




Wenn die Arbeiter von Kuka vor sieben Jahren eine Person hätten bestimmen dürfen, die auf keinen Fall Vorstandschef werden soll, hätte Till Reuter wohl gute Chancen gehabt. „Ich dachte nur: Oh Gott, ein Investmentbanker“, sagt ein Mitarbeiter. „Und dann hat er beim ersten Kontakt auch erst einmal alle meine Vorurteile bestätigt.“
Der 47-jährige Reuter studierte einst Jura, arbeitete als Anwalt und wechselte dann ins Investmentbanking. Dass er dann 2009 Chef von Kuka wurde, war eine Art Betriebsunfall. Reuter war damals Berater des Kuka-Großaktionärs Grenzebach, eines Maschinenbauers im schwäbischen Asbach-Bäumenheim. Weil Grenzebach mit dem amtierenden Vorstand nicht klarkam, sollte Reuter ran.
„Extrem unterkühlt ist er damals gewesen, hat nur mit Zahlen hantiert und keine Ahnung von Technik gehabt“, erinnert sich ein Aufsichtsrat. „Aber heute ist er Mr. Kuka.“

Der Wandel hängt vor allem mit Reuters beeindruckender Bilanz bei Kuka zusammen. Unter seiner Ägide hat sich der Umsatz des drittgrößten Industrieroboterherstellers der Welt auf knapp drei Milliarden Euro mehr als verdreifacht. Kuka aus Augsburg gilt als das deutsche Vorzeigeunternehmen, wenn es um die Digitalisierung und Automatisierung der Fertigung geht, kurz: um Industrie 4.0. Lange waren die Arbeitsplätze der 12 300 Mitarbeiter nicht mehr so sicher wie unter Reuter. Sie haben ihn bei Kuka geradezu lieb gewonnen. „Er steht zu uns und den Standorten“, sagt ein Arbeitnehmervertreter. „Er hat sich tief in die technischen Details eingearbeitet“, assistiert ein Aufsichtsrat, „dass er kein Ingenieur ist, merkt man gar nicht mehr.“
Wichtige Aktionäre haben gewechselt
Doch so beliebt Reuter inzwischen auch ist – es könnte bald ungemütlich werden für ihn bei Kuka. Denn wichtige Aktionäre haben gewechselt: Großaktionär Grenzebach stieg aus, der Maschinenbauer Voith aus dem schwäbischen Heidenheim und der chinesische Hausgerätehersteller Midea stiegen ein. Das brachte gewaltige Unruhe in das Unternehmen und könnte das Ende der Ära Reuter einleiten. Ein dickes Fragezeichen steht auch hinter der Überlegung, wem gewisse Transaktionen von Kuka in jüngerer Vergangenheit mehr genutzt haben: dem Unternehmen oder früheren Aktionären.





Nach außen gibt sich Reuter optimistisch und beteuert, auf seine Arbeit hätten die Veränderungen keinen Einfluss. Doch in seinem nahen Umfeld heißt es, dass er sich sehr wohl Sorgen mache über die unübersichtliche Gemengelage.
Reuters wichtigster Verbündeter in seiner steilen Karriere als Kuka-Chef war der Mittelständler Rudolf Grenzebach. Die Kontakte zu dem schwäbischen Unternehmer reichen in Reuters Jahre als Student zurück. 2009 beteiligte sich Grenzebachs Familie an Kuka und inthronisierte ihren Vertrauten Reuter. Mit der Entscheidung kann der Clan mehr als zufrieden sein. Unter dem 47-jährigen Sportfan und Restaurantbesitzer verneunfachte sich der Kuka-Aktienkurs nicht nur. Als Grenzebachs Unternehmensgruppe 2014 in Schwierigkeiten steckte, sprang ihm Reuter auch großzügig zur Seite. Er sorgte dafür, dass Kuka seinem Förderer den Schweizer Anlagenbauer Swisslog abkaufte.