LKW-Raub So jagen Diebesbanden auf Autobahnen nach Beute

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Ermittlungen ohne Bürokratie

„Unser großer Vorteil gegenüber der Polizei ist, dass wir auch ohne bürokratischen Aufwand in allen Bundesländern und auch grenzübergreifend ermitteln können“, sagt der Detektiv. Denn auch seine Gegenspieler agieren längst international. Sie verschieben über Tarnfirmen im In- und Ausland regelmäßig Waren und Gelder oder nutzen ein undurchschaubares Dickicht aus Akteuren.

So kam Fahnder Hepperle unlängst der Fall eines norddeutschen Herstellers unter, der 25 Tonnen Käse nach Frankreich transportieren wollte. „Die hatten einen Wert von rund 250 000 Euro“, sagt Hepperle. Der deutsche Spediteur, der den Käse normalerweise verfrachtete, hatte keine Kapazitäten frei und schrieb die Lieferung an einer Frachtenbörse aus, über die Spediteure aus ganz Europa Angebote unterbreiten können. Hinter der Firma, die den Auftrag bekam, steckten jedoch Betrüger.

Welche Güter die Banden klauen (zum Vergrößern bitte anklicken)

Eigentlich, sagt Hepperle, hätte der Spediteur das mit etwas Vorsicht und wenigen Fragen herausbekommen können. „Die hatten nur Handynummern angegeben und besaßen auch keine Firmen-E-Mail-Adresse, das war sofort verdächtig“, sagt er. Auch die Versicherungspapiere waren gefälscht. Doch um solche Dokumente zu überprüfen, bleibt im hektischen und margenschwachen Speditionsgeschäft oft keine Zeit. „Wir konnten noch feststellen, dass der Käse nicht nach Frankreich, sondern nach Ungarn gebracht wurde“, erinnert sich Hepperle. „Aber da haben wir die Spur verloren.“

Bis auf den Balkan

Frachtbörsen gehören mittlerweile zu den besten Beutegründen der Lkw-Banden, sagt Sicherheitsexperte und ISCS-Chef Franke. „Die Diebe kommen so ganz einfach an Daten“, sagt er. Ein paar gefälschte Dokumente genügen. Schon wissen sie, wann und wo wertvolle Fracht übergeben werden soll.

Um Geschäftskontakte anzubahnen, nutzen Kriminelle oft Unternehmen, die nur noch als rechtliche Hüllen existieren. Dazu kaufen sie zum Beispiel Speditionen, die vor der Insolvenz stehen, und sichern sich so deren Namen. Mit deren Hilfe greifen sie dann Frachtaufträge ab. „Für die Kunden ist es in solchen Fällen nicht mal ersichtlich, dass sich an dem übernommenen Unternehmen etwas geändert hat. Der Name, die Adresse, das bleibt ja alles gleich“, sagt ISCS-Chef Franke. Wenn die Diebstähle dann auffallen, ist die Firma meist aufgelöst, und die Täter sind weitergezogen.

Welche Akribie erforderlich ist, um geklaute Ladung aufzuspüren, bekam Ermittler Hepperle zu spüren, als er nach sieben verschwundenen Lastwagen mit Solarpaneelen eines Herstellers aus Ostdeutschland im Wert von 2,7 Millionen Euro forschte. Wieder ergatterten Betrüger, die sich als slowenisches Transportunternehmen ausgaben, den Auftrag über eine Frachtbörse. Dann heuerten sie drei weitere Subunternehmer an, die mit ihren Lkws die Solarpaneele am Hamburger Hafen abholten.

Der Auftraggeber hatte Glück, dass Kameras des Hafenbetreibers die Aktion festhielten. „Die Lkws haben wir über Videoaufnahmen des Hamburger Hafens gefunden“, sagt Ermittler Hepperle. Über die Kennzeichen verfolgte er die Spur der Solarpaneele bis zu einem Lager in Sloweniens Hauptstadt Ljubljana, das die Scheinfirma für einige Wochen angemietet hatte.

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