Helden Contra Corona – Erfahrungsbericht #12 „Wahnsinn, wie viel freier alle geworden sind“

Robin Behlau Quelle: PR

Robin Behlau vermittelt über seine Plattform Aroundhome Produkte und Dienstleistungen für Handwerker und Hausbedarf. Die Coronakrise teilt dieser „Held des Mittelstands“ in drei Phasen: Schock, Neuorientierung, Belebung.

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Robin Behlau glaubt an die Trauerkurve – und bleibt deshalb optimistisch. Bei Krisen folge nach einem ersten Schock immer erst Wut und Verzweiflung. Doch irgendwann, davon ist Behlau überzeugt, gehe es danach wieder aufwärts. „Wir sind noch nicht durch das Tal der Tränen“, sagt der Chef von Aroundhome, aber „es gibt auch eine Zeit nach der Krise“.

Behlaus Unternehmen vermittelt Fachfirmen an Privatkunden im Internet, etwa Handwerker für die Heizungsinstallation, Installateure für den Küchenaufbau oder Energieexperten für die Solaranlage auf dem Dach. Vor rund zehn Jahren hat Behlau das Unternehmen gegründet. Seitdem ging es fast nur bergauf. Inzwischen beschäftigt das Unternehmen aus Berlin rund 500 Mitarbeiter. Aroundhome hat 2019 Aufträge im Wert von 1,5 Milliarden Euro an seine rund 16.000 Partnerbetriebe vermittelt. Es gehört damit zu den heimlichen Stars der deutschen Internetwirtschaft.

Dann kam Corona.

Wie bei vielen anderen Firmen auch, hat die Pandemie auch bei Aroundhome voll eingeschlagen. Aufträge wurden storniert, der Umsatz brach ein. Behlau reagierte schnell. „Wir haben sofort gehandelt“, sagt Behlau. „Und ich wollte mit unseren Maßnahmen lieber krass überziehen als zu langsam zu agieren und unterzugehen“.

Der Jungunternehmer ist von Beginn an dem Motto von Krisenmanagern gefolgt. „Perfection is the enemy of the good“, zitiert Behlau einen Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Für ihn, den Mehrfach-Gründer, galt nach den ersten Meldungen über die Folgen von Corona daher Schnelligkeit vor Gründlichkeit. Der größte Fehler sei, sich gar nicht zu bewegen. Aroundhome-Chef Behlau hat daher seine Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt – die meisten davon zu 100 Prozent, ein Notfallteam arbeitet auf 50 Prozent.


In einem 16-minütigen Mutmachervideo sendete er am 19. März eine Botschaft an seine Belegschaft: „Wir müssen cool bleiben“, sagt er darin. Noch in den Tagen der ersten Ausgangssperren in Deutschland hatte Behlau bereits die Folgewochen in drei Phasen eingeteilt. Die erste Phase habe Aroundhome bereits hinter sich: der Schock, der Absturz – jetzt mitten in der Kurzarbeit.

Das oberste Prinzip von Behlau: Liquidität sichern – und sämtliche Kosten runterfahren. Keiner wusste am Anfang, „ob wir 40, 50 oder 80 Prozent Umsatz verlieren würden“, sagt er heute im Rückblick. Inzwischen sehe es so aus, als würde sich das Umsatzminus bei rund 50 Prozent einpendeln.

Nun steckt Aroundhome in der zweiten Phase – eine Zeit der Neuorientierung und Chancensuche. „Wir prüfen, wie wir aus der Krise gestärkt herauskommen können“, sagt er. Gemeinsam mit einigen Mitarbeitern spiele er Szenarien durch, wie er Handwerkern in zwei Monaten – wenn die Krise hoffentlich vorbei ist – schnell Aufträge vermitteln kann.

Behlau lässt Mitarbeiter außerdem daran arbeiten, Neugeschäft zu entwickeln – auch in dieser Krisenzeit. Erste Erfolge kann er verbuchen: Die neue Aroundhome-Tochter Aroundjobs, über die seit kurzem Fachkräfte an Handwerksbetriebe vermittelt werden, vermittelt nun Erntehelfer an Landwirte und Fahrer an den Tiefkühlkost Lieferanten BoFrost.

Behlaus Ziel: schnell Umsatz machen. „Wir prüfen, welche Maßnahmen Sinn machen und setzen sie dann um.“ Nur eine Vorgabe gilt dafür: „Die Projekte müssen das Kerngeschäft ergänzen.“

Die dritte Phase hat noch nicht begonnen. Sie startet, sobald erkennbar sei, dass sich neue Projekte als effizient erweisen. Oder wenn die Krisenspannung abebbt und der normale Trott absehbar ist. Die Mitarbeiter sollen sich dafür bereithalten. Über die Videobotschaft am 19. März sendet er auch ein paar Folien mit. „Alle jederzeit abrufbar zur Arbeit bei Geschäftsbelebung“, steht auf einem Dokument, mit anderen Worten: Bereithalten zum Angriff.

Der Lkw-Spediteur Roland Rüdinger, ein „Held des Mittelstands“, sorgt sich in Corona-Zeiten um seine Fahrer: Wo sollen sie unterwegs auf die Toilette, wo etwas essen, wenn Betriebe abriegeln und Gaststätten schließen?
von Stephan Knieps

Trotz des massiven Umsatzeinbruchs von 50 Prozent sieht Behlau die Zeit auch als Chance. „Die Krise würde mich im Grunde nicht stören, wenn die Mitarbeiter nicht so stark unter den Gehaltseinbußen leiden würden“, sagt er. Das Homeoffice sei ein Digitalisierungsboost. Kunden und Geschäftspartner würden gerade die Stärken digitaler Vertriebswege erkennen. „Wahnsinn, wie viel freier alle geworden sind.“

Behlau hat auch Glück, zu einem Netzwerk zu gehören, dass der Vermittlungsplattform mit Liquidität aushelfen kann. Aroundhome gehört inzwischen zum Digitalportfolio des Fernsehsenders ProSieben Sat.1 und des Investors General Atlantic. Behlau hat dort um einen kurzfristigen Kredit gebeten – und ihn bekommen. Nicht jeder verfügt über derartige Rückendeckung.

Der Unternehmer geht daher optimistisch in die Zukunft. „Liebe Herde“, hat er seine Mitarbeiter damals in der Videobotschaft angesprochen – so sehen und nennen sich die Mitarbeiter intern. Behlau ist sich sicher, dass seine Herde „näher zusammenrücken“ werde.

In dem Video zeigt Behlau ein Foto aus einer Filmszene von Forrest Gump. Der Hauptdarsteller hatte in einem Fischerboot einen Sturm auf hoher See überstanden, alle anderen Boote gingen unter. Gump hat daraufhin mehr Krabben denn je gefangen – es war der Beginn der erfolgreichen Fischfabrik Bubba Gump Shrimp Company.

Mehr zum Thema: In der Rubrik Helden des Mittelstands porträtiert die WirtschaftsWoche regelmäßig einen Mittelständler, der eine Herausforderung kreativ, mutig und klug gemeistert hat. Doch was tun diese Helden gegen die Coronakrise? Wir haben nachgefragt. Alle Folgen der Serie „Helden Contra Corona“ finden Sie hier.

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