Früher, das war bis 2009. Bis dahin waren die Klosterbetriebe und die Dorfmolkerei Scheitz sogar als Geschäftspartner verbunden. Der Haussegen hängt schief, seit das Kloster den Liefervertrag mit der Molkerei kündigte und den in der hauseigenen Gastronomie angebotenen Frischkäse seither selbst produziert.
Warum die Mönche die langjährigen Geschäftsbeziehungen aufkündigten, darüber gibt es nur Vermutungen. Ein möglicher Grund: 1999 war der französische Milchkonzern Bongrain – mit einem Umsatz von vier Milliarden Euro Nummer zwei im Käseland Frankreich, Marktführer in Deutschland und Hersteller bekannter Sorten wie Bresso, Géramont, Edelweiss, Le Tartare oder Saint Albray – mit einer Drittelbeteiligung bei Scheitz eingestiegen.
2007 reduzierte Bongrain seine Beteiligung zwar auf 24,8 Prozent. Klostersprecher Glaab behauptet aber, mit dem Einstieg der Franzosen hätten sich Unternehmenskultur und Marketingphilosophie beim früheren Geschäftspartner stark verändert. „Die Molkerei ist eine langjährige Nutznießerin des Klosters und unserer Bekanntheit, wir sehen eine reale Gefahr für das Kloster, wenn Milch und Molkereiprodukte der Molkerei Scheitz zu einem Teil gar nicht mehr aus Andechs kommen“, ereifert sich Glaab. Nach dem strengen Verdikt der Benediktiner darf nur Andechs drin sein, wo Andechs draufsteht.
Bongrains paneuropäische Pläne
Barbara Scheitz, die 44 Jahre alte Molkerei-Geschäftsführerin, findet das ungerecht: „Unsere Milch stammt zum Großteil von unseren 600 Biobauern im Umkreis.“ Auch dass der französische Teilhaber irgendeinen Einfluss nehme, bestreitet sie entschieden: „Wir sind finanziell und im Tagesgeschäft unabhängig, Bongrain ist bei uns nur stiller Teilhaber.“ Branchenexperten sind da nicht so sicher: Die Beteiligungspolitik von Bongrain verfolge durchaus die Strategie, sich mit Beteiligungen im Markenartikelbereich eine starke Position im deutschen Biomarkt zu sichern. Dieser, heißt es dazu nur vage bei Bongrain, „habe zunehmende Bedeutung in der paneuropäischen Planung“. Molkerei-Chefin Scheitz jedenfalls will nicht auf die eigene Marke mit Hinweis auf Andechs verzichten: „Sie ist seit März 2008 geschützt und für uns im Markt überlebenswichtig. Wir haben nun einmal unseren Firmensitz hier in Andechs und das Recht, uns auf unsere Herkunft zu berufen.“ Die Ordensmänner berufen sich indes auf die älteren Rechte: Schon 1924 hätten sich die Klosterbetriebe die Markenrechte schützen lassen – nicht nur für das bekannte Bier, sondern auch für Milchprodukte.
Sicherheitshalber machen die Bier brauenden Benediktiner auch noch ein ganz großes Fass auf: Im Rechtsstreit beschwören sie nicht nur ihre geschichtliche, sondern auch noch die „vorausschauende“ soziale Verantwortung für das Kloster und dessen Obdachlosenhilfe in München. „Wir werden unsere Markenrechte wahren und damit die Verwurzelung des Klosters in der Region unterstreichen“, donnert Glaab vom Berg herunter. Tatsächlich geht es dem Kloster wohl eher darum, markenrechtliche Trittbrettfahrer von vornherein auszubremsen: Ein Albtraum wäre es, würde etwa einer der großen Brauereikonzerne auf die Idee kommen, eine zweite Andechser Biermarke einzuführen.
Einigungsversuche werden abgeblockt
Zwar kommen sich Kloster und Molkerei geschäftlich kaum ins Gehege, da sie unterschiedliche Kundschaft bedienen: Andechser Klosterbier wird zu 80 Prozent vor Ort, in Kirchturmnähe und in Oberbayern ausgeschenkt. Die Biomilchprodukte von Scheitz sind deutschlandweit von Garmisch bis Flensburg in den Kühltruhen von Supermärkten zu finden. Die Hartleibigkeit der Mönche, die zu keinem Kompromiss bereit sind, passt auch gar nicht zu den Leitsätzen der Klosterbetriebe. Immerhin verpflichten sich die Geistlichen darin zum Ausgleich: „Wir hören aufeinander und sprechen miteinander. Wir arbeiten miteinander und nicht gegeneinander.“
Darauf wartet Molkerei-Geschäftsführerin Scheitz aber bis heute vergebens. Sie beklagt, alle ihre Einigungsversuche würden seit sieben Jahren vom streitbaren Abt des Klosters abgeblockt. „Wir haben uns sogar an den Münchner Kardinal Reinhard Marx mit der Bitte um Schlichtung gewandt – ohne Ergebnis“, resümiert die Unternehmerin. „Der Streit nützt nur den Anwälten.“ Allein von deren Gebühren könnte sie zwei neue Arbeitsplätze schaffen.
Hilfe, so scheint es, kann jetzt nur noch von ganz oben kommen. Vielleicht durch eine Fürbitte in der Klosterkirche: Herr, wirf Einsicht und Frieden runter!