Kreative Zerstörer „Der Mittelstand wandelt sich dramatisch“

Munich Strategy-Gründer Sebastian Theopold. Quelle: PR

Wie verändert sich der deutsche Mittelstand? Sebastian Theopold, Gründer von Munich Strategy, über neue Dynamiken im Mittelstand und die bedenkliche Haltung vieler Mitarbeiter.

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Sebastian Theopold ist der Gründer von Munich Strategy. Die Beratung hat im Auftrag der WirtschaftsWoche bereits zum sechsten Mal die Innovationskraft von 3500 mittelständischen Unternehmen analysiert – und daraus die Innovationsführer Deutschlands ermittelt. Im Interview spricht Theopold über die zentralen Erkenntnisse der Untersuchung.

Herr Theopold, Sie und Ihre Kollegen haben für uns das Ranking der innovativsten Mittelständler Deutschlands erstellt. Was ist Ihnen diesmal aufgefallen? Wie verändert sich gerade der deutsche Mittelstand?
Der Mittelstand wandelt sich gerade dramatisch. Es gibt eine völlig neue Dynamik, ein völlig neues Verständnis. Wir sehen zahlreiche Unternehmer, meist zwischen 30 und 45 Jahre alt, die sich gerade von den Prinzipien ihrer Großväter und Väter lösen. Das sind kreative Zerstörer, die jede Menge Unordnung stiften, im positiven Sinne. Sie haben verstanden, dass zu viel Tradition und Besinnen auf die eigene Firmenhistorie der echten Disruption im Weg stehen. Denn Innovation ist heute etwas anderes als vor 50 Jahren. Innovation besteht heute nicht mehr nur darin, an neuen technischen Lösungen zu arbeiten, also produktzentriert zu denken. Es kommt heute vor allem darauf an, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Das klingt erstmal nicht besonders neu. An welche Unternehmen denken Sie dabei?
Für den produktfixierten deutschen Mittelstand ist das aber ein gewaltiger Schritt. Ein gutes Beispiel ist Beurer aus Ulm. Die haben einst mit Heizkissen für die Rentnergeneration begonnen. Jetzt programmieren sie Gesundheits- und Lifestyle-Apps. Daran sehen Sie, wie konsequent das neue Konsumverhalten in den Mittelpunkt gestellt wird. Oder Ravensburger, der Spielehersteller. Jahrelang hat man dort ausschließlich auf analoge Brettspiele gesetzt. Seit die nächste Generation dort das Ruder übernommen hat, erzielt Ravensburger auch mit Digitalversionen und Spiele-Apps große Erfolge. Ich denke auch an Trilux, einen Leuchtenhersteller, der die Kunden, ähnlich wie Apple, in ein geschlossenes System holt.

Wie viele Mittelständler haben sich denn bereits auf den Weg gemacht?
Ungefähr ein Viertel springen gerade auf diesen Zug auf…

Und wie viele hinken hinterher?
Ich würde rund ein Drittel zu den Ewiggestrigen zählen. Für den Rest bin ich durchaus optimistisch.

Zahlt sich Innovation eigentlich aus? Oder verlieren die Unternehmen erst einmal Geld?
Im Gegenteil. Unsere Daten belegen, dass die 100 innovativsten Unternehmen im Schnitt ein Umsatzwachstum von elf Prozent erreichen, deutlich mehr als im übrigen Mittelstand, wo der Durchschnittswert zwischen drei bis vier Prozent liegt. Ähnlich ist es beim Gewinn: Die Innovatoren bringen es, gemessen am Umsatz, im Mittel auf eine Marge von 7,5 Prozent. Der Durchschnitt liegt bei fünf bis sechs Prozent.

Was kann denn den Erfolg von Innovation noch verhindern?
Die Haltung von manchen jungen Eigentümern. Da gibt es einige, die das Unternehmen in der dritten Generation besitzen, leider dort aber nie operativ „an der Werkbank“ gestanden haben. In vielen Fällen steuern sie den Betrieb im Remote-Modus aus dem Beirat, bauen dadurch aber keine echte Bindung zum Unternehmen auf. Wer als Unternehmer innovativ sein will, der muss aber ins Tagesgeschäft eintauchen. Denn nur dort entstehen die Ideen.

Können Sie Namen nennen?
Nein, da bin ich diskret. Zumal ja auch die Haltung vieler Mitarbeiter bedenklich ist. Es gibt auch bei Mittelständlern Beschäftigte, bei denen man den Eindruck hat, dass sie zu satt sind. Im Vergleich dazu beobachte ich speziell in Asien, dass die Leistungsbereitschaft deutlich höher ist. Das spüren wir dann auch in der globalen Wettbewerbsarena, in der sich ein Mittelständler behaupten muss. Dabei haben die deutschen Mittelständler im Prinzip am Weltmarkt gute Chancen. Diese besondere Mischung aus klassischem Unternehmertum und neuem Denken finden Sie nirgendwo anders und das macht mir Hoffnung.

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