Nobelmarken "Wahrer Luxus ist nachhaltig"

Clemens Pflanz, Gründer und geschäftsführender Vorstand des deutschen Luxusverbandes Meisterkreis, über deutsche Edelmarken, die Ziele des vor wenigen Wochen etablierten Kreises und die Zukunft teutonischer Mode.

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Ein Uhrmacher repariert eine Uhr. Quelle: dpa/dpaweb

WirtschaftsWoche: Herr Pflanz, Sie haben vor kurzem den Meisterkreis als Liga des deutschen Luxus initiiert. Warum braucht Deutschland einen Luxusverband. Es ging doch bis jetzt auch ohne?

Clemens Pflanz: Uns geht es um eine neue Kultur des Luxus in Deutschland. Luxus wird doch noch immer als Nischenindustrie wahrgenommen und oft auch verteufelt. Dabei vergessen viele, dass hinter den meist  mittelständischen Luxusmarken eine Branche steht, die in Deutschland im vergangenen Jahr einen Umsatz von über 11 Milliarden Euro generiert hat und an der rund hunderttausend Arbeitsplätze hängen. Wirtschaftlich ist Luxus also alles andere als überflüssig.

Clemens Pflanz

Aber oft geht es doch nur um Bling Bling?

Das Gegenteil ist wahr. Billiger Flitter ist kein Luxus. Wahrer Luxus ist nachhaltig. Schon allein, weil hochpreisige Produkte vom Verbraucher mit mehr Sorgfalt behandelt werden und  wegen ihrer hochwertigen Verarbeitung länger halten. Es gibt kaum eine Branche, die so viel Wert auf tradierte Handwerkskunst und Qualität legt. Und vergessen Sie nicht, dass Unternehmen wie der Pianobauer Bechstein oder Weingüter wie Robert Weil oder Egon Müller Kulturträger sind. Das gleiche gilt für die sächsischen Uhrenhersteller oder Automobilbauer aus Zuffenhausen.

Muss deshalb ein neuer Verband her? Es gibt bereits Gruppen wie „Handmade in Germany“, „Deutsche Manufakturen“ oder der seit langem etablierte Markenverband.

Die beiden ersteren richten sich nur an handwerklich arbeitende, meist kleinere Unternehmen. Zu unseren Mitgliedern zählen dagegen auch Industrieunternehmen wie Gaggenau oder Porsche. Und wir haben Dienstleister wie  Top-Hotels und eine Privatbank  unter unseren Mitgliedern.

Das gilt auch für den Markenverband.

Aber wir beschränken uns auf Marken der allerhöchsten Gütestufe. Solide Qualität, langjährige Tradition und ein guter Ruf reichen nicht für eine Aufnahme in den Meisterkreis.

Wäre ein gemeinsames Dach vorstellbar?

Da ist unsere Haltung ganz klar: Zusammenarbeit ja, Einheitsbestrebungen nein. Für einen Einheitsverband sind die Themen zu unterschiedlich. Wir können uns vorstellen, im politischen Raum zusammenzuarbeiten, zum Beispiel wenn es um die Frage von Fälschungen und geistigem Eigentum geht.

DNA des deutschen Luxus

Sie wurden gleich nach ihrer ersten Mitgliederversammlung in die europäische Luxusallianz ECCIA aufgenommen. Was bedeutet das für die Branche in Deutschland?

Das ist ein Ritterschlag nicht nur für den Meisterkreis, sondern für die deutsche Luxusindustrie insgesamt. Zu den Mitgliedern der ECCIA, der European Cultural and Creative Industries Alliance, gehören schließlich das renommierte Comité Colbert aus Frankreich oder der italienische Luxusverband Altagamma.

War es für die Vertreter der französischen oder italienischen Industrie nicht schwierig, die Deutschen  mit ihrer oftmals technisch-männlichen Ausrichtung in ihren Reihen zu akzeptieren?

Wir waren erstaunt wie offen die Altmitglieder des europäischen Luxusverbandes für die Aufnahme waren. Es ist nicht so, dass die Italiener und Franzosen die Nase rümpfen über einen Luxus, den sie selbst noch vor wenigen Jahren gar nicht als Luxus bezeichnet hätten.

Sie denken da an deutsche Sportauto-, Elektronik- oder Küchenhersteller?

Absolut! Diese Orientierung an technische Perfektion und Funktionalität, die Reduktion auf das Wesentliche und kompromisslose Spitzenqualität sind Teil der DNA des deutschen Luxus. Das ist unsere Tradition wie sie schon die großen Bauhausdesigner in ihren Entwürfen zum Ausdruck gebracht haben. Und das verstehen auch die Luxusexperten im Ausland zunehmend. Geholfen hat uns natürlich auch, dass es gar keinen Zweifel daran gab, dass die weltweite Reputation deutscher Luxusmarken für die europäische Luxusallianz ein Gewinn bedeutet.

Chanel und Dior sind Mitglied im Meisterkreis. Was machen ausländische Label in einem deutschen Verband?

Wir verstehen uns als Interessenkreis für Luxus in und aus Deutschland. Um deutschen Luxus zu verstehen, können Sie die internationalen Marken gar nicht wegdenken. Die sind seit Jahrzehnten auf dem deutschen Markt aktiv. Und die haben trotz aller Verschiedenheit die Vorstellung der Deutschen über den Luxus nachhaltig geprägt.

Haben die Deutschen eine Chance, im Soft Luxury, also in der Mode, bei den Accessoires oder den Genussmitteln jemals eine nennenswerte Rolle zu spielen?

Das tun wir schon. Denken Sie an unsere großen Rieslinge, die immer mehr Freunde weltweit gewinnen. Man vergisst in Deutschland oft, dass wir eine großartige Weintradition haben. Vor hundert Jahren wurden Spitzenweine von Rhein- und Mosel teurer gehandelt als Bordeaux-Weine. Wir knüpfen an diese Tradition wieder an.

Deutsche Mode hinkt hinterher

Aber in der Mode ist Deutschland noch immer schwach.

Ich würde nicht von Schwäche sprechen. Natürlich hatte Deutschland die historische Zäsur in den dreißiger Jahren. Es dauert dann Jahrzehnte, um wieder Neues aufzubauen. Aber wir haben heute wieder Marken wie Iris von Armin, Talbot Runhof, LaLa Berlin oder Jil Sander. Und in Berlin sehe ich viele junge Modelabel mit Potential.

Fehlen uns große Luxusgruppen wie in Frankreich PPR und LVMH oder in der Schweiz Richemont und Swatch Group?

Nein. Die Struktur der deutschen Luxusindustrie ist gesund. Starke Marken brauchen keinen Konzern, um erfolgreich zu sein. Unternehmen wie Armani aus Italien oder Hermès und Chanel aus Frankreich stehen allein, kommen aber sehr gut zurecht.

Aber kleinere Marken haben es doch schwerer bei der Internationalisierung?

Die Effekte beim Einkauf oder bei der Ausdehnung des internationalen Ladennetzes halte ich für überschaubar.  Der Vorteil bei konzerngeführten Marken liegt vor allem im Know How. Ein Konzern kann es sich leisten, auf einem Markt einen Versuchsballon steigen zu lassen. Und er kann dann die dort gewonnenen Erfahrungen auf anderen Märkten mit andern Marken umsetzen. Diese Lernkurve kriegt ein Mittelständler so nicht hin.

 

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