Familienunternehmer „Die Kanzlerin muss Digitalisierung zur Chefsache machen“

Deutsche Unternehmer müssen in der Digitalisierung aufholen Quelle: picture alliance / dpa

Der Chef-Lobbyist der Familienunternehmer, Reinhold von Eben-Worlée, fordert bessere Investitionsbedingungen. Warum er von der neuen Regierung enttäuscht ist – und was er in Sachen Digitalisierung anpacken will.

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WirtschaftsWoche: Herr von Eben-Worlée, Sie müssten zufrieden sein mit der neuen Regierung, oder?
Reinhold von Eben-Worlée: Naja, erst einmal ist es gut, dass wir jetzt endlich überhaupt eine Regierung haben. Inhaltlich müssen wir damit leben, was im Koalitionsvertrag steht.

Klingt nicht so begeistert. Dabei sind viele Ihrer Anliegen umgesetzt worden: Es soll steuerliche Anreize für Forschung und Entwicklung geben, ein Zuwanderungsgesetz ist geplant. Das waren zwei Ihrer Hauptforderungen.
Viele hatten aber auch die Soli-Abschaffung gefordert. Und die kommt ja jetzt nur zum Teil und nicht für Unternehmer. Damit sind wir als Familienunternehmer natürlich nicht zufrieden. Auch die steuerliche Forschungsförderung kommt nur für kleine und mittlere Betriebe. Die paritätische Bezahlung der Krankenkassen ist auch nicht schön und erhöht die Lohnstückkosten. Es gibt Länder, in denen die Krankenkassenbeiträge komplett von den Arbeitnehmern bezahlt werden.

Deutschland geht es doch so gut wie selten. Wäre nicht jetzt die Zeit, auch mal die Bürger finanziell zu entlasten?
Die Bürger müssen entlastet werden – aber die Industrie auch. Aktuell geht es uns gut, das stimmt. Aber wir müssen jetzt schon in die Zukunft schauen. Und das heißt vor allem: Wir müssen investieren. Genau da hakt es aber. Die Investitionen gehen zurück. Das hat viel mit steuerlichen Belastungen zu tun. Wir leben von der Substanz.

Zur Person

Glauben Sie, dass es nach der Regierungsklausur in Meseberg schon eine Leitlinie für Sie geben wird?
Wichtig ist, dass die Koalitionspartner jetzt miteinander sprechen und nicht mehr nur übereinander.

Ein Punkt ist die Zuwanderung von Fachkräften. Die Koalition will das gesetzlich regeln. Wie viel Fachkräftezuwanderung bräuchte Deutschland pro Jahr?
In der IT könnten wir locker 10.000 Fachleute im Jahr unterbringen. Und bei den Ingenieuren sieht es ähnlich aus. Ich höre ständig von unseren Mitgliedern, wie sie verzweifelt nach guten Programmierern suchen. Wir brauchen dringend geregelte Zuwanderung.

Verbände und Unternehmer zeigen bei dem Punkt immer auf die Politik. Müssten sie nicht selber aktiv werden und das Problem in die Hand nehmen?
Das machen wir doch längst. Aber ohne politische Unterstützung geht es nicht.

Was machen Ihre Mitglieder konkret, um den Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen?
Viele suchen sich einen Headhunter – und der holt dann ein paar geeignete Leute ins Unternehmen. Die fehlen dann aber wieder in anderen Betrieben. Das ist also nicht die Lösung des Problems. Wir müssen an die Grundlagen ran. Wir brauchen mehr Studenten und Auszubildende in den technischen Berufen. Dafür engagieren sich viele Familienunternehmen seit Jahren in Partnerschaften mit Unis und Berufsschulen.

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