
An der Uni waren es die Pfiffe der Kommilitonen und die dummen Sprüche mancher Professoren. Im Job wurde daraus subtiles Wegbeißen durch Kollegen und manchmal auch vom Chef. Für Frauen im Maschinenbau hat sich in den letzten dreißig Jahren erschreckend wenig verbessert.
WirtschaftsWoche Online: Frau Zimmermann, noch immer zögern viele Abiturientinnen trotz guter Berufsaussichten Maschinenbau zu studieren – auch weil Frauen dort nach wie vor in der Minderheit sind. Wie ist es Ihnen als Studentin Anfang der 80er-Jahre an der Hochschule in Karlsruhe ergangen?
Angelika Zimmermann: Ich hatte genau eine Kommilitonin und es gab keine einzige Professorin im Allgemeinen Maschinenbau. Frauenfeindliche Sprüche waren erlaubter als heute. Die männlichen Kommilitonen fanden ihre Sprüche unglaublich witzig und einzelne Professoren glaubten, damit auch noch ihre Vorlesungen auflockern zu können.
Zur Person
Angelika Zimmermann leitet zusammen mit ihrem Mann die ZIM Flugsitz GmbH. Während er für Vertrieb, Finanzen, Produktion und IT zuständig ist, liegen die Bereiche Technik, Qualitätsmanagement und Personal bei ihr.
Haben Sie auch unfaire Benachteiligungen erlebt?
Aber sicher. Zum Beispiel händigte mir ein Dozent Klausurunterlagen mit den Worten aus: „Sie wissen, eine Frau hat bei mir noch nie bestanden!“ Derartige Aussagen zu Beginn einer wichtigen Klausur sind nicht beruhigend.

Im ersten Semester wurde eine Kommilitonin im voll besetzten Hörsaal mit der Aussage konfrontiert: „Warum legen sie sich nicht oben ohne in den Englischen Garten und warten auf einen Ingenieur? Das ist einfacher, als einer werden zu wollen.“ Davon gab es noch zahlreiche weitere Beispiele. Die waren natürlich auch früher nicht erlaubt, aber kritische Aussagen blieben trotzdem ohne Konsequenzen.
Ab wann haben Sie sich dagegen gewehrt?
Als ich im fünften Semester war. Da hatte ich dem Professor eine fachliche Nachfrage zum Thema Kfz-Autotechnik gestellt. Er ließ mich mit der Bemerkung auflaufen: „Ihnen brauche ich das nicht zu erklären. Frauen suchen ein Auto doch eh nur nach der Farbe aus“. Der ganze Hörsaal lachte, aber da habe ich verbal gegengehalten. Der Professor reagierte überrascht und erklärte, man müsse Studentinnen ja auf den späteren Berufsalltag vorbereiten. Am Ende war seine Reaktion letztendlich positiv. Später habe ich genau bei diesem Professor meine Diplomarbeit geschrieben.
Wie haben Sie sich später an der Uni und im Job gegen grobe und subtile Unverschämtheiten durchgesetzt?
Indem ich meine Meinung gesagt habe und bereit war, mich über Konventionen hinwegzusetzen. Ich habe zum Beispiel auf meiner ersten Stelle als Ingenieurin für Papiermaschinen eine interessantere Tätigkeit gefordert, als die, die mir mit dem Hinweis „Wer weiß, wie lange sie überhaupt hier sind“ angeboten wurde. Die Stelle habe ich bekommen und dafür auch vollen Einsatz und Motivation gebracht. Ich habe zu lösende Probleme immer klar angesprochen, und nichts schöngeredet, auch nicht, wenn es an mir lag.





Läuft es für Studentinnen heute besser?
Nur an der Oberfläche. Vieles ist anders, aber trotzdem noch nicht gut genug. Früher waren frauenfeindliche Sprüche eher an der Tagesordnung, aber wir Studentinnen haben uns weniger Gedanken darüber gemacht als die jungen Frauen jetzt. Heute greifen Gleichstellungsbeauftragte regulierend ein, was leider auch immer noch erforderlich ist. Aber das aber das schafft zugleich eine Atmosphäre der Ausnahmesituation und damit des von außen Gesteuerten. Als müssten die Studentinnen besonders „geschützt werden“. Wir werden erst dann das Ziel erreicht haben, wenn sich niemand mehr bewusst Gedanken über das jeweilige Geschlecht eines Studenten macht.





Was raten Sie engagierten Studentinnen und Berufseinsteigerinnen?
Studentinnen sollten sich nicht zu sehr mit eventuell bevorstehenden Problemen beschäftigen und alles zu hundert Prozent planen wollen. Die jungen Frauen haben mehr davon, wenn sie für sich klären, welche Themen sie als Ingenieurin für ihre Zukunft am meisten interessieren und wie sie ihre Ziele am besten erreichen können.
Und Berufsanfängerinnen?
Die Einstiegsstelle ist enorm wichtig. Aber Vorsicht vor der Aussage: „Man kann sich doch später noch entwickeln“, falls jemand mit einer nicht wirklich passenden Stelle vertröstet werden soll. Nach meiner Erfahrung stimmt das in den meisten Fällen nicht. Berufsanfängerinnen sollten auf keinen Fall „demütig“ alles annehmen, was ihnen angeboten wird, sondern zunächst alles daran setzen, die Stelle zu finden, die sie sich für die Zukunft wünschen.