




Der Ernstfall begann mit gerade mal 14 dürren Worten. „Die Siag Schaaf Industrie AG, Dernbach, ist insolvent und wird in Kürze Insolvenzantrag stellen“, lautete die kurze Mitteilung, die der Windkraftzulieferer Siag aus dem Westerwald Mitte März verschickte.
Dieser Gang zum Amtsgericht Montabaur ist nicht bloß eine der rund 30.000 jährlichen Unternehmenspleiten in Deutschland. Er könnte am Ende eine ganze Säule der Unternehmensfinanzierung ins Wanken bringen: Mittelstandsanleihen.
Denn der Westerwälder Stahlbauer (Firmenmotto „Wir arbeiten an etwas ganz Großem“) ist das erste Unternehmen, das diese für Mittelständler relativ junge Form der Geldbeschaffung genutzt hat und nun in die Insolvenz geht. Prompt stürzte der Kurs der im vergangenen Sommer begebenen 50-Millionen-Euro-Anleihe auf unter zehn Prozent. Siags Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner von der Sozietät Brinkmann & Partner in Frankfurt gab sich auf die Frage nach einem Ausfall der Anlegergelder vorsichtig: „Das hängt davon ab, wie das Insolvenzverfahren läuft und wie gut es mit der angestrebten Sanierung des Unternehmens klappt.“ Prompt wuchs an den Börsen und bei Finanzchefs die Furcht, die Anleger könnten die ganze Anlagegattung abstrafen, indem sie in großem Stil aus Mittelstandsanleihen flüchten. Dazu beantragte der Solarkonzern Q-Cells vergangenen Montag ebensfalls Insolvenz.

Nur wenige Anleihen mit Kursverlusten
Denn die Insolvenzen von Siag und Q-Cells treffen den Markt in einer kritischen Phase. Bereits in der zweiten Jahreshälfte 2011 mussten viele Unternehmen angesichts der Euro-Krise und einer drohenden Rezession ihre Pläne mangels Anlegerinteresses herunterschrauben oder die Ausgabe verschieben. Doch wegen der besseren Aussichten für Konjunktur und Euro ziehe die Nachfrage seit Februar wieder an, berichtet Andreas Uelhoff, Chef der Hamburger Immobilienfirma AVW Grund, die gerade eine Anleihe mit 6,1 Prozent Zinsen anbietet.
Bislang straften die Investoren nach der Siag-Pleite nur wenige Anleihen mit Kursverlusten, vor allem weitere Papiere aus der Windkraftbranche wie etwa Windsreich oder Eno Energy sowie die bereits vorher gebeutelten Solarunternehmen Solarwatt oder Payom Solar.
Risikominderung
Aber ganz ungeschoren wird die Anlageform am Ende nicht davonkommen, sagt Gerhard Rosenbauer von der Vermögensverwaltung Capital Forum mit Sitz in München und am bayrischen Tegernsee: „Die besonnene Reaktion der Anleger sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Markt aus dieser Pleite einiges lernen muss.“
Die erste Lektion lautet: Ein Unternehmen, das nach den aktuellen Insolvenzen eine Anleihe ausgeben will, sollte sich mithilfe von Experten und Banken gründlicher vorbereiten als bisher. Die zweite: transparenter auftreten. Dazu zählt nicht nur, dass die Emittenten vorab im Anleiheprospekt deutlich tiefere Einblicke ins Geschäft zulassen. Auch wenn die Anleihe erfolgreich am Markt platziert ist, raten Fachleute, die Anleger schneller und gründlicher zu informieren, etwa durch Quartalsberichte und Investorentage im Stil großer Aktiengesellschaften. „Das hält auch die Privatanleger bei der Stange“, sagt Lars Rosenberg, Mitarbeiter in der Handelsabteilung der Freien Internationalen Sparkasse aus Luxemburg.