Mobil mit USB-Anschluss und Trinkflasche Die Super-Rollatoren kommen

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USB-Anschluss und GPS-Tracker


Vom Marktführer zum Sinnbild für die gescheiterte Nachfolge in Familienunternehmen: Der westfälische Rollstuhlhersteller ist tief gefallen. Die Reste sollen nun nach Polen gehen.

"Der riesengroßes Charme liegt in der Bremsunterstützung durch den E-Motor", schwärmt Herrmann von seiner Erfindung. Das manuelle oft ruckelige Bremsen beim Abwärtsgehen sei für viele Nutzer anstrengend, mit dem E-Motor erledige sich die Handbremse.

Optional sind LED-Leuchten, GPS-Tracker oder ein USB-Anschluss zu haben. Ein Rollator mit USB-Anschluss? Herrmann erklärt, wozu das gut sein soll: "Sie können per Smartphone ein bestimmtestes Programm aufspielen und den Rollator damit nutzen wie ein Laufband." Mit diesen Funktionen will der Schwabe gezielt Reha-Patienten ansprechen, die etwa nach einer Hüft-OP langsamer wieder auf die Beine kommen wollen.

So viel High-Tech ist für den durchschnittlichen Rollatornutzer kaum nötig. Im ersten Halbjahr 2013 waren die Versicherten der Barmer GEK, die einen Rollator bekamen, im Schnitt 78 Jahre alt. "Für diese Menschen zählt vor allem, dass sie mit dem Gerät so sicher wie möglich unterwegs sind", sagt Topro-Chef Thomas Appel. "Ein 85-Jähriger Rollator-Nutzer muss einen Faltmechanismus intuitiv auslösen können, sonst entsteht Gefahr." Topro engagiert sich gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Gerontotechnik GGT und der Deutschen Seniorenliga für Rollator-Schulungen. "Der Moment des Ein- und Aussteigens aus einem Bus etwa, ist für Rollatornutzer ein echtes Stressmoment", weiß Appel. Der beste und teuerste Rollator ist eben nutzlos, wenn sein Besitzer nicht weiß, wie er damit umgehen soll. Umso kritischer beäugen Appel, Bischoff und Volkmar Runte von der GGT die Aktionsangebote von Discountern wie Aldi und Lidl. Für 89,99 Euro gab es bei Aldi Süd im Juni Rollatoren zu kaufen. Vielerorts waren sie binnen 24 Stunden ausverkauft. Geht man davon aus, dass jede Filiale 30 Gehwagen pro Aktion bekommt und alle 1800 Aldi-Süd-Filialen die Ware restlos abverkaufen, setzt Aldi damit auf einen Schlag 54.000 Rollatoren ab.

Volkmar Runte: "Die Discounter lassen die Kunden mit dem Gerät alleine. Aber ein Rollator ist nicht wie eine Tüte Milch, die man eben noch mitnimmt." Runte beobachtet immer wieder, dass Senioren ihren Rollator wie einen Kinderwagen vor sich herschieben - in gebückter Haltung mit lang ausgestreckten Armen. Genau falsch. "Wer es richtig macht, geht aufrecht, hat den Blick nach vorne gerichtet und stützt sich mit den Händen auf die Gehilfe", erklärt Runte. Er rät dringend zum Kauf in einem Sanitätsfachgeschäft, wo das Personal den Rollator anpasst und in den Gebrauch einweist.

Ein Rollator muss nicht 1000 Euro kosten, um seinen Nutzer glücklich zu machen. Das zeigt folgende Szene aus einem Düsseldorfer Supermarkt, Montagabend 19 Uhr. Eine schmächtige Mitsiebzigerin steht mit Rollator an der Kasse. Auf dem Band türmen sich Brot, Yoghurtbecher, Wurst, Milchtüten, Toilettenpapier, Saftflaschen. Es ist klar: Sie selbst wird das niemals schleppen können. Doch - oh, Wunder - mit Hilfe der patenten Kassiererin findet schließlich der komplette Einkauf Platz auf dem Rollator und die Dame rollt glücklich gen Ausgang. Kurz dreht sie sich nochmal, lächelt und ruft: "Toll, mein Mercedes, was?!".

Daimler- Chef Zetsche sollte überlegen, ob er nicht in das etwas andere Premiumsegment vorstoßen möchte. Über die Nachfrage nach diesen Modellen müsste er sich bei der deutschen Alterspyramide wohl keine Gedanken machen.

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