Helden Contra Corona – Erfahrungsbericht #18 Diese Zeitarbeitsfirma profitiert von der Coronakrise

Benjamin Roos und Andreas Wels Quelle: PR

Der Personaldienstleister Studitemps, ein „Held des Mittelstands“, vermittelt Studierende an Unternehmen. Gerade jetzt suchen viele nach einem Job – und Supermärkte und Logistiker nach flexiblen Arbeitskräften.

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Die Coronakrise beschert Benjamin Roos gerade starke Wochen. Während fast überall in Deutschland Unternehmen ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken oder gar die ersten Kündigungen verteilen, erlebt der Personaldienstleister Studitemps, der sich auf die Vermittlung von Studierenden an Unternehmen spezialisiert hat, gerade einen wahren Boom. Noch nie zuvor gingen auf seinem Portal so viele Bewerbungen ein wie jetzt, noch nie hat er so viele Stellen in so kurzer Zeit besetzen können. „Unser Geschäft ist Flexibilität“, sagt Roos – und es zeige sich, dass ihr Modell gerade gefragter ist denn je.

Supermärkte, Lieferdienste, Logistikunternehmen: Sie alle brauchen in der Coronakrise schnell personelle Unterstützung, um den steigenden Bedarf irgendwie zu meistern. Vor allem Unternehmen in systemrelevanten Bereichen suchen gerade eifrig nach Aushilfskräften, weil die Kaufkraft größer ist und Festangestellte wegen Krankheit oder Kindererziehung ausfallen. Dementsprechend wächst der Kundenstamm von Studitemps: Als Zeitarbeitsfirma stellen die Kölner junge Menschen ein und vermitteln sie dann für kurzfristige Aufträge an die Unternehmen weiter.

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Mit Erfolg: Allein im März hat Studitemps 57.000 Jobeinsätze mit Studierenden besetzt – in einem normalen Monat sind es durchschnittlich 32.000. Besonders deutlich zeigt sich die gestiegene Nachfrage bei Warenverräumern und Verkaufshilfen: Im Vergleich zum Vorjahresmonat verzeichnet Studitemps einen Vermittlungsplus von über 450 Prozent. Über 1000 Supermarktfilialen beliefert das Unternehmen in der Krise mit studentischen Zeitarbeitern. Zudem sei der Bedarf bei Auslieferungsfahrern und Logistikhelfern enorm, so Studitemps-Geschäftsführer Roos.

In Deutschland gibt es über 11.000 Zeitarbeitsfirmen. Vor 12 Jahren ging Studitemps an den Start, seit 10 Jahren liegt der Fokus auf Zeitarbeit von Studierenden. Damit hat das Kölner Unternehmen ein Marktsegment erschlossen, das in der Form bislang nicht existierte. Dabei, so Roos, seien doch gerade Studierende äußerst flexibel – sowohl zeitlich als auch bezüglich der Art der Beschäftigung. Nachdem Corona-bedingt die komplette Modebranche aus dem Vermittlungsangebot weggebrochen war, verteilten die Studitemps-Recruiter die Studierenden auf andere Bereiche. Nun, wo die Pandemie ein normales Sommersemester verhindert und die Seminare und Vorlesungen in digitaler Form ablaufen, haben die Studierenden vor allem eins: Zeit. Begünstigt dadurch, dass die Obergrenze für ihren Netto-Verdienst zeitweilig angehoben wurde, können sie zudem mehr arbeiten. Es ist eine Win-Win-Situation: Die Studierenden verdienen Geld, die Unternehmen kommen schnell und unkompliziert an flexible Arbeitskräfte – und Studitemps freut sich über Umsätze.

„Niemand plant über den 20. April hinaus“

Die Studierenden verdienen im Durchschnitt etwa 11 Euro pro Stunde. Die Kunden – also die Unternehmen, die auf die Leiharbeiter zurückgreifen – müssen in etwa den gleichen Betrag als Provision an Studitemps zahlen. Im Jahr 2018 kamen der Personaldienstleister auf einen Umsatz von 75 Millionen Euro. Wie hoch der im vergangenen Jahr ausfiel, darüber verliert Roos vorerst noch kein Wort. Nur so viel: Es geht weiter bergauf. Das Konzept überzeugte in der Vergangenheit auch Investoren wie unter anderem Holtzbrinck Ventures und Iris Capital, die 25 Millionen Euro Kapital einbrachten.

Studitemps profitiert gerade von der Coronakrise. Doch wie nachhaltig ist der Erfolg?

Geschäftsführer Roos hält es wie so ziemlich alle anderen Unternehmer auch: „Niemand plant gerade über den 20. April hinaus“. Bis dahin gilt die von der Bundesregierung verordnete Kontaktsperre. Wann die Wirtschaft wieder schrittweise hochgefahren wird, ist noch völlig offen – und dementsprechend auch die weitere Entwicklung von Studitemps.

Einen exponentiellen Nachfrage-Boom sieht Roos indes nicht. Im März schalteten deutlich weniger Unternehmen Anzeigen auf Jobmensa, dem Portal, das Studitemps selbst anbietet. Dafür haben sich die Anzeigen für Studitemps Jobs verdreifacht – Studitemps hat allein im März 2020 über 57.500 Jobeinsätze mit Studierenden besetzt, vor allem in systemrelevanten Bereichen. In der Zwischenzeit suchen Roos und sein Team nach weiteren Kunden – zum Beispiel Labore oder auch Landwirte, die Erntehelfer suchen. Langfristig sei es für Studitemps wichtig, dass sich die Schlüsselkunden nach der Krise wieder erholen – und das ist vor allem der Non-Food-Bereich, der vollkommen zum Erliegen gekommen ist.

Ist Studitemps ein Profiteur mit Verfallsdatum? Roos zumindest ist optimistisch: Zeitarbeiter seien zwar diejenigen, die zu Beginn einer Krise als erstes entlassen würden. Aber gleichzeitig auch diejenigen, die in der Nach-Krisenzeit als erstes wieder in Arbeit kämen. Gerade der Einsatz von Studierenden sei dabei flexibel: Jobs gebe es immer, die Einsatzbereiche verschöben sich nur.

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In der Rubrik Helden des Mittelstands porträtiert die WirtschaftsWoche regelmäßig einen Mittelständler, der eine Herausforderung kreativ, mutig und klug gemeistert hat. Doch was tun diese Helden gegen die Coronakrise? Wir haben nachgefragt. Alle Folgen der Serie „Helden Contra Corona“ finden Sie hier.

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