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Iran-Sanktionen „Mittelständler mit Iran-Geschäft sind wie gelähmt“

Die Sanktionen der USA gegen den Iran belasten auch Geschäfte deutscher Mittelständler

Für Unternehmer mit Iran-Geschäft ist die Festnahme der Huawei-Finanzchefin der nächste Tiefschlag. Anwalt José Campos Nave weiß, welche deutschen Mittelständler im Iran noch Geschäfte machen – und mahnt zur Vorsicht.

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WirtschaftsWoche: Herr Campos Nave, gerade wurde in Kanada die Finanzchefin des chinesischen Telekom-Konzerns Huawei auf Veranlassung der USA festgenommen, weil der Konzern gegen die Iran-Sanktionen der USA verstoßen haben soll. Müssen europäische Manager und Mittelständler, die Geschäfte mit Iran machen, nun Angst vor USA-Reisen haben?
José Campos Nave: Es gibt zweifelsohne Grund zur Sorge. Ich kann das auch aus einer persönlichen Perspektive sagen, weil ich als Geschäftsführender Partner des Büros von Rödl & Partner im Iran natürlich in allen Akten in dieser Position aufscheine. Natürlich könnte das bei USA-Reisen Konsequenzen haben. Ich kann aber noch nicht abschließend bewerten, ob das wirklich der Fall ist und wenn ja, welche Konsequenzen das sind. Ich würde im Moment aber keinem CEO eines Unternehmens, das mit Iran viel zu tun hat und das von einer gewissen wirtschaftlichen Relevanz ist, raten, in die USA zu reisen.

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Aber es sind doch nicht alle Branchen von den Sanktionen betroffen. Gilt Ihr Rat denn für alle Branchen?
Die Sanktionen verbieten längst nicht alle Geschäfte mit Iran und erlauben sogar eine ganze Bandbreite an solchen Geschäften, das stimmt. Das Problem ist allerdings das Chaos, das derzeit besteht und das im Moment gar keine scharfe Trennlinie zwischen erlaubt und verboten zulässt. Die USA haben mit den Sanktionen ein massives Chaos angerichtet. Unternehmer wissen einfach nicht, was jetzt erlaubt ist und was nicht. Die Geschäftsleute sind wie gelähmt. Es herrscht Chaos.

Rödl & Partner berät weltweit deutsche Mittelständler. Wie viele Kunden haben Sie denn noch in Iran?
Jetzt sind wirklich nur noch jene Unternehmen in Iran, die es einfach nicht geschafft haben, vor dort wegzukommen. Fast alle größeren Mittelständler, die Geschäfte mit Iran haben, sind auch in den USA aktiv. Das Handelsvolumen mit den USA ist aber achtzig Mal größer als das mit Iran. Keiner will sich das USA-Geschäft verderben, auch wenn die Branche vielleicht gar nicht von den Sanktionen betroffen ist. Deshalb sind wirklich so gut wie alle aus dem Iran rausgegangen.

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Mit welchen Schwierigkeiten kämpfen die Unternehmen beim Rückzug aus dem Iran-Geschäft?
Wenn ein Unternehmen bloß in den Iran geliefert hat und etwa ein Vertriebssystem und Lagerhallen aufgebaut hat, ist das ja schnell abgebaut und aufgegeben. Jene Unternehmen, die vor Ort Fertigungshallen hatten, haben natürlich ein größeres Problem. Besonders betroffen sind allerdings die Unternehmen, die in Iran Photovoltaik und Windparks gebaut haben. Solche Parks haben schnell ein Volumen von 15 Millionen Euro. Und diese Anlagen kann man nicht so einfach abbauen und mitnehmen.

Welche Branchen sind von den Iran-Sanktionen besonders betroffen?
Was die Sanktionen explizit verbieten, sind alle Geschäfte im Bereich der Flugtechnik, der Rüstung und mit einigen Ausnahmen der Erdölindustrie. Natürlich betreffen die Sanktionen auch alle Zulieferer dieser Branchen. Wer Stahlplatten in den Iran verkauft, muss sich also fragen, wofür diese eingesetzt werden. Zudem ist es gar nicht mehr möglich, Produkte in den Iran zu liefern, weil der Zahlungsverkehr durch die USA unterbunden wurde. Sie können als Unternehmen zwar Produkte in den Iran liefern, die nicht von den Sanktionen betroffen sind, werden dafür aber wahrscheinlich keine Zahlung erhalten.

Deutschland und Frankreich wollen gerade eine Zweckgesellschaft für den Iran-Handel gründen. Wie erfolgreich ist die EU mit ihren Versuchen, die Geschäftsbeziehungen mit Iran aufrecht zu erhalten?
Die EU ist in Sachen Iran ein zahnloser Tiger. Es hat ja schon mehrere Versuche von Zweckgesellschaften gegeben, um den Handel über Möglichkeiten des Tausches aufrecht zu erhalten. Das hat bislang nicht gefruchtet und ich fürchte, dass das auch weiterhin nicht funktionieren wird.

Als Experte für den Nahen Osten betreuen Sie auch deutsche Unternehmen in Saudi-Arabien. Droht dort das nächste Fiasko für deutsche Wirtschaftstreibende?
Die Situation ist nicht zu vergleichen. Iran ist ein Markt mit 80 Millionen Menschen, der vor den US-Sanktionen von hoher Rechtssicherheit geprägt war. Das war für sämtliche Branchen ein relevanter Absatzmarkt, gerade für Güter des täglichen Bedarfs. Diese Rechtssicherheit besteht in Saudi Arabien nicht und hat auch vor dem mutmaßlichen Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi nicht bestanden. Es gibt kaum deutsche Mittelständler in Saudi-Arabien. Bis auf die Rüstungsindustrie hat der Vorfall bislang auch keine Auswirkungen auf die Handelsbeziehungen gehabt. Die USA sind gegenüber Saudi-Arabien noch zu unentschieden, als dass man hier Prognosen machen könnte. 

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