
Am 24. April ziehen die Kannibalen in Hannover ein. Sie tragen teure Anzüge und die bekanntesten unter ihnen dürfen der Kanzlerin beim Messerundgang die Hand schütteln. Es sind die Chefs der großen deutschen Maschinenbauer, mehrheitlich ruhmreiche Manager. Aber weil sie enorme Investitionsbudgets in die Digitalisierung ihrer Fabriken stecken wollen, gehen sie der IT-Messe Cebit, ebenfalls in der Leinestadt, ungewollt ans Leder. Immer mehr Software-Spezialisten wollen nicht mehr dort unter ihresgleichen ausstellen, sondern sich gleich in den Hallen ihrer potenziellen Kunden aus dem Maschinen- und anlagebau ansiedeln.
Deren Messemotto sagt alles: „Integrated Industry – Creating Value“ – erst die vernetzte Industrie schafft neue Geschäftsmodelle.
Und wenn im nächsten Jahr auch die einst ausgegliederte Intralogistikmesse ceMAT zurück integriert wird, bildet die Hannover Messe die gesamte Wertschöpfungskette im Maschinenbau, der Automatisierungs- und Elektrotechnik ab. Digital schöner kann es woanders gar nicht sein.





Doch um beide Messen zu bestücken, dafür sind nicht nur die Standmieten viel zu teuer. Agenturkosten, Transport, Standbau, IT-Infrastruktur, Messepersonal plus die Manntage der eigenen Leute, Catering, Backoffice, Übernachtungen – sich Verkaufen ist kein billiges Vergnügen.
Die Aussteller zahlen es trotzdem, weil die in diesem Jahr 70 Jahre alte Hannover Messe längst die größte Investitionsgütermesse der Welt ist. Alles, was Rang und Namen im Maschinen- und Anlagenbau hat, muss hier sein. Alle, die mit diesen Unternehmen als Zulieferer Geschäft machen wollen auch. Und alle, die die oft millionenteuren Produkte kaufen wollen, sowieso. 6500 Aussteller quetschen sich deshalb dicht an dicht in die Hallen. Rund 210.000 Besucher strömen oder stauen sich je nach Tageszeit und Promidichte durch die Gänge. 2500 Journalisten suchen nach Namen und Geschichten.





Die Messe hat schon seit einigen Jahren einen fulminanten Lauf. Man könnte auch sagen: Das Glück war tatsächlich mit dem Tüchtigen. Tüchtig, weil der Messechef „Jochen Köckler die richtige Mischung aus Staubsaugervertreter und Inkassoeintreiber“ sei, wie ihn ein Teilnehmer beschreibt.
Und Glück, weil alle Schlagworte der Digitalisierung – das Internet der Dinge, Smart Factory, künstliche Intelligenz – in den Maschinen und Anlagen aus Hannover kumulieren.