
Dröhnende Stimme, kräftiger Händedruck, breite Schultern: Bei einem Casting für die Rolle eines westfälischen Firmenpatriarchen würde Lorenz Bohle wahrscheinlich alle Mitbewerber ausstechen. Der Hüne entspricht ganz dem Bild eines konservativen Familienunternehmers aus dem Münsterland. Doch Bohle spielt keine Filmrolle, er ist mit seinem Unternehmen L.B. Bohle einer der erfolgreichsten Mittelständler Deutschlands.
Bohle hat es geschafft, seinen Ein-Mann-Betrieb zu einem der weltweit führenden Hersteller von Maschinen für die Tablettenproduktion zu machen, der heute mit 230 Mitarbeitern jährlich 46 Millionen Euro umsetzt. Das Erfolgsgeheimnis des Unternehmers liegt in der Mischung aus Tüftlergeist, Qualitätsbesessenheit und Marktgespür.





Zu teure Patente
Dabei denkt der Bauernsohn während des Studiums und zu Anfang seiner Laufbahn als Ingenieur noch nicht ans Unternehmertum. Doch früh schon kommt es zu Spannungen mit seinen Arbeitgebern wegen der Verwertung von Patenten für von Bohle entwickelte Verfahren. Sein erster Arbeitgeber, ein Akku-Hersteller, verweigert nach sechsjähriger Entwicklung die Anmeldung eines Patentes, weil er nach dem Arbeitnehmererfindergesetz viel Geld hätte zahlen müssen.
Beim zweiten, einem mittelständischen Lohnfertiger für die Pharmaindustrie, meldet Bohle nach und nach mehrere Patente an. Als er Ende Dezember 1981 mit einer weiteren Neuentwicklung zu seinem Chef kommt, stellt der ihm frei, das Patent – ein Verfahren zur Kontrolle der Dicke von Tabletten – selbst zu nutzen. Man sei ja Pharmazeut und kein Maschinenbauer. Nach dem Gespräch geht Bohle nach Hause und sagt zu seiner Frau: „Mädchen, jetzt müssen wir entweder den Kopf einziehen oder etwas riskieren.“
Die beiden entscheiden sich für das Risiko. Sein Chef kann nicht glauben, dass er kündigen will. Über neun Jahre hatten die beiden gemeinsam die anfangs völlig veraltete Produktion auf Vordermann gebracht. Jetzt sei es doch an der Zeit, die Früchte der durchgearbeiteten Nächte zu genießen. „Sie verwechseln da etwas“, antwortet Bohle, „ich bin 41, nicht 61 Jahre alt.“
Damit ist die Entscheidung unumkehrbar. Bohle mietet ein Konstruktionsbüro und eine Versuchswerkstatt. Zunächst lässt der frischgebackene Gründer seine Maschinen für die Tablettenherstellung fremdproduzieren. Die Hälfte der Zeit arbeitet er am Zeichentisch und in der Testwerkstatt; den Rest der Zeit ist er unterwegs, um seine Anlagen zu verkaufen. Das Geschäft läuft von Anfang an besser als erwartet. Einer seiner frühen Kunden ist trotz der Trennung sein ehemaliger Arbeitgeber.
Der Durchbruch kommt nach vier Jahren, als es Bohle gelingt, als Zulieferer eine Anlage zur Penicillinherstellung beim Pharmariesen Bayer so zu modernisieren, dass sie staubfrei wird. „Damit hatten wir eine erstklassige Referenz“, sagt Bohle.
Er entschließt sich, die Fertigung selbst in die Hand zu nehmen und eine Fabrik zu bauen. Zwischen 1987 und 1994 steigt die Zahl der Mitarbeiter von 20 auf 100. Jahre mit einem Wachstum von 50 Prozent sind nicht ungewöhnlich.
Einer der wichtigsten Umsatztreiber ist der Bohle Film Coater. Diese Maschinen beschichten Tabletten von außen mit einem Wirkstoff, statt diesen wie sonst im Inneren der Pille zu platzieren.