Outdoormarke Maloja „Maschinen kosten in der ganzen Welt das gleiche“

Maloja-Gründer Klaus Haas und Peter Räuber. Quelle: PR

Peter Räuber und Klaus Haas, die Gründer der bayerischen Outdoormarke Maloja, über den Verzicht auf Wachstum, Produktion in Europa und Design mit Tannennadeln.

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WirtschaftsWoche: Herr Haas, Herr Räuber, wie laufen die Geschäfte bei Maloja in der Corona-Zeit?
Klaus Haas: Wenn sich die Lage weiter so entwickelt wie im April und Mai, gehen wir gestärkt aus der Situation heraus. Bis auf wenige Regionen wie etwa Italien, wo wir auch Ware zurückgenommen haben, läuft es für uns im Moment recht gut, und das in allen Kategorien, sei es Bike, Outdoor und auch bei der Streetwear.

Gerade erst hat Nike deutliche Umsatzverluste gemeldet, ein Fast-Fashion-Anbieter wie H&M leidet ebenfalls – und ausgerechnet Ihre kleine Marke setzt sich davon ab?
Klaus Haas: Die Marke wird in der Krise gut angenommen. Womöglich haben wir als europäische Marke etwas mehr Zuspruch gefunden als eine aus den USA, unsere Herkunft aus Europa mag bei dem einen oder anderen Konsumenten durchaus eine Rolle gespielt haben.

Im Grunde verzichten Sie ja seit Ihrer Gründung auf Umsatz, indem Sie die Zahl der Händler klein halten – hat es Sie nie gereizt, in die Vollen zu gehen und Ihre Ware auch bei den großen Sporteinkaufverbünden Intersport und Sport 2000 zu verkaufen?
Peter Räuber: Im Laufe meines Berufslebens habe ich viel erlebt. Die Summe an Erfahrungen, die ich in verschiedensten Bereichen sammeln durfte, trägt sicher dazu bei, dass ich sehr wachsam bin, wenn es um die Kommerzialisierung einer Marke geht.

Was heißt das konkret?
Peter Räuber: Wir haben uns bewusst dafür entschieden, lieber bescheiden zu bleiben und uns dafür unsere Unabhängigkeit zu bewahren. Wir haben Maloja sehr behutsam aufgebaut, indem wir den Vertrieb von Anfang an sehr selektiv gehalten haben. Erwirtschaftete Gewinne investieren wir in bessere Technologien, qualifizierte Mitarbeiter und die Qualität der Produkte – und nur sehr bedingt ins Marketing.

Sie haben ja auch keine Aktionäre im Nacken…
Klaus Haas: Als eigentümergeführtes Unternehmen haben wir die Chance, sehr langfristig zu arbeiten. Das ist ein sehr großer Unterschied vor allem zu börsennotierten Wettbewerbern. Wir haben bewusst in vielen Jahren auf Profit verzichtet, um den Markenkern weiter auszubauen. Das braucht einen langen Atem. Und den hast Du nicht, wenn du ein angestellter Manager bist, dessen Job es ist, in Quartalsberichten zu denken und möglichst schnell Erfolge zu zeigen.

Als Maloja vor 16 Jahren startete, gab es ja schon Dutzende Outdoor- und Streetwear-Marken – wo haben Sie da noch eine Lücke gesehen?
Klaus Haas: 2004 haben die meisten Branchenexperten und Händler gesagt, der Outdoor- und Modemarkt ist gesättigt. Tatsächlich aber hat der Bike-Bekleidung zu dieser Zeit eine gewisse Modernität gefehlt – damals gab es keine Marke, die das Lebensgefühl von Mountainbikern in Kleidung übersetzt hat. Genau das war unsere Nische. Maloja war aber strategisch von Anfang an nicht nur als Bike-Marke angelegt, sondern viel breiter aufgestellt, und zwar als Sports- und Streetwear-Marke für alle, die gerne draußen und in den Bergen unterwegs sind.

Oft sieht ja eine Outdoorjacke aus wie die andere, gelb, rot oder blau, dazu wasserdicht, und dann wundern sich viele Anbieter, warum der Markt stagniert – warum produziert diese Branche so viel vom immer gleichen?
Peter Räuber: Wir orientieren uns nicht an Trends oder Prognosen, sondern setzen auch bei der Entwicklung neuer Kollektionen ganz auf den eigenen Weg. Statt uns auf Trendportalen zu informieren, tauchen wir ganz tief in die jeweiligen Themenwelten ein, die wir Jahr für Jahr neu entwickeln.

Klingt ja ganz gut, aber was heißt das genau?
Peter Räuber: Im ersten Schritt des kreativen Entstehungsprozesses arbeiten unsere Designer viel mit der Hand und auch gerne mit Naturmaterialien. Für die aktuelle, vom Wald inspirierte Kollektion „Soul in the Woods“ kamen beispielsweise Blätter und Tannennadeln zum Einsatz, die wir auf einer Exkursion selbst gesammelt haben. Wir wollen, dass unsere Produkte erkennbar bleiben.

Einige Marken haben wegen Corona ihre Sortimente für 2021 verkleinert oder haben vor, unverkaufte Ware erst im nächsten Jahr anzubieten – geht das bei Ihnen überhaupt, wenn Sie jedes Jahr ein neues Kollektionsthema aufmachen?
Klaus Haas: Dank unserer Produktion in Europa können wir im Unterschied zu einigen anderen Marken im nächsten Jahr unser komplettes Waren-Programm anbieten. Wir müssen keine Produkte aus der Kollektion streichen oder sie abspecken. Und wir sind optimistisch, dass die neue Kollektion für 2021 auch gut bestellt werden wird, weil auch die aktuelle sich ganz gut verkauft.

Anders als Maloja lässt das Gros der Sport- und Outdoormarken seine Ware in Fernost herstellen – wie kann sich das ausgerechnet bei Ihnen rechnen?
Klaus Haas: Wir arbeiten nur mit zehn bis zwölf Produzenten zusammen und jeder von ihnen hat sein Spezialgebiet, das macht das ganze effizient. So können wir auch mit einer Produktion in Europa erfolgreich sein. Wenn wir einen Produzenten qualifiziert haben, dauert es zwei Jahre, bis der effizient ist. Es wäre fatal, wenn ich den wechseln würde. Gerade im hochfunktionellen Bereich ist die Produktion in den vergangenen 15, 20 Jahren viel maschinenlastiger geworden. Die Maschinen kosten in der ganzen Welt das gleiche, sie werden aber in Europa besser gewartet als in Bangladesch.

Allerspätestens seit Greta Thunberg gehört das Thema Nachhaltigkeit für jede Marke auch in der Outdoorbranche auf den Lastenzettel - ist da nicht viel Schönfärberei dabei?
Peter Räuber: Nachhaltigkeit ist gerade ein Riesenthema und viele Firmen gehen damit hausieren. Bei Maloja gehört der respektvolle Umgang mit Mensch und Natur seit dem ersten Tag zum Grundverständnis und ist seit 16 Jahren fest in der Firmenphilosophie verankert. Für uns war es schon immer ein Selbstverständnis, uns so zu verhalten, dass auch die kommenden Generationen noch das tun können, was wir selbst so sehr lieben: mit einem guten Gefühl draußen in der Natur und in den Bergen unterwegs zu sein.

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