Nach dem Insolvenzantrag Wie es jetzt bei Gerry Weber weitergeht

Final Sale: Der Modehersteller Gerry Weber ist insolvent. Quelle: dpa

Einsatz in Ostwestfalen: Die Sanierungsexperten Christian Gerloff, Florian Frank und Stefan Meyer sollen den insolventen Modehändler Gerry Weber aus der Krise steuern. Was haben sie vor?

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Christian Gerloff war sich sicher: „2019 wird für viele Modehändler und -hersteller das entscheidende Jahr“, sagte der Münchner Insolvenzexperte Mitte Januar der WirtschaftsWoche.

Wenige Tage später zeigt sich, dass der Jurist richtig lag: Am Freitag hat mit Gerry Weber eines der bekanntesten deutschen Modeunternehmen beim Amtsgericht Bielefeld einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt – und Gerloff wird bei dem Verfahren eine zentrale Position übernehmen. Er soll den Vorstand des Damenmodekonzerns als Generalbevollmächtigter unterstützen. Gerloff kennt sich wie kaum ein anderer Insolvenzverwalter im Modeeinzelhandel aus. Der Jurist und Sanierungsexperte begleitete in unterschiedlichen Funktionen Insolvenzverfahren und Restrukturierungen von Bekleidungshändlern und -herstellern, darunter Escada, Laurèl, Wöhrl, Rena Lange und K&L.

Und nun also: Gerry Weber. Dort dürfte er zusammen mit dem ebenfalls sanierungserprobten Vorstandschef Florian Frank künftig das Kommando führen.

Überwacht wird die Rettungsmission von Stefan Meyer von der auf Insolvenz- und Sanierungsverfahren spezialisierten Kanzlei Pluta. Er wurde vom Amtsgericht zum vorläufigen Sachwalter bestellt und soll in dem Verfahren die Interessen der Gläubiger wahren. Meyer ist Bankkaufmann und Fachanwalt für Insolvenzrecht und war bereits bei zahlreichen Großinsolvenzen im Einsatz.

Dem Vernehmen nach gab es im Vorfeld zwei weitere Kandidaten für die Sachwalter-Position. Großgläubiger seien offensiv angesprochen worden, heißt es in der Branche. Die Aktion dürfte nicht nur bei Gerry-Weber-Chef Frank für Unmut gesorgt haben, der die Insolvenz ursprünglich verhindern wollte. Doch alle Versuche, Gerry Weber ohne formelles Verfahren weiterzuführen – etwa über ein Treuhandmodell –, scheiterten.

Betroffen von dem Insolvenzantrag sei ausschließlich die Muttergesellschaft Gerry Weber International mit rund 580 Mitarbeitern, teilte das Unternehmen mit. Die Aktien von Gerry Weber rauschten um knapp 65 Prozent auf 0,61 Euro in die Tiefe.

Gerry Weber mit den Kernmarken Gerry Weber, Hallhuber, Samoon und Taifun kämpft seit Längerem mit Umsatzrückgängen und roten Zahlen. Bereits in den vergangenen Monaten hatten sich die schlechten Nachrichten aus dem westfälischen Unternehmen gehäuft. Zuletzt hatte das Unternehmen Mitte Januar seine Gewinnprognose nach unten korrigieren müssen. Dadurch stieg der erwartete Vorsteuerverlust für das Geschäftsjahr 2017/18 auf über 192 Millionen Euro. Grund waren unter anderem Probleme bei der bislang als Hoffnungsträger geltenden Tochter Hallhuber. Für die Tochtergesellschaften wurden bislang keine Anträge gestellt worden. Dass das so bleibt, dürfte eines der Ziele der Sanierer sein.

Wie es nun bei Gerry Weber weitergeht, lässt sich womöglich auch aus Gerloffs früheren Aussagen ableiten. „Zunächst geht es darum, das Vertrauen der zentralen Akteure zu gewinnen“, sagte er der WirtschaftsWoche. In der Regel seien das die Mitarbeiter, die Lieferanten und die Kunden. Anschließend würde mit Lieferanten und Vermietern über bessere Konditionen verhandelt, skizzierte Gerloff sein generelles Vorgehen bei Insolvenzverfahren. Neben der Notwendigkeit, die Kosten zu senken, sei es zudem wichtig, Erträge und Produktivität auf der Fläche zu steigern. Es gehe dabei um Themen wie den richtigen Sortimentsmix und eine bessere Kundenansprache. „Meine Kernbotschaft gegenüber Lieferanten und Mitarbeitern lautet immer: Ich bin nicht der Pathologe, sondern der Notarzt – der Patient lebt und kann gerettet werden“, so Gerloff.

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