Industrie 4.0 So sieht der Arbeitsplatz der Zukunft aus

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Andrea Nahles fordert neue Tarifverträge für Industrie 4.0

Dass die Digitalisierung der Produktion sich auch auf Beschäftigung und Arbeitsalltag auswirkt, ist längst in der Politik angekommen. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat diese Woche bereits neue Tarifverträge gefordert, die der gestiegenen Flexibilität Rechnung tragen. Damit sollen Missstände wie etwa bei Werkverträgen frühzeitig verhindert werden.

„Natürlich ist bei Industrie 4.0 die Flexibilität der Beschäftigten gefordert. Wir brauchen für sie aber auch Sicherheit“, sagte Nahles. Dies zu regeln, sei in ihren Augen Aufgabe der Tarifparteien.

Für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) muss die Arbeit in der vernetzten Fabrik so gestaltet werden, dass der Mensch im Mittelpunkt steht. „Wir wollen gute Arbeit 4.0“, sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann auf dem Digitalisierungskongress des DGB. Dafür müssten zum Beispiel Beschäftigungsverhältnisse sicher und Regeln für neue Arbeitsformen fair sein. Neben Problemen wie der dauerhaften Verfügbarkeit von Arbeitnehmern bringe der digitale Wandel aber auch Chancen: „Es fallen nicht nur Tätigkeiten weg, es entstehen auch neue Arbeitsplätze.“

Kollege Roboter lässt grüßen
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schäkert bei der Eröffnung der Hannover Messe in Hannover mit indischen Maskottchen. Schon vor der Eröffnung hat sich Merkel für intensivere Handelsbeziehungen zum diesjährigen Messepartnerland Indien ausgesprochen. „Der Handel zwischen Deutschland und Indien kann noch verbessert werden, obwohl Deutschland schon der größte europäische Handelspartner Indiens ist“, sagte Merkel am Sonntagabend. Quelle: dpa
Merkel eröffnete die Messe am Abend gemeinsam mit dem indischen Ministerpräsidenten Narendra Modi. Dabei mahnte sie zur Wachsamkeit: „Wir müssen in Europa einfach einen Zahn zulegen, genauso wie wir auch in Deutschland einen Zahn zulegen müssen“, sagte sie am Sonntag zur Eröffnung der weltgrößten Industrieschau . „Wir müssen uns jeden Tag ändern“, forderte Merkel mit Blick auf das Zukunftsthema vernetzte Produktion. Auch Modis Land will sich in Hannover als fortschrittliches Technologieland präsentieren. Modi versprach Reformen in seinem Land, um Handel zu erleichtern. „Für uns hat es außerdem höchste Priorität, eine Weltklasse-Infrastruktur zu schaffen“, sagte er. Quelle: dpa
Obwohl beide Länder ihre Beziehungen seit der Öffnung Indiens für Europa durch diverse Reformen ab 1991 intensivieren wollen, hat der bilaterale Handel wegen der Wachstumsschwäche der indischen Wirtschaft zuletzt abgenommen. So schrumpfte das Handelsvolumen in der Saison 2013 -2014 im Vergleich zur Vorperiode um 7,4 Prozent auf 16,1 Milliarden Euro. In der Rangfolge der deutschen Handelspartner steht Indien auf Platz 24, bei Ein- und Ausfuhren auf Platz 25. Umgekehrt steht Deutschland in Indien als Lieferant an 9. Stelle und als Abnehmer indischer Waren an 8. Stelle. In Indien werden vor allem Investitionsgüter nachgefragt, also Maschinen, die etwa ein Drittel am Gesamtexport nach Indien ausmachen, sowie Elektrotechnologie, Metallwaren, Chemie, Automobile. Nun will Indien wieder in di Offensive gehen und selbst als Handelspartner attraktiver werden. Mit seiner Milliardenbevölkerung will in diesem Jahr China als wachstumstärkstes Schwellenland überholen. Quelle: dpa
Nach Dampfmaschine, Fließband und Elektronik soll der Wirtschaft nun die vierte Revolution bevorstehen: die Vernetzung von Produkt, Maschine und Werkzeug in der Industrie 4.0. Quelle: dpa
Doch nur schleppend nimmt die nächste Entwicklungsstufe der Produktion in Deutschland Fahrt auf: Nur etwa die Hälfte der großen Unternehmen und 43 Prozent der Mittelständler messen der Industrie 4.0 eine hohe Bedeutung bei, ergab eine aktuelle Umfrage des Digitalverbands Bitkom. Quelle: dpa
Ein Grund ist laut Bitkom, dass viele Unternehmen die Chancen der Industrie 4.0 unterschätzen. Bei der Hannover Messe sollen ihre Möglichkeiten Gestalt annehmen. Schon zum dritten mal verschreibt sich die Hannover Messe damit demselben Thema, dieses Mal unter dem Titel „Integrated Industries – Join the Network“. Quelle: dpa
Mensch-Maschine-Kooperation ist ein zentrales Thema bei der diesjährigen Ausgabe der Messe. Die nächste Generation Roboter soll nicht mehr hinter Gittern, sondern Seite an Seite mit dem Facharbeiter werken. Ein Beispiel ist das Greifsystem des Herstellers Schunk. Quelle: dpa

„Die Fabrik der Zukunft wird keineswegs menschenleer sein“

Eine tarifliche Sicherheit ist nicht nur im Interesse der unzähligen Angestellten in kleinen und mittleren Industriebetrieben, sondern auch von Großkonzernen. Nicht jedes Unternehmen geht das Thema Industrie 4.0 so offen an wie SEW. Auch, weil sie die Investitionen scheuen. Nicht zuletzt erwarten Experten deshalb, dass der digitale Wandel in der Fabrik vor allem von Konzernen vorangetrieben wird.

Bei Daimler etwa sind bereits zahlreiche Anwendungen umgesetzt. „Erfahrung, Kreativität und Flexibilität der Menschen bleiben in vielen Bereichen der Automobilproduktion unersetzlich“, sagt Markus Schäfer, Produktions-Bereichsvorstand bei Mercedes-Benz Cars. „Die Fabrik der Zukunft wird keineswegs menschenleer sein. Im Gegenteil – wir rechnen damit, dass sich neue Aufgaben und Profile für unsere Beschäftigten ergeben.“

So schneidet Deutschland als Wirtschaftsstandort ab

Die Produkte werden digital entwickelt, getestet und die Produktion simuliert, bevor überhaupt das erste echte Bauteil entsteht. Die Abläufe in der Fertigung können dadurch so optimiert werden, dass beim Start der Produktion kein überflüssiger Handgriff mehr auftaucht.

Für Daimler-Betriebsratschef Michael Brecht ist daher entscheidend, wie das Verhältnis von Autonomie und Kontrolle in Mensch-Maschine-Interaktionen gestaltet wird. „Die technischen Veränderungen kommen. Zu ihrer Gestaltung ist eine neue Humanisierungspolitik erforderlich“, sagt Brecht. „Entweder: Die Menschen sagen den Maschinen, was sie tun sollen. Oder: Die Menschen bekommen von den Maschinen gesagt, was sie tun sollen. Der Schlüssel ist, dass wir die Menschen durch Qualifizierung gut darauf vorbereiten.“

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