Europa Obama ruft Verbündete zu Einheit auf

Jetzt reißt Euch zusammen, Ihr Europäer. Es gibt viel zu verlieren! Das ist die Hauptbotschaft des US-Präsidenten an die kriselnde EU. Er nimmt die Verbündeten beim Deutschland-Besuch aber auch in die Pflicht.

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Was Merkel und Obama besucht haben
Der Tag in Hannover begann erst einmal mit einem Groß-Aufgebot der Polizei: US-Präsident Barack Obama machte sich von seiner Unterkunft auf zum Messegelände, wo er sich mit Kanzlerin Angela Merkel zu dem obligatorischen Messe-Rundgang traf. In welcher der beiden Staatskarossen von Cadillac (Spitzname: "The Beast") Obama sitzt, ist aus Sicherheitsgründen immer geheim. Quelle: dpa
Auf dem Messegelände traten die beiden Staatschefs kurz vor die Presse. Bereits am Sonntag hatten sich Merkel und Obama den Medien gestellt, bevor sie am Abend mit einem Festakt die diesjährige Hannover Messe eröffnet haben. Nach den Statements ging es zu dem Rundgang durch einige der Hannoveraner Messehallen, den traditionell die Bundeskanzlerin und der Regierungschef des Partnerlandes unternehmen. Quelle: dpa
Eine der ersten Stationen war der Stand von Los Angeles. Hier lassen sich Merkel und Obama ein kleines Gerät erklären, dass Objekte nur über Reibung und Unterdruck halten kann, ohne es mechanisch zu greifen. Als Vorbild dienten die Füße eines Gecko. Quelle: AP
Dieses kleine Gerät ist ein Mini-Satellit, der Informationen im Weltraum sammeln soll. So recht überzeugt wirken aber weder Merkel noch Obama. Quelle: AP
Am Stand der kalifornischen Software-Firma Autodesk, die sich auf digitales 2D- und 3D-Design spezialisiert hat, war der Praxisnutzen des Exponats offensichtlicher als bei dem Mini-Satelliten: Die mithilfe von Autodesk-Software erstellte Prothese passt perfekt an das Bein der deutschen Paracycling-Sportlerin Denise Schindler. Der digitale Austausch von Scan-Daten macht eine individuelle Fertigung von Prothesen möglich – ohne auf eine teure Einzelanfertigung setzen zu müssen. Quelle: dpa
Am Stand des deutschen Industire-Stecker-Spezialisten Phoenix Contact erklären Geschäftsführer Frank Stührenberg (links) und US-Chef Jack Nehlig (rechts) Merkel und Obama, wie sich das Unternehmen aus dem westfälischen Blomberg eine Lade-Lösung für Elektroautos vorstellt. Quelle: REUTERS
Etwas abstrakter als bei Phoenix Contact wurde es am Stand von PMD. US-Präsident Obama und Kanzlerin Merkel probieren hier noch ein eigenes 3D-Gerät von PMD aus. Künftig will das Unternehmen mit Sitz in Siegen die 3D-Sensoren auch in Smartphones einbauen. So kann auch die Umgebung in 3D-Spiele einbezogen werden. Weitere Anwendungen der zusammen mit Infineon entwickelten Technologie sind die Vermessung von Räumen und Objekten, die Indoor-Navigation und die Umsetzung von speziellen Foto-Effekten.  Quelle: AP

Mit einem eindringlichen Aufruf zur Einigkeit nimmt US-Präsident Barack Obama die zerstrittenen Europäer bei der Krisenbewältigung stärker in die Pflicht. „Ein vereintes Europa, früher ein Traum weniger, ist jetzt eine Hoffnung der Vielen und eine Notwendigkeit für uns alle“, sagte er bei seinem Deutschland-Besuch am Montag in einer Grundsatzrede in Hannover.

Kanzlerin Angela Merkel sagte nach einem anschließenden Treffen mit Obama und drei europäischen Staats- und Regierungschefs, diese Runde sei ein gutes Format, um die wichtigsten außen- und sicherheitspolitischen Fragen gemeinsam zu lösen. In Hannover war sie am Nachmittag mit Obama, dem britischen Premier David Cameron, Frankreichs Präsident François Hollande und dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi zusammengekommen. Auf die geforderte Ausweitung des europäischen Engagements in Syrien ging die Runde der G5 zunächst offiziell nicht ein.

Obama nannte die von einer möglichen Abspaltung Großbritanniens und heftigem Streit in der Flüchtlingskrise bedrohte Europäische Union „eine der größten politischen Errungenschaften der Neuzeit“. Ein geeintes Europa sei entscheidend für die Weltordnung, sagte er.

Obamas Grundsatzrede bei der Hannover Messe war zugleich ein Loblied auf Europa und eine deutliche Mahnung an die kriselnde EU, das in vielen Jahrzehnte Erreichte nicht aufzugeben. „Ihr seid die Erben eines Kampfes um die Freiheit“, rief er den Verbündeten zu. „Das sind sie, die Europäer: vereint in der Vielfalt, gesteuert von den Idealen, die der Welt vorangegangen sind. Sie sind stärker, wenn sie zusammenstehen, als wenn sie alleine sind.“

Für den Erfolg sei es entscheidend gewesen, dass sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs „Giganten wie Konrad Adenauer“ in Europa ans Werk gemacht hätten, um aus Gegnern Verbündete zu machen. Ein starkes Europa trage dazu bei, die Normen und Regeln beizubehalten, damit der Wohlstand gefördert werden könne - auf der ganzen Welt.

Obama hatte sich bereits bei seinem unmittelbar vorangegangenen Besuch in London gegen eine Abspaltung Großbritanniens von der EU gestellt. Am 23. Juni sollen die Briten bei einer Volksabstimmung darüber entscheiden.

Obama versicherte den Europäern die Solidarität der USA. „Sie können sich darauf verlassen, dass Ihr größter Verbündeter und Freund, die Vereinigten Staaten von Amerika, an Ihrer Seite stehen. Schulter an Schulter. Jetzt und für immer“, sagte er.

Gleichzeitig nahm er die Verbündeten jenseits des Atlantiks aber in die Pflicht. Sie müssten sich stärker in den von Bürgerkriegen erschütterten Staaten Syrien und Irak engagieren. „Europa und die Nato können noch mehr tun“, sagte er. Mehr Nationen müssten zum Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat, zu Ausbildung und Aufbau beitragen. Es brauche „mehr wirtschaftliche Hilfe für Irak, damit der Extremismus bekämpft werden kann“.

Was Merkel und Obama besucht haben
Der Tag in Hannover begann erst einmal mit einem Groß-Aufgebot der Polizei: US-Präsident Barack Obama machte sich von seiner Unterkunft auf zum Messegelände, wo er sich mit Kanzlerin Angela Merkel zu dem obligatorischen Messe-Rundgang traf. In welcher der beiden Staatskarossen von Cadillac (Spitzname: "The Beast") Obama sitzt, ist aus Sicherheitsgründen immer geheim. Quelle: dpa
Auf dem Messegelände traten die beiden Staatschefs kurz vor die Presse. Bereits am Sonntag hatten sich Merkel und Obama den Medien gestellt, bevor sie am Abend mit einem Festakt die diesjährige Hannover Messe eröffnet haben. Nach den Statements ging es zu dem Rundgang durch einige der Hannoveraner Messehallen, den traditionell die Bundeskanzlerin und der Regierungschef des Partnerlandes unternehmen. Quelle: dpa
Eine der ersten Stationen war der Stand von Los Angeles. Hier lassen sich Merkel und Obama ein kleines Gerät erklären, dass Objekte nur über Reibung und Unterdruck halten kann, ohne es mechanisch zu greifen. Als Vorbild dienten die Füße eines Gecko. Quelle: AP
Dieses kleine Gerät ist ein Mini-Satellit, der Informationen im Weltraum sammeln soll. So recht überzeugt wirken aber weder Merkel noch Obama. Quelle: AP
Am Stand der kalifornischen Software-Firma Autodesk, die sich auf digitales 2D- und 3D-Design spezialisiert hat, war der Praxisnutzen des Exponats offensichtlicher als bei dem Mini-Satelliten: Die mithilfe von Autodesk-Software erstellte Prothese passt perfekt an das Bein der deutschen Paracycling-Sportlerin Denise Schindler. Der digitale Austausch von Scan-Daten macht eine individuelle Fertigung von Prothesen möglich – ohne auf eine teure Einzelanfertigung setzen zu müssen. Quelle: dpa
Am Stand des deutschen Industire-Stecker-Spezialisten Phoenix Contact erklären Geschäftsführer Frank Stührenberg (links) und US-Chef Jack Nehlig (rechts) Merkel und Obama, wie sich das Unternehmen aus dem westfälischen Blomberg eine Lade-Lösung für Elektroautos vorstellt. Quelle: REUTERS
Etwas abstrakter als bei Phoenix Contact wurde es am Stand von PMD. US-Präsident Obama und Kanzlerin Merkel probieren hier noch ein eigenes 3D-Gerät von PMD aus. Künftig will das Unternehmen mit Sitz in Siegen die 3D-Sensoren auch in Smartphones einbauen. So kann auch die Umgebung in 3D-Spiele einbezogen werden. Weitere Anwendungen der zusammen mit Infineon entwickelten Technologie sind die Vermessung von Räumen und Objekten, die Indoor-Navigation und die Umsetzung von speziellen Foto-Effekten.  Quelle: AP

Der Präsident kündigte an, bis zu 250 zusätzliche Soldaten nach Syrien zu schicken. Sie sollen örtliche Kräfte im Kampf gegen den IS unterstützen. Am Nachmittag wollte Obama mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Großbritanniens Premier David Cameron, Frankreichs Präsident François Hollande und Italiens Regierungschef Matteo Renzi zu einer Art USA-Europa-Minigipfel zusammenkommen. Bei dem Gespräch dürften die Terrorbekämpfung sowie die Krisen in Syrien und Libyen Thema sein.

Der US-Präsident forderte auch mehr Offenheit bei der Aufnahme von Flüchtlingen. „Wir alle müssen etwas beitragen, wir alle müssen Verantwortung übernehmen. Das gilt auch für die Vereinigten Staaten.“ Bisher haben die USA verhältnismäßig wenige Flüchtlinge aus den Bürgerkriegsländern im Nahen und Mittleren Osten aufgenommen. 2016 sollen es 85 000 sein, davon 10 000 Syrer. Zum Vergleich: In Deutschland sind im vergangenen Jahr annäherend eine Million angekommen.

von Sebastian Schaal, Niklas Dummer

Erneut lobte Obama die deutsche Rolle in der Flüchtlingskrise. Deutschland zeige wie kein anderes Land, dass die Welt keine Mauern mehr brauche, sagte er. Man könne sich nicht definieren durch Barrieren, die Menschen abweisen oder im Land halten sollten.

Am zweiten und letzten Tag seines Besuchs unternahm Obama vor seiner Rede zusammen mit Merkel einen Rundgang über die Hannover Messe. Die beiden hatten die größte Industriemesse der Welt am Vorabend eröffnet.

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