Nach einem eher schwachen Jahr wird das Geschäft der Maschinenbauer weltweit 2014 laut Verbandsprognose wieder kräftiger anziehen. „Für das Jahr 2014 erwarten wir für den Weltmaschinenbau ein Umsatzplus von fünf Prozent real“, sagte Festge, bei seiner ersten Pressekonferenz am Montag in Frankfurt. Dies möge nach dem moderaten Plus von etwa einem Prozent 2013 euphorisch klingen. In einer zyklischen Branche wie dem Maschinenbau sei dies nach Jahren unterdurchschnittlicher Nachfrage aber nicht ungewöhnlich. Für die Betriebe der deutschen Schlüsselindustrie rechnet der VDMA 2014 mit einem Produktionswachstum von drei Prozent.
Festge steht da wie dem Westfalen-Bilderbuch entsprungen: groß und kräftig, durchsetzungsfreudig, konservativ und auslandserfahren. All das sollte dem Unternehmer aus Oelde/Westfalen als neuem Cheflobbyisten der Maschinenbauer in Berlin nutzen. Auch dass seine Branche gern als Zierde deutscher Ingenieurkunst und Rückgrat der Wirtschaft umgarnt wird, öffnet dem 67-Jährigen Türen: Von den Einflüsterqualitäten des VDMA träumen andere Lobbyisten nur.
Der promovierte Mediziner Festge heiratete einst eine Unternehmertochter, sattelte ein BWL-Studium obendrauf und stieg in den schwiegerväterlichen Betrieb ein, die 125 Jahre alte Drahtweberei und Maschinenfabrik Haver & Boecker. Die Leitung des Unternehmens mit 2700 Mitarbeitern und 402 Millionen Euro Umsatz übernimmt zum Jahresende Festges Sohn. Da passt es gut, dass der turnusmäßige Präsidentenwechsel im VDMA ansteht und es keinen Gegenkandidaten gibt. Jetzt soll Festge die rund 3000 Maschinenbauer noch besser in Berlin verdrahten, demnächst dann an der Seite eines ebenfalls neu zu wählenden Hauptgeschäftsführers. Der neue Präsident wird sich dabei wohl nicht – wie es bei anderen Verbänden Usus ist – auf die Rolle als Grüß-Gott-August beschränken.
Vorbilder - Querdenken und anstrengen
Festge, der Arzt und Kaufmann, brauchte nicht in die weite Welt zu schauen, um Vorbilder für beide Professionen zu finden: Sein Onkel war ein selbstständiger Chirurg. Was in der BRD nichts Ungewöhnliches war, war es aber in Meißen in der DDR zu des Onkels Zeiten: Der Mediziner schaffte es ohne Parteizugehörigkeit in der Planwirtschaft bis ans Lebensende freischaffend zu praktizieren. Ihm war wohl auch das Glück des Tüchtigen hold: Einst konnte er den Oberbefehlshaber der Sowjettruppen heilen. Der Chirurg begeisterte seinen Neffen für die Medizin.
Aber auch das Unternehmertum liegt Festge in den Genen. Seine Eltern betrieben eine kleine Druckerei, aufgebaut mit Durchhaltewillen vom Vater. Der war noch angeschlagen von der Kriegsgefangenschaft, aber beseelt vom Wunsch nach Selbstständigkeit.
Festge junior verband die familiären Erbteile: Er betreibt nebenbei auch noch eine Firma für Medizintechnik, die einen neuen Gebärstuhl entwickelt hat.
Freunde und Feinde - Soziale Ader
Das Wort Unternehmer kommt vom Verb etwas unternehmen. Und wer etwas unternimmt, tritt zwangsläufig der Konkurrenz vors Knie. Trotzdem hat es der ungeduldige, willensstarke Festge geschafft, offensichtlich mehrheitlich Freunde zu haben. Wohin man hört, alle rühmen seine soziale Ader und können dafür auch handfeste Belege liefern. Als einen Kirchgänger bezeichnet er sich selbst nicht und lebt christliche Werte doch mehr als mancher, der sich ihrer rühmt. Das rechnen ihm selbst die Gewerkschafter im eigenen Unternehmen an.
Stärken, Vorlieben und Ziele
Seine persönlichen Freunde stammen aus alten Zeiten bis hin zu VDMA-Touren in den Siebzigerjahren ins wilde Laos und Kambodscha. Festges Gegner dagegen kommen kaum aus der Deckung. Dabei praktiziert auch der Westfale die Einsicht, dass Geschäftsfreunde nicht lebenslänglich solche bleiben müssen. Er jagt sie zwar nicht vom Hof, aber er betrachtet sie anschließend als Konkurrenten und behandelt sie danach auch genau so. Auf Nachfrage bringt der bibelfeste Festge seine Sicht auf Freund und Feind so auf den Punkt: "Wer nicht für mich ist, ist gegen mich" Lukasevangelium 11, 23.
Stärken und Schwächen - Kurze Zündschnur
Sagt der Chef: "Wenn Sie Probleme haben, helfe ich Ihnen", dann hilft der Chef. Das wissen Festges Mitarbeiter im westfälischen Oelde. Und das gilt auch, wenn es nicht am Arbeitsplatz, sondern privat oder gesundheitlich brennt. Da ist Festge ein Patriarch guter Schule mit einem Ruf als Menschenfreund. Haver & Boecker stellt Schwerbehinderte ein, bildet überdurchschnittlich viele Lehrlinge aus und übernimmt sie auch. Wenngleich eigentlich seine Ehefrau als stellvertretende Landrätin für die CDU im Kreis Warendorf für die Kommunalpolitik zuständig ist, beherrscht aber auch der Unternehmer dank großem sozialem Engagement allerorten das Gesellschaftsspiel von Geben und Nehmen.
Aber klare Kante bekommt auch ab, wer aus Sicht des ungeduldigen Chefs Blödsinn redet. Dann wird Festge schon mal laut. "Meine Zündschnur ist ein bisschen kurz", gibt er zu, nicht ohne treuherzig anzufügen : "Aber dann ist auch alles wieder gut."
Vorlieben - Voller Einsatz, immer
Viel Zeit für Leidenschaften bleibt Festge nicht. Erst kommt die Pflicht, dann das Vergnügen. Aber vielleicht ist ihm auch die Pflicht das Vergnügen? Festges Erkenntnis: "Im Krankenhaus bemerkte ich, dass an interessantere Fälle kam, wer länger arbeitete als andere. Das ist im Unternehmen heute auch so. Wenn Sie länger da sind, machen Sie mehr und sind schneller als die Konkurrenz." Er scheint es nicht überzogen zu haben: Beide Söhne konnte er auf Haver & Boecker einschwören. Ende des Jahres übernimmt der Ältere das Ruder.
Auszeiten, dem Unternehmer Festge vom Mediziner Festge dringend angeraten, gönnt er sich beim Motorradfahren, Fotografieren und beim Bayreuth-Besuch. Nur mit einer Leidenschaft hadert er: "Ich esse und trinke so gerne."
Ziele und Visionen - Grenzen für den Staat
Der deutsche Mittelstand gilt weltweit als Erfolgsmodell, darin der Maschinenbau als innovative Vorzeigebranche. Die Ausgangsbasis für einen neuen VDMA-Präsidenten könnte kaum besser sein. Doch Harmonie ist nicht der bevorzugte Zustand des Antreibers Festge. Das größte Problem hat er in Berlin verortet. Der staatliche Einfluss auf Unternehmensentscheidungen sei zu groß: "In der Politik entscheiden zu viele Leute, die ihr Handwerk nicht verstehen. Die sehen den Mittelstand nur als Steuerzahler." Überflüssige Auflagen gilt es für Präsident Festge im Vorfeld zu verhindern. Zudem kritisiert er: "Bei der Energiewende hat ein naiv handelnder Staat Fehler gemacht und mit seiner Subventionspolitik Volksvermögen vernichtet."