Aufbruch in den Daten-Raum Wie Virtual-Reality-Brillen die Arbeit verändern

Virtual Reality wird zunehmend auch in der Arbeitswelt genutzt Quelle: Illustration: Leander Aßmann

Lange galten Brillen für virtuelle und erweiterte Realitäten vor allem als Werkzeug für Computerspieler. Nun aber erobert die Technik den industriellen Einsatz.

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Das neue Angebot im internen Beschaffungskatalog des Volkswagenkonzerns liest sich wie gemacht für passionierte Computer-Spieler. Zwischen Bürostühlen, Notebooks und Visitenkarten findet sich Herbst 2017 auch die HTC Vive, eine der ersten marktreifen Virtual-Reality-Brillen. Wer sie aufsetzt, taucht ein in simulierte Welten, kann sich darin fortbewegen, sich drehen und seine Umgebung manipulieren.

Bisher hat das vor allem Gaming-Fans fasziniert, die ihre Fantasy-, Kampf- oder Adventure-Games unter der VR-Brille in zuvor ungekannter Realitätsnähe erleben können. Auch Frank Jelich ist von der VR-Technik begeistert – hat allerdings mit Ballerspielen nichts im Sinn. Der Maschinenbauingenieur ist Chef des Arbeitskreises „Digitale Fabrik“ bei VW.

„Virtual Reality bietet uns immense Chancen, produktiver zu werden, die Qualität zu verbessern und dazu noch Kosten zu sparen“, sagt Jelich. Deshalb kann nun jeder Beschäftigte und jede Abteilung Vive-Brillen bestellen. Vorausgesetzt, es gibt schon geeignete Trainings- oder Kollaborations-Module im neuen Volkswagen Digital Realities Hub, der VR-Parallelwelt, in der der Konzern seit Herbst 2017 seine Simulationsangebote bündelt. Mindestens 10 000 Beschäftige sollen bereits dieses Jahr eines von mehr als 30 VW-Trainingsprogrammen durchlaufen, sich in Qualitäts-Workshops an virtuell-simulierten Arbeitsplätzen treffen oder Montagelinien auf Tauglichkeit inspizieren, bevor die erste Bodenplatte gegossen und die Maschine installiert ist.

Merkel auf Tuchfühlung mit den Robotern
Gemeinsam mit Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto vom diesjährigen Partnerland der Messe schaut sich die CDU-Politikerin zum Auftakt die Industrietechnik von morgen an. Quelle: REUTERS
Am Partnerstand Mexikos erklärt ein Mitarbeiter der Bundeskanzlerin und dem mexikanischen Präsidenten die Neuheiten des in der Röntgenfahrzeug-Entwicklung. Quelle: dpa
Der Kuka-Chef Till Reuter (links) stellt Merkel, Nieto und de Peno beim Rundgang den Kuka-Roboter "i do" vor. Quelle: dpa
Am Stand von Siemens erläutern Experten den dreien die Illustration eines Motors. Quelle: dpa
Siemens-Chef Joe Kaeser (links) schenkte der Bundeskanzlerin und Mexikos Präsidenten einen im 3D Druckverfahren hergestellten Turnschuh und ein Trikot. Quelle: dpa
Am Stand des Technologiekonzerns ABB bekamen die beiden Regierungschefs von ABB-Vorstandsvorsitzenden Ulrich Spiesshofer die Ladetechnik für Elektroautos präsentiert. Quelle: dpa
Auch ein Unterrichtsprojekt ist Teil des Merkel-Rundgangs auf der Hannover Messe: Schüler der David-Röntgen-Schule Neuwied zeigen der Bundeskanzlerin und Enrique Pena Nieto ein Roboterprojekt. Quelle: dpa

Mit solchen Projekten steht VW nicht mehr alleine. Ob Airbus oder Bilfinger, Deutsche Bahn oder Lufthansa – derzeit nutzen Konzerne aller Sparten und Branchen die Cyber-Brillen als High-Tech-Werkzeug, um die digitalen Welten für Vertrieb, Qualifikation und industrielle Produktion zu nutzen. Bei Audi können sich potenzielle Autokäufer schon im Autohaus via VR-Brille in ihrem individuell zusammengestellten Lieblingsauto umsehen. Die Bahn hat Schulungsszenarien entwickelt, um Arbeitsunfälle beim Koppeln von Waggons zu vermeiden oder das Zugpersonal für den Einsatz neuer Hublifte für Rollstühle in ICEs zu trainieren.

Die Lufthansa lässt Economy-Passagiere am Gate schon einmal unter der Brille in der (geräumigeren) Premium Economy Platz nehmen. Wem Komfort und Raumgefühl im simulierten Flieger gefallen, kann gleich die passenden Upgrades buchen. Das lohnt sich. Die Verkäufer machten rund 50 Prozent mehr Umsatz mit Upgrades, wann immer die Digitalbrillen im Einsatz sind, heißt es in der Szene.

„Aber VR hilft nicht nur beim Training, mit VR kann man auch effizienter produzieren“, sagt Andreas Behrendt, Leiter der Sparte Digitale Produktion in Europa bei der Unternehmensberatung McKinsey. „Ob Fabrikplanung, Instandhaltung, Optimierung oder Logistik – in allen Bereichen können Unternehmen die Technik inzwischen nutzen um schneller, besser und produktiver zu werden“, so der McKinsey-Experte.

Wer sich im VW-Techniklabor in Braunschweig eine der schwarzen Vive-Brillen aufsetzt, bekommt ein Bild davon, was Behrendt meint. Wo der Proband eben noch in einem kahlen weißen Büroraum stand, wähnt er sich plötzlich in einer riesigen Logistikhalle. Rollbänder ziehen sich durch den Raum, Rollcontainer voller Werkstücke für die Innenraumausstattung eines neuen Škoda stehen um den Logistikarbeitsplatz. Plastikboxen warten darauf, mit einem Mix aus Montageteilen, Schrauben, Stopfen und Blenden gefüllt zu werden. Ein Wirrwarr, in dem der Laie sofort den Überblick verliert.

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