High-Tech Gründerfonds Speed-Dating mit dem Start-up

Beim „Family Day“ des High-Tech Gründerfonds in Bonn kommen Jungunternehmer, Berater und Geldgeber zusammen. Getauscht werden der Digitalisierung zum Trotz noch immer stapelweise Visitenkarten.

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3,1 Milliarden Euro haben Investoren im vergangenen Jahr in deutsche Start-ups investiert. Quelle: Imago

Bonn Anzüge oder gar Krawatten tragen hier so gut wie keine der anwesenden Herren. Und auch die Damen wählen es eher leger. Der Family Day des High-Tech Gründerfonds, das seit Dienstag in Bonn stattfindet, ist so etwas wie das Stelldichein der Start-up-Branche. Wer hier herkommt, der will sich zeigen, Meetings, Networking, Powerpoint-Präsentationen. „Ein ziemlich cooler Case“, schallt es aus einer Runde. Die Auswahl geht vom intelligenten Datenmanagement für Gebäude bis hin zur Tinnitus-Therapie durch speziell gefilterte Musik.

270 Start-ups haben sich versammelt, um an den zwei Tagen in Bonn auf Experten, Business Angels und Investoren zu treffen. Der Ton ist locker, beinahe wie beim Speed-Dating. Nach wenigen Minuten geht es weiter zum nächsten Tisch.

3,1 Milliarden Euro haben Investoren im vergangenen Jahr in deutsche Start-ups investiert. Das haben die Experten der Beratungsgesellschaft EY gerade errechnet. Die Auswahl, auf die sie treffen, ist groß. 300.000 Unternehmen werden pro Jahr in Deutschland gegründet. Gewöhnlich haben die vielmals tolle Ideen und Produkte, es fehlt jedoch am juristischen und manchmal auch am betriebswirtschaftlichen Sachverstand, vor allem aber am Geld.

Den ersten Fonds hat der High-Tech Gründerfonds vor wenigen Jahren gegründet, bald folgt der dritte. 240 Unternehmen wurden mit dem ersten Fonds mit insgesamt 300 Millionen Euro unterstützt. 120 davon sind heute noch in dem Fonds, 60 wurden weiterverkauft, die anderen 60 sind untergegangen. Eine gute Quote. Weil der Ausfall so gering ist.

Kein Wunder, dass gerade ausländische Investoren die Chancen, die sich hier bieten können, erkannt haben. Und sich sehr aktiv umsehen. Beispielsweise sind chinesische Investoren in keinem anderen Land so aktiv wie hier. 36 Akquisitionen gab es im vergangenen Jahr durch Investoren aus dem Reich der Mitte. Nur aus den USA kamen noch einige mehr.


Junge Unternehmen sind im Ausland oft überfordert

Für die Start-ups sind das in der Regel hochwillkommene Partner. Und das nicht nur deswegen, weil so frisches Geld in die Kasse kommt. „Erforderlich sind gute Kontakte und Netzwerke vor Ort, die beim Markteintritt, den örtlichen Anforderungen, und Gegebenheiten oder auch bei der Standortauswahl für eine Niederlassung unterstützen“, bringt es Michael Brandkamp auf den Punkt. Der Geschäftsführer des High-Tech Gründerfonds ist an diesem Tag nicht nur Gastgeber, sondern auch Brückenbauer für die gut 1000 Teilnehmer mit den unterschiedlichen geschäftlichen Absichten.

Denn egal, ob es nach China oder in die USA geht, in der Regel sind die jungen Unternehmen mit Regularien, Markt und Anforderungen überfordert. „Das Problem ist dann häufig die Führungsmannschaft, die meint, alles zu wissen“, beobachtet Christoph Lengauer häufig. Der Südtiroler ist seit Herbst vergangenen Jahres der Chef von German Accelerator Life Sciences, einem vom Bundeswirtschaftsministerium gegründeten Partner für die deutschen Unternehmen der Branche, die in den USA Fuß fassen wollen. Im Cambridge bei Boston hat er dazu ein Büro eröffnet. Dort, wo alles, was in der Branche weltweit Rang und Namen hat, ebenfalls sitzt.

Allein die Dimension, die das Thema Life Science dort auf wenigen Quadratkilometern hat, schüchtert viele deutsche Start-ups bereits ein. Das 14-stöckige Gebäude, in dem Lengauer sein Büro hat, beherbergt sage und schreibe 876 Start-ups, davon über 500 aus dem Biotech-Sektor. „Das sind mehr, als in Deutschland in 20 Jahren gegründet wurden“. In direkter Nachbarschaft logieren Microsoft und Google mit ihren Life Science-Abteilungen. Und wiederum daneben alle Pharmariesen der Welt wie Roche, Novartis, Bayer oder Pfizer.

Aber auch hier ist es trotz großer Nähe nötig, dass Ideen, Kunden und Geld auch zusammenfinden. Jeden Dienstagnachmittag ist deswegen beispielsweise das Venture Capital Cafe geöffnet.

Eines müssen interessierte deutsche Start-ups indes schon beherzigen, ehe sie den Schritt über den großen Teich wagen. „Wenn eine Firma in Deutschland schon Schwierigkeiten hat, dann wird es auch in Amerika nicht gut werden“, gibt Christoph Lengauer allen Interessierten mit auf den Weg.

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