Vorausschauende Wartung in der Industrie 4.0 Der größte Störfaktor ist der Mensch

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Aus der Wartung ergeben sich neue Geschäftsmodelle

Wird Predictive Maintenance also überschätzt? Offenbar nicht. In der Befragung von Staufen-Neonex äußern die Unternehmen große Hoffnungen. 73 Prozent der Befragten erwarten, dass die vorausschauende Wartung in der Automobilbranche stark an Bedeutung gewinnen wird. Die Branche ist prädestiniert, weil wegen des hohen Automatisierungsgrads und der komplexen Lieferbeziehungen jede Minute Stillstand ein Schlag ins Kontor ist. Außerdem ist die Branche Vorbild beim Ausschalten von Schlendrian und Verschwendung.

Zulieferer und Anlagenbauer sehen sich derzeit verstärkt mit dem Thema konfrontiert. „Macht Predictive Maintenance, es darf aber nichts kosten“, fordern die Automobilhersteller. Die Betriebe müssen dann belegen, dass ihr Service sehr wohl etwas kosten darf, dass sich das aber für den Kunden schnell rechnet. Dazu muss der Zulieferer die genauen Kosten für bisherige Reparaturprozesse berechnen und den neuen Kosten mit vorausschauender Wartung gegenüberstellen. Gelingt der Return on Investment schnell genug, beißen die Kunden an. Erweitert man dann das Angebot um Services, etwa um eine garantierte schnelle Ersatzteillieferung oder einen Flatrate-Wartungsvertrag, ergeben sich neue Geschäftsmodelle.

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Predictive Maintenance lohnt sich zuerst dort, wo große und teure Maschinen rund um die Uhr laufen und wo unvorhergesehene Defekte schwer zu beheben sind. Kein Wunder also, dass die Betreiber von Kraftwerken oder Windturbinen sehr früh auf das Thema setzten. Siemens etwa sammelt von jeder seiner weltweit arbeitenden Gasturbinen Sensordaten ein, jede Turbine liefert sekündlich Informationen über mehr als tausend Messwerte. In diesem Datenberg suchen lernfähige Algorithmen nach typischen Mustern, die auf drohende Ausfälle hindeuten. Jedes Kraftwerk hat damit Zugriff auf das Wissen aus allen Kraftwerken mit Siemens-Turbinen.

Predictive Maintenance ist die Königsdisziplin bei der Wartung von Maschinen und Anlagen – aber nicht das Ende. Meist machen sich drohende Fehler an Maschinen und Anlagen an den Produkten bemerkbar, zum Beispiel als wegdriftende Toleranzen. Mit ausgefeilten Algorithmen und Know-how der Maschinenhersteller sollte die Maschine diese Prozessabweichungen bemerken und den Grund dafür anzeigen. Die Ursache kann man dann oft beim nächsten Schichtwechsel schnell beheben. Für Jochen Schlick wäre das wichtiger als die bloße Fokussierung auf die ohnehin schon sehr hohe technische Verfügbarkeit. „Wenn Maschinen in der Lage wären, die Bearbeitungsprozesse zu verstehen und selbst Verbesserungsvorschläge zu machen, wäre das eine größere Revolution als Predictive Maintenance.“

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