Mittelstand Dubiose Registeranbieter zocken Unternehmer ab

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Nicht nur Gründer tappen in Fallen

In Deutschland leiden auch etablierte Mittelständler darunter, dass die undurchschaubare Bürokratie Raum für dubiose Anbieter lässt. Claudia Sturm etwa bekommt im April 2017 Post vom „Register der Deutschen Marken“. Gleich 6160 Euro soll sie an den Absender zahlen. Sturm, die in Harthausen bei Speyer einen Maler- und Stuckateurbetrieb besitzt, hatte gerade eine neue Firma für Fassadenreinigung gegründet und sich dafür die Marke Quickstar schützen lassen.

Die Unternehmerin wird skeptisch, zahlt nicht, weil polnische Bankverbindungen und nicht erreichbare Internetseiten sie misstrauisch machen. „Sinnbefreite Register“ seien das, sagt Marcus Dury. Der Saarbrücker Fachanwalt für IT-Recht berät immer wieder Mandanten, die Briefe von Markenregistern bekommen, wenn sie ein Patent oder eine Marke angemeldet haben oder ihren Markenschutz für weitere zehn Jahre verlängern möchten. Beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA), dem amtlichen Ansprechpartner, kostet eine solche Verlängerung 750 Euro. Das zweifelhafte „Register der Deutschen Marken“ berechnet mehr als das Achtfache.

Fragt man beim „Register der Deutschen Marken“ nach, welchen Mehrwert es für Unternehmen hat, kommt keine Antwort. Im Briefkopf gibt das Register vor, in der Leopoldstraße 244 in München zu sitzen. Mehr als 100 Unternehmen haben hier ein Büro angemietet, doch auf ein Markenregister deutet auf den Schildern vor dem Eingang nichts hin. „Viele Register verschwinden genauso schnell wieder, wie sie aufgetaucht sind“, sagt Doris Möller vom DIHK. Die Konten, deren Spuren oftmals ins Ausland führten, würden oft aufgelöst, bevor man die Hinterleute fassen kann.

Als Bernd Schöller herausfand, dass er dem falschen Handelsregister Geld überwiesen hatte, erstattete er Anzeige. Doch die Staatsanwaltschaft Karlsruhe stellte das Verfahren nur wenige Wochen später ein. Das Register habe die „Grenze zu einer strafwürdigen Handlung nicht überschritten“, heißt es im Schreiben der Staatsanwaltschaft.

Die Abzocker gehen geschickt vor. Meist sind die Schreiben gestelzt formuliert, darin steht aber selten, dass sich die Unternehmer ins Register eintragen lassen müssen. Stattdessen werden sie „gebeten binnen 5 Tagen“ zu bezahlen. So nutzen die Betrüger die Unsicherheit ihrer Opfer im Kontakt mit Behörden gezielt aus. „Ein Unternehmen zu gründen ist eine stressige Zeit“, sagt Schöller.

Zum Notar gehen, ein Geschäftskonto bei der Bank eröffnen, den Fragebogen des Finanzamts ausfüllen, zum Gewerbeamt gehen, bei der IHK anmelden. Irgendwo dazwischen flattert der Brief ins Haus. Da zahlen Betroffene schon mal voreilig, um sich wieder anderen Dingen widmen zu können. Wie Schöller. Die Internetseite des vermeintlichen Registers ist nicht aufrufbar. Er hat „nie wieder was von denen gehört“.

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