Innovativer Mittelstand Bien-Zenker setzt auf ruckelnde Roboter

Innovativer Mittelstand: Bien-Zenker Quelle: PR

Fertighausbau war bisher vor allem Handarbeit. Der Mittelständler Bien-Zenker setzt als Erster auf einen Roboter – und markiert so neue Maßstäbe in Sachen Effizienz.

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Der blaue Roboter greift über sich ins Regal, hebt einen Holzbalken an und legt ihn behutsam in den Rahmen, der später eine Wand tragen soll. Das dauert nicht mal eine Minute – ein Vielfaches weniger als noch vor einem Jahr. Da maßen Arbeiter die Abstände zwischen den Hölzern und wuchteten sie dann mit einem Kran an die richtige Stelle. Im Zwei-Schicht-Betrieb beschäftigte der Vorgang jeweils drei der insgesamt gut 500 Mitarbeiter des Fertighausherstellers Bien-Zenker aus dem hessischen Schlüchtern.

Dessen Geschäftsführer Jürgen Hauser steht fast andächtig vor der Anlage. Sein Unternehmen hat als erster Fertighausbauer in Europa auf einen Industrieroboter gesetzt. Von dem ist nicht nur Hauser begeistert: Seine Mitarbeiter hätten weniger Rückenschmerzen, weil sie die Balken nicht mehr mit einer Nagelpistole fixieren müssten. Vor allem aber sei die Kapazität deutlich höher. Statt bisher 750 Häusern im Jahr seien mit der neuen Anlage nun bis zu 1000 drin.

Die könnten gefragt sein. Im ersten Halbjahr 2018 genehmigten deutsche Behörden fast 50 000 Ein- und Zweifamilienhäuser, davon rund 9500 Fertigbauten. Der Markt ist umkämpft. Christoph Windscheif vom Bundesverband Deutscher Fertigbau prognostiziert, dass die hohen Grundstückspreise die Baulust dämpfen und zu einem Verdrängungskampf führen werden. Bien-Zenker setzt deshalb auf Effizienz. „Wir wollen der Konkurrenz durch Innovation stets einen Schritt voraus sein“, sagt Hauser.

Der Start mit dem technischen Helfer war holprig. „Es gab keine Erfahrungswerte, der Roboter hatte noch nie zuvor mit Holz gearbeitet“, sagt Hauser. „Deshalb haben wir ganz eng mit dem Lieferanten kooperiert. So konnten wir sehr schnell vom Probebetrieb in die Produktion übergehen.“ Dafür musste der Roboter aber dazulernen. Wenn ein Balken früher nicht perfekt in die Aussparung passte, ruckelten die Angestellten einfach so lange herum, bis er saß. Der Roboter aber streikte sofort. Inzwischen haben Hausers Kollegen ihm beigebracht, sich auf kleine Abweichungen einzustellen: Er dreht das Holz und versucht es, bis der Balken endlich in den Rahmen rutscht – genauso wie ein menschlicher Kollege. Nur schneller.

Hauser will den Prozess weiter verbessern und plant, noch mehr Arbeitsschritte zu automatisieren. Schon jetzt wäre es etwa technisch möglich, dass Maschinen statt Menschen die Wände verputzen. Menschliche Mitarbeiter wird das Unternehmen dennoch brauchen.

Als der Roboter in die Firma kam, musste niemand seinen Job aufgeben und gehen. Die Mitarbeiter schleppen nur keine schweren Holzbalken mehr, sondern beaufsichtigen die Produktionsanlage, warten und befüllen sie. Die Halle dürfte bei höherer Kapazität irgendwann zu klein werden. Dann wird sich Hauser wieder etwas einfallen lassen müssen.

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