Innovativer Mittelstand Edding muss permanent Farbe bekennen

Innovativer Mittelstand: Edding Quelle: imago images

Edding ist im WiWo-Ranking der innovativste Mittelständler Deutschlands. Denn obwohl in Büros weniger Stifte gebraucht werden, erschließt sich Edding erfolgreich neue Märkte - ohne seinen Kern zu vergessen.

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Vielleicht geht Edding bald auch unter die Haut. Per Ledermann, in zweiter Generation Chef des Familienunternehmens aus Ahrensburg, denkt ernsthaft darüber nach. Schon seit Jahrzehnten produziert das Unternehmen Stifte, mit denen Ärzte bei Operationen die Skalpell-Schnittlinien markieren. Tinte für Tätowierer wäre da ein logischer nächster Schritt, sagt der Mittelständler. Und eine Chance für mehr Wachstum. Laut Studien trägt mittlerweile jeder fünfte Deutsche mindestens ein Tattoo. Tendenz steigend.

Tätowierungen Marke Edding, womöglich gar eigene Studios, sind bisher nur eine Idee. Die aber zeigt, wie man bei dem Filzstifthersteller denkt. Per Ledermann, Sohn des Co-Gründers, hat die Geschäfte im Jahr 2005 übernommen. Seit fast 60 Jahren gilt Edding als Synonym für dicke Filzstifte mit nicht löslicher Farbe, die Permanentmarker. Spätestens mit Fertigstellung einer hausinternen Studie im Jahr 2012 hat sich in dem Familienunternehmen dann viel verändert. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Nachfrage nach Stiften binnen weniger Jahre um mehr als ein Drittel sinken würde. Denn in digitalisierten, papierlosen Büros wird nicht mehr mit ihnen geschrieben.

Das 1960 mit nur 500 D-Mark Startkapital von Volker Ledermann und Carl Wilhelm Edding gegründete Unternehmen hat heute mehr als 600 Mitarbeiter, produziert in 110 Ländern und bilanziert einen Konzernumsatz von rund 150 Millionen Euro. Die Marke hat einen Bekanntheitsgrad von 96 Prozent, fast jeder verbindet mit ihr die dicken Filzer, von denen Edding schon zehn Jahre nach der Gründung 100 Millionen Stück verkaufte.

„Wir hatten Druck, uns schnell zu verändern“, erinnert sich Ledermann. Mit seinen Kollegen überlegte er, wofür Edding abseits von herkömmlichen Stiften stehen könnte. „Das zog heiße Diskussionen nach sich“, sagt der Firmenchef. Deren Ergebnis lautete schließlich „Farbe dauerhaft auf Oberfläche bringen“. Die neue Definition des Markenkerns eröffnete neue Möglichkeiten. So stellt Edding heute auch Druckerpatronen, Nagellack und Farbe in Spraydosen her.

Innovationen bei Edding müssen immer drei Kriterien entsprechen: Die Tinten und Lacke sollen lange halten, permanent decken und einen satten Farbton zeigen. Und wenn Edding ein neues Produkt auf den Markt bringt, muss es im ersten Jahr einen Umsatz von mindestens einer Million Euro erzielen. Bei den Druckerpatronen hat das Unternehmen das Ziel bereits weit übertroffen. Allein in den ersten zwölf Monaten lag der Umsatz bei zehn Millionen Euro.

Kleine Kosmetik-Revolution

Nagellack läuft nicht ganz so gut. Der war im Jahr 2015 eine kleine Revolution für das Unternehmen. „Passt das überhaupt zu uns?“, fragte sich Ledermann damals. Nach einer Studie des Marktforschungsinstituts GfK trauten Frauen Edding den Kosmetikartikel zu, jedenfalls deutlich mehr als anderen Unternehmen. Heute stehen die bunten Fläschchen, deren Design an Edding-Filzer erinnert, in vielen Parfümerien.

Edding positioniert seine Produkte in der mittleren Preisklasse. Wenn die billigste Sprühdose im Baumarkt 2,99 Euro kostet, ist der Lack von Edding bei halbem Inhalt doppelt so teuer. Bei Tintenpatronen liegt der Preis zwischen dem der Originalpatronen der Hersteller und der Massenware aus dem Supermarkt. „Unsere Kunden wissen dafür, was sie bekommen“, verspricht Ledermann.

Nicht alle Ideen haben die Ahrensburger umgesetzt. „Innovation heißt, auch mal nein zu sagen“, sagt Ledermann. Mehrere Jahre hätten seine Kollegen und er etwa überlegt, in den Markt für Wandtapeten einzusteigen, sich aber wegen des harten Wettbewerbs letztlich dagegen entschieden.

Aktuell arbeitet das Unternehmen an einer Tinte, die unsichtbare Informationen enthalten soll. Ledermann lässt durchblicken, dass sich die mit einer Software auf dem Handy entschlüsseln lassen soll. Er zielt mit ihr auf Luxusmarken wie Gucci und Chanel. Ein Kunde müsse das Emblem mit der Tinte nur per Handy erfassen und könnte erkennen, ob eine Tasche echt ist. Edding bleibt damit permanent – und bekennt gleichzeitig noch mehr Farbe.

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