Überall dort, wo Bäckermeister Roland Schüren auftaucht, gibt es schnell nur noch ein Thema: „Immer wollen alle über meine Elektroautos reden“, sagt der Unternehmer, der in 18 Filialen in Nordrhein-Westfalen 250 Mitarbeiter beschäftigt. Dabei hat er eigentlich ein politisches Ansinnen: Schüren will bessere Rahmenbedingungen für Unternehmer durchsetzen, die energieeffizienter arbeiten und Energie aus Eigenerzeugung nutzen wollen.
Bei dem Thema ist er Vorreiter: „Wir arbeiten seit inzwischen zehn Jahren daran, unseren Energieverbrauch in der Produktion und im gesamten Unternehmen massiv zu reduzieren“, berichtet Schüren. Sein komplett auf Erdgas- und Elektroautos umgestellter Fuhrpark sei nur ein Baustein dieses Großprojekts. Wenn nachmittags die Backstube ruht und die Sonne auf die Solaranlage scheint, lädt er die Batterien wieder auf.
In der Backstube und im neuen Verwaltungsgebäude hat er von der Beleuchtung über die Klima- und Produktionsanlagen bis zur Kühlung alles energetisch optimiert - und davon profitiert: „Wir haben unseren Umsatz und Gewinn in den vergangenen Jahren deutlich erhöht und gleichzeitig den Energieverbrauch so weit reduziert, dass wir heute fast vollständig kohlendioxidneutral arbeiten.“ In einem energieintensiven Unternehmen wie einer Bäckerei klingt das teuer erkauftem Idealismus. Schüren aber sieht sich als Pragmatiker.
Zu dem wurde er, als er eine neue, größere und leistungsstärkere Kühlanlage anschaffen musste. Das ohnehin teure Projekt hätte den bestehenden Anschluss des kommunalen Stromversorgers überlastet und wäre noch teurer geworden. „Wir hätten einen neuen Trafo bauen müssen“, sagt Schüren. Ein Energieberater habe ihm vorgerechnet, dass er sich die Investition sparen könnte, wenn der Energieverbrauch im Unternehmen sinken würde. Der Plan ging auf: „Nach den ersten Einspar-Erfolgen mit Biomassekessel, effizienter Kühlanlage und Wärmerückgewinnung in der Produktion war ich begeistert und habe gemerkt: Die Mehrkosten für die Energieeffizienz holen wir durch niedrigere Energiekosten schnell wieder rein“, sagt Schüren. „Für mich war schnell klar: Da machen wir weiter.“
Einen ähnlichen Effekt beobachtet Mark Becker häufig, wenn Unternehmer sich an das Thema Energieeffizienz heranwagen. „Wenn sie einmal damit begonnen haben, konkrete Einsparideen zu entwickeln und umzusetzen, entwickelt das oft eine Eigendynamik“, sagt Becker, der als Referent für Energieeffizienz beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag arbeitet. Dort koordiniert er die bundesweite Initiative „Energieeffizienz-Netzwerke“, ein gemeinsames Projekt der Bundesregierung mit 22 Wirtschaftsverbänden. Mehr als 2.000 Unternehmen beteiligen sich bereits an dem Projekt, bei dem sich jeweils acht bis 15 Mittelständler und Konzerne zu regionalen oder branchenspezifischen Netzwerken zusammentun. „Die Idee ist, Vorbehalte und Hürden für solche Projekte abzubauen und die Unternehmer dazu zu bringen, offener zu sein für Energiesparideen und -konzepte“, sagt Becker.

Becker hat drei Erfolgsfaktoren für Energieeffizienz-Projekte identifiziert. Am Anfang steht ein Audit mit einem Berater, das konkrete Maßnahmen und Zahlen zur Wirtschaftlichkeit auf den Tisch bringt und Fördertöpfe zur Finanzierung aufzeigt. Dann werde ein Verantwortlicher im Unternehmen benannt. Besonders viel bringe schließlich der Austausch innerhalb der Netzwerke. „Jeder wirft zunächst zwei, drei Maßnahmen aus dem eigenen Unternehmen auf den Tisch“, erklärt Becker. Unternehmen setzen sich individuelle Ziele, die sie innerhalb von zwei oder drei Jahren erreichen wollen. „Da entsteht schon auch ein gewisser Gruppendruck, ein Konkurrenzgedanke: Wer schafft mehr? Wer hat eine richtig tolle Idee, die wirklich etwas bringt?“, sagt Becker.