Investoren Retter aus Fernost

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Kein Markt für Haushaltsnähmaschinen

Präzise Schnitte: Die Chinesen interessiert das Know-how von Dürkopp Quelle: Frank Reinhold für WirtschaftsWoche

Mit 4.000 Stichen pro Minute rattern die Maschinen in der überhitzten Halle. Normale Haushaltsnähmaschinen bringen es auf 700, 800 Stiche. Die stellt Dürkopp nicht mehr her: Da es in den Industrieländern kaum noch nähende Hausfrauen gibt und Dürkopp in den Entwicklungsländern nicht mit Billiganbietern konkurrieren kann, ist der Markt zu klein geworden.

Kottmann führt ein Spitzenexemplar vor. Er tippt auf einem Touchscreen-Monitor, ein roter Lichtstrahl blitzt auf. Der Laser fixiert den Stoff, er steuert die Nähnadel, mit Druckluft wird das Tuch durch die Maschine gelotst, alles computergesteuert. Ein paar Sekunden später ist eine Innentasche eingenäht. Kottmann: „Eine gute Arbeiterin schafft an dieser Maschine 2.200 Hosen am Tag. Per Hand wären es keine 150.“

Mittlerweile hat sich sogar noch ein zweiter chinesischer Investor an den technisch versierten Bielefeldern beteiligt. Der Nähmaschinenhersteller Zoje mit 1.700 Mitarbeitern hält 29 Prozent der Aktien, Shang Gong noch 65,5 Prozent. Der Rest befindet sich in Streubesitz.

Technologieklau ist für Kottmann immer noch kein Thema: Auf die Kompetenz der langjährigen deutschen Mitarbeiter könnten die Chinesen nicht verzichten, sagt er. „Wenn sie die Anlagen hier abbauen und nach China bringen, kriegen sie es in der Qualität nicht hin. Da haben sie nichts von. Die sind clever genug, die Kuh in Europa nicht zu schlachten, sondern gut zu füttern, damit sie weiter Milch gibt.“

Inzwischen helfen die Deutschen den Chinesen in Entwicklung und Produktion – und gewinnen selbst dabei. Denn seine Einstiegsmodelle konnte Dürkopp nicht mehr kostendeckend in Deutschland herstellen, muss den Kunden aber die ganze Palette anbieten. Sie werden inzwischen in chinesischen Produktions-Joint-Ventures produziert. Dürkopp kann sicher sein, dass die Maschinen den Standards des Unternehmens genügen: Die Bielefelder haben die Modelle selbst mit entwickelt.

Positive Entwicklung

Seit 2010 wächst das Geschäft wieder rasant. Im ersten Halbjahr 2011 erzielten die Bielefelder einen Umsatz von 47 Millionen Euro – fast so viel wie im gesamten Krisenjahr 2009. „Unsere Auftragsbücher sind prall gefüllt“, sagt Kottmann, der von einer Rezession noch nichts spürt: Die Nachfrage aus Asien ist stark, das Geschäft in Europa und den USA zieht an.

Dass das Unternehmen eine solche Zukunft hat, hat es den Chinesen zu verdanken, die Dürkopp Adler in den Verlustjahren 2008 und 2009 die Stange gehalten haben. 2010 erwirtschaftete Dürkopp bereits wieder einen operativen Gewinn von 5,9 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2011 waren es bereits 5,3 Millionen Euro.

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