Helden Contra Corona – Erfahrungsbericht #15 Dieser Fahrradhändler hat 250 Prozent Online-Zuwachs

Markus Storck Quelle: imago images

Der hessische Fahrradhersteller Markus Storck, ein „Held des Mittelstands“, glaubt an eine Lockerung der Corona-Beschränkungen für Anfang Mai – und lobt CSU-Mann Markus Söder sowie Österreichs Sebastian Kurz.

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Markus Storck hat die Corona-Krise schon lange im Blick. „Wir lassen einen Teil unserer Produkte in China fertigen und viele Komponenten kommen aus anderen asiatischen Ländern“, sagt der Chef und Inhaber des Fahrradherstellers Storck aus Idstein im Taunus. Im Januar sei dort die Produktion eingestellt worden. Vor allem nach dem chinesischen Neujahrsfest seien viele Mitarbeiter nicht mehr in die Fabriken zurückgekehrt. Das, was die Bevölkerung in Deutschland als Coronakrise zu spüren bekommt, beziehe sich jedoch in erster Linie auf den Zeitraum, in dem in Deutschland die ersten Maßnahmen ergriffen worden seien. „Viele Unternehmen mit asiatischen Partnern und Lieferanten waren mit dem Thema schon viel früher beschäftigt“, sagt Storck.


Die Entscheidung von Storck, seine E-Bikes, Rennräder und Mountainbikes künftig nicht mehr über viele Fahrradhändler zu verkaufen, kommt dem Unternehmen heute zugute. Vor knapp zwei Jahren stellte der 55-Jährige das Vertriebsmodell radikal um. Er ließ die Verträge mit den meisten seiner 170 Fachhändler auslaufen und setzte stattdessen nur noch auf ein Dutzend Partner, eigene Läden und mehr Präsenz im Internet. Mittlerweile betreibt Storck drei Flagship-Stores in Düsseldorf, München und in Idstein. Am 3. Juli soll ein Geschäft in Wertheim eröffnen.

„Die Umstellung hilft uns derzeit“, sagt Storck. Weil die Kunden ohnehin nicht mehr in die Fahrradläden gehen, gehen die Besucherzahlen auf der Homepage durch die Decke. Verzeichnete Storck Anfang 2018 im Schnitt rund 300 Besucher im Online-Store, so seien es am vergangenen Wochenende deutlich mehr als 3000 pro Tag gewesen. Offenbar wird dort nicht nur geschaut, sondern auch gekauft. Storck: „Im März hatten wir eine Steigerung des Onlineumsatzes in Höhe von 250 Prozent.“ Besonders freuen Storck die vielen neuen Besucher. Rund 85 Prozent der Besucher seien zum ersten Mal auf der Homepage Storck-Bikes.com gewesen. Das Konzept DtoC, also vom Hersteller direkt zum Kunden, gehe auf, sagt Storck. Damit sei es ihm gelungen, diesen Teil des Umsatzes in diesen Wochen nicht nur zu halten, sondern sogar auszubauen.

Absolut überzeugt ist Storck davon, den vierten Laden in Wertheim Anfang Juli wie geplant öffnen zu können. Für Storck ist der Flagshipstore im Main-Tauber-Kreis ein wichtiges Projekt, schließlich hat er dort schon mehr als zwei Millionen Euro in den futuristischen Vorzeigeladen in Holzoptik gesteckt. „Das klappt, da bin ich zuversichtlich.“ Er rechne damit, dass die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen in Deutschland ab dem 4. Mai gelockert würden. Dann werde es wieder zu einer gewissen Normalität kommen, zwar nicht im Vollmodus, aber mit deutlichen Lockerungen. Seinen Optimismus begründet Storck mit dem Corona-Verlauf in China. Seine Lieferanten seien im Schnitt dort zwischen 55 und 60 Tagen außer Gefecht gewesen und jetzt kehrt dort schon fast wieder so etwas wie Normalität ein.

Storck beschäftigt sich intensiv mit den Zahlen und Daten rund um die Corona-Pandemie. Die aktuellsten Zahlen verfolgt Storck über die Datenbank Worldometer. Im Zuge eines anderen umweltpolitischen Engagements habe Storck gemerkt, dass die Informationen, die die Öffentlichkeit bekomme, nicht immer der Realität oder aktuellen Situation entsprechen. Schon vor vier Wochen habe er verschiedene Politiker angeschrieben und eine Ausgangssperre angeregt. Antworten habe er nicht bekommen.

Inwiefern ist die Produktion von Luxuskarossen wie Bugatti, Rolls-Royce und McLaren von der Coronakrise betroffen? Antworten von Mittelstandsheld Bernd Kussmaul, dem Edel-Autozulieferer aus Baden-Württemberg.
von Jürgen Salz

Stattdessen flatterte ihm kürzlich ein Schreiben eines Ministeriums auf den Schreibtisch, das ihn ziemlich geschockt habe. „Wir wurden gebeten, eventuell überschüssige Desinfektionsmittel und Atemschutzmasken zur Verfügung zu stellen“, erzählt Storck. Dabei sei doch im „Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz“ vor sieben Jahren genau dieser Pandemiefall beschrieben worden. Warum seien also keine Beatmungsgeräte, Schutzbekleidung oder Masken gebunkert worden, fragt sich Storck. Da müsste konsequent nachgehakt werden, ob es Versäumnisse gegeben habe. Storck stellt daher auch nicht allen Politikern und Regierungschefs ein gutes Zwischenzeugnis aus. Ausdrücklich lobt er den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz und Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder. „Die beiden haben deutlich früher auf die Bremse getreten“, lobt Storck. Während in NRW beispielsweise noch fröhlich Karneval gefeiert wurde. Wenn es den Sturm im Rhein-Main-Gebiet nicht gegeben hätte und dadurch viele Karnevalsaktivitäten ausgefallen seien, dann wären die Corona-Fallzahlen hier sicher noch dramatischer, ist Storck überzeugt.

Rund ein Drittel seiner Mitarbeiter hat Storck in Kurzarbeit geschickt. Die Storck-Stores führen jedoch noch Reparaturen und Service an den Bikes aus und sein Verkaufsteam berät die Kunden telefonisch beim Bike-Kauf. Von der Regierung sind Fahrräder als systemrelevant eingestuft worden, ähnlich wie Autowerkstätten. Nur verkaufen dürfe Storck nur online. Allerdings sei auch das nicht bundeseinheitlich geregelt. In manchen Bundesländern dürfe noch im Ladenlokal verkauft werden.

Selbstverständlich werde auch bei Storck die Krise auf die Umsätze drücken. Einiges davon könne über Kurzarbeit und eben das starke Umsatzwachstum im Onlinegeschäft abgefedert werden. Storck zu Gute kommt dabei sicherlich auch der Fahrradboom. „Fahrräder an sich, aber vor allem E-Bikes, liegen total im Trend.“ So habe sich der Absatz von E-Bikes in Deutschland seit 2015 fast verdreifacht, von 500 000 auf rund 1,3 Millionen Räder. Und gerade derzeit gilt: „Fahrradfahren ist neben Joggen eine der wenigen Sportarten, die man im Moment noch problemlos machen kann.“

Mehr zum Thema: In der Rubrik Helden des Mittelstands porträtiert die WirtschaftsWoche regelmäßig einen Mittelständler, der eine Herausforderung kreativ, mutig und klug gemeistert hat. Doch was tun diese Helden gegen die Coronakrise? Wir haben nachgefragt. Alle Folgen der Serie „Helden Contra Corona“ finden Sie hier.

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