Nachfolge im Familienunternehmen Wenn die Digitalisierung Generationen spaltet

Die Digitalisierung verschärft den Generationenkonflikt in vielen Familienunternehmen. 40 Prozent der Nachfolger sind laut einer Studie frustriert, weil sie mit ihren Ideen nicht durchdringen. Was tun?

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Wie vernetzt muss Bierbrauen sein? Quelle: PR

Düsseldorf Christian Weber könnte man als Prototyp eines Unternehmensnachfolgers bezeichnen. Der Generalbevollmächtigte der Karlsberg Brauerei im saarländischen Homburg ist jung, international ausgebildet, weltweit vernetzt und als „Digital Native“ vertraut mit den neuesten Technologien.

Er gehört auch zu der überwältigenden Mehrheit der Nachfolger – 83 Prozent – die davon ausgeht, dass sich in den nächsten fünf Jahren die Geschäftsmodelle der Familienunternehmen grundlegend verändern werden. Das belegt eine internationale Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC, für die 268 Nachfolger in Familienunternehmen aus 31 Ländern befragt wurden.

Weber weiß, was auf die Familienunternehmen zukommt. Er hat in London studiert und bei Heineken und Nestlé gearbeitet – so wie insgesamt 70 Prozent der Nachfolger, die bereits Erfahrungen in anderen Unternehmen gesammelt haben. In Bezug auf die Digitalisierung sind sie ihren Eltern häufig überlegen. Und dadurch entsteht auch neues Konfliktpotenzial.

Knapp 30 Prozent der befragten Nachfolger urteilen, dass Familienunternehmen die technologischen Möglichkeiten zögerlicher nutzen als andere Konzerne. 40 Prozent fühlen sich frustriert, wenn es darum geht, die Elterngeneration von neuen Ideen zu überzeugen. „In puncto Digitalisierung sollte sich die ältere Unternehmergeneration von der jüngeren überzeugen lassen“, sagt Peter Bartels, PwC-Vorstandsmitglied und Leiter des Bereichs Familienunternehmen und Mittelstand. Nur 41 Prozent der Nachfolger sind davon überzeugt, dass ihre Digitalstrategie das Geschäftsmodell optimal unterstützt.

Christian Weber hat mit seinem Vater viel über Digitalisierung gesprochen. Er verließ sein Elternhaus mit 16 und kam mit 32 zurück. Das hat er nie bereut. Das Familienunternehmen beschäftigt 1400 Mitarbeiter und setzte 2014 mehr als 420 Millionen Euro um. Es sei spannend, solche Themen mit seinem Vater zu diskutieren, sagt Weber. „Reden wir nur über Kommunikation, integrierte Produktion, oder neue Geschäftsmodelle? Das waren die Fragen, die wir uns gestellt haben“, erzählt der heute 37-Jährige.


Digitalisierung als Symptom fürs Loslassen

Sein Vater habe sich damals um die Einführung von Computern gekümmert. Das war eine ähnliche Veränderung wie heute die Digitalisierung des 1878 gegründeten Unternehmens. „Mein Vater ist noch radikaler als ich.“ Dennoch müsse man heute diskutieren. „Wenn ich 200.000 Euro 300.000 Euro in die Vernetzung investieren will, dann müssen wir uns fragen, ob wir dadurch einen Liter Bier mehr verkaufen oder nicht.“ Diese Diskussionen seien sehr hilfreich. Weber und sein Vater legen auch großen Wert darauf, dass das Unternehmen Mitarbeiter bindet, die Ideen entwickeln.

Zurzeit bekommt Weber bereits auf sein Smartphone jeden Morgen die Fasstemperaturen seiner Top-Kunden über eine Sonde, die per Wlan die Temperatur übermittelt. Dafür hat die Brauerei mit einem Start-up zusammen gearbeitet. Die nächste Herausforderung sei die Vernetzung der Warenbestände, sagt Weber. „Aber damit es auch etwas bringt, muss das autonom laufen.“ Weber glaubt, dass die erfolgreichen Kunden das forcieren. „Und wir werden daran arbeiten, diese Dienstleistung auch anbieten zu können.“

Weber findet, dass die Digitalisierung ein Symptom für die Frage in einem Familienunternehmen sei, ob die ältere Generation loslassen kann und damit auch Verantwortung übergeben kann, oder nicht. „Mein Vater war konsequent im Loslassen und hat mir Verantwortung übergeben.“ Wenn Weber aber auf andere Familienunternehmen schaut, die längere Zeit parallel von zwei Generationen geführt werden, dann gebe es da schon auch Fälle, wo das nicht so klappt. „Es ist schon eine Herausforderung, über künftige Geschäftsmodelle zu diskutieren, die zunächst utopisch klingen. und wenn man dann entscheiden muss: Investiere ich in diesen Weg oder nicht?"

Die Studie belegt, dass fast 90 Prozent der Nachfolger die Zukunft ihrer Familienunternehmen gestalten wollen und nicht bloß verwalten wollen. Noch mehr der Befragten fühlen sich gut vorbereitet. Dennoch sind mehr als die Hälfte von ihnen besorgt, dass sie zu viel Zeit aufbringen müssen, um familieninterne Probleme zu bewältigen.

61 Prozent glauben, dass es für die ältere Generation schwierig ist, loszulassen und sich aus dem Unternehmen zurückzuziehen. Als Weber als fünfte Generation ins Unternehmen einstieg, musste er sich zu 100 Prozent für das Familienunternehmen und den Standort entscheiden, dabei hatte er mehr Zeit außerhalb des Saarlandes verbracht als im Saarland. Er musste sich umstellen, und seine Freundin überzeugen, von Berlin ins Saarland zu ziehen.

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