eins lautet jedoch: „Die Handelskammer soll überhöhte Rücklagen zurückerstatten!“

Am Mittwoch haben die Kritiker durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg kräftigen Auftrieb bekommen: Die Richter haben die Gebührenbescheide für die Jahre 2010 und 2013 für ungültig erklärt. Die Kammer hatte in der Zeit hohe Gewinne eingefahren – was als öffentlich-rechtliche Institution nicht ihre Aufgabe ist. Das Geld floss unter anderem in Rückstellungen für „Sonstige Projekte“ und „Umbaumaßnahmen“.

Die Richter bemängelten, der Zweck dieser Geldreserven sei dabei nicht klar genug beschrieben. Es sei aus dem Wirtschaftsplan „nicht ersichtlich“, wieso die Kammer das Geld horte, statt ihren Mitgliedern Beiträge zurückzuerstatten, befanden die Juristen. Konkret ging es im aktuellen Fall um zwei Gebührenbescheide für ein Unternehmen über rund 14.000 und 9700 Euro.

Der stellvertretende Kammergeschäftsführer Ulrich Brehmer sagte, zuvor seien die Gebühren der Kammer in Streitfällen immer bestätigt worden. Er sieht in einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem vergangenen Jahr die Ursache für die aktuelle Schlappe vor Gericht. Damals hatten die Bundesrichter die Anforderungen an die Kammern verschärft. „Daher werten wir derzeit das Urteil aus und prüfen die juristischen Reaktionsmöglichkeiten“, sagte Brehmer. Die Kammer könnte vor dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht in die nächste Instanz gehen – oder ihren Mitgliedern schlicht Geld zurückzahlen.

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