Immer wieder innovativ Findige Mittelständler erfinden Alltagsprodukte neu

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Fälschungssichere Tickets

Manufakturchef Christian Kurtzke will die Porzellanmarke Meissen zum Label für weitere Luxusartikel wie Gürtel, Füllfederhalter und Mode aufbohren. Kritiker warnen vor Übertreibung.
von Lin Freitag

Die Fotovoltaikanlage auf der 2500 Quadratmeter großen Dachfläche fällt schon von Weitem ins Auge. Drinnen, in der Zentrale des Druckunternehmens Nagels im niederrheinischen Kempen, geht es zu wie in einem Hochsicherheitstrakt. Diskretion ist Teil des Geschäftsmodells. Selbst den meisten Mitarbeitern ist der Zugang zu einem speziellen Produktionsraum verwehrt. Was hier über die Druckmaschinen rattert, sind fälschungssichere Tickets für Popkonzerte oder Sportveranstaltungen. Zum Sicherheitsrepertoire zählen Hologramme, fluoreszierende Farben, UV-Lack, Barcodes sowie spezielle Prägungen.

Auch Parktickets laufen über die Maschinen und werden bald auch mit RFID-Funketiketten bestückt. Die Technik erlaubt eine berührungslose Zugangskontrolle im Parkhaus: „Wer ein Parkticket im Portemonnaie in der Jackentasche trägt, fährt an die Schranke – das Ticket wird gescannt, ohne dass er es rauskramen muss“, erläutert Inhaber Werner Nagels.

Nagels Group

Zusammen mit seinem Bruder Thomas hat Nagels aus dem kleinen Druckbetrieb des Vaters die Nagels Group geschaffen. Ihren technischen Vorsprung halten die Niederrheiner auch, indem sie immer wieder hoch innovative Unternehmen im In- und Ausland zukaufen.

230 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen, das weltweit etwa 31 Millionen Euro umsetzt. Allein drei Milliarden Parktickets druckt Nagels in einem Jahr. In Deutschland stehen mehr als 100 Städte und 3000 Parkhäuser auf der Kundenliste. Zudem greifen in 63 Ländern Kunden auf die Dienste des Ticketspezialisten zurück. Und das nicht nur beim Parken: Nagels produziert auch Fahrscheine, Fähr- und Mauttickets beispielsweise für Metrozüge in den USA, für Busse und Bahnen in Österreich oder für Fährverbindungen nach Großbritannien und Skandinavien.

Einkaufswagen für Aldi

Wer irgendwo auf der Welt einen Einkaufswagen durch die Gänge eines Supermarktes schiebt, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Produkt von Wanzl in der Hand: Etwa 2,5 Millionen Stück verlassen jährlich die Werkstore des Weltmarktführers aus dem schwäbischen Leipheim.

Einen ähnlichen Weltmarktanteil von 50 Prozent hat sich Wanzl auch bei Flughafen-Gepäckkarren gesichert: Ob in Paris, Tokio, Dubai, Shanghai oder Seoul, in mehr als 300 Flughäfen rollen Gepäckkulis der Marke Wanzl durch den Airport.

Gründer Rudolf Wanzl erfand 1950 den Urtyp des Einkaufswagens. Der Expansionsdrang der Lebensmittelketten half den Bayern: Mit jeder neuen Filiale von Aldi und Co. legte das Geschäft zu. Heute setzt Wanzl mit mehr als 4000 Mitarbeitern 530 Millionen Euro um. „Wir hatten das Glück, dass unsere heimischen Discounter und Großmärkte wie die Metro schnell ins Ausland strebten und uns mitgenommen haben“, sagt Geschäftsführer Gottfried Wanzl. „Unsere ausländischen Wettbewerber konnten von diesem Sogeffekt nicht profitieren, weil die Händler dort keine internationale Strategie verfolgten.“

„Unsere Kunden suchen auch nach kompletten Lösungen“, sagt Wanzl. 1991 kam die Ladenbausparte mit Regalsystemen hinzu. Inzwischen existiert eine Palette an Produkten und Dienstleistungen von der Parkbox für Einkaufswagen über Pfandsysteme und Kassensperren bis zu Einkaufskörben und Zutrittskontrollen. Mit diesen Alles-aus-einer-Hand-Angeboten kompensiert Wanzl die nachlassende Dynamik der Handelsketten. „In den klassischen Märkten sind die Boomjahre vorbei. Zusätzliches Potenzial sehen wir aber noch in Asien, Afrika und Südamerika“, sagt Wanzl. In den USA schnappten sich die Schwaben vor einem Jahr mit Technibilt/Carri-Allin den größten Einkaufswagenhersteller Nordamerikas.

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