Arbeitnehmervertreter sehen der Entwicklung mit gemischten Gefühlen entgegen. Künstliche Intelligenz im Personalbereich ist ein hochsensibles Thema, sagt Oliver Suchy. Beim Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) leitet er die Abteilung „Digitale Arbeitswelten“ – und er ist Mitglied des Ethikbeirates HR Tech. Zwar sei es positiv, wenn personalisierte Assistenzsysteme passende Weiterbildungsmöglichkeiten aufzeigten. Doch die Gefahr von „Überwachung und einem Kontrollverlust“ sei groß.
Schließlich lässt sich mittels KI auch die künftige Leistungs- und Arbeitsfähigkeit eines Mitarbeitenden vorhersagen. Dies könne am Ende über Karriereaufstiege und Abstiege entscheiden, glaubt der Politikwissenschaftler. „Deshalb braucht es klare Absprachen mit den Kolleginnen und Kollegen“, betont Suchy. Nicht nur über die erwarteten Vorteile, sondern auch darüber, welche Daten wofür genutzt und wo Grenzen gesetzt werden. „Es ist immer ein schmaler Grat, wenn es um die Optimierung von Personen geht.“
Entscheidend sei, offenzulegen, nach welchen Kriterien eine KI arbeitet und wer die Hoheit über persönliche Daten und deren analytische Auswertung besitzt. „Es muss allen klar sein, wie eine KI zu einer Weiterbildungsempfehlung kommt.“
Eine weitere Gefahr: KI-Systeme können verzerrte Entscheidungen treffen – je nach Güte der Trainingsdaten. Denkbar ist etwa, dass Frauen in einem Unternehmen weniger Informatik-Weiterbildungen vorgeschlagen werden, weil dort zuvor tendenziell eher Männer programmieren gelernt haben. Dieses Diversitätsproblem übernimmt die KI dann einfach.
Mehr interne Wechsel als Folge
Die Start-ups sind sich der Gefahren durchaus bewusst. So gibt Cobrainer aus München an, die KI-Vorschläge regelmäßig von menschlichen Helfern prüfen zu lassen. Ob Lebenslauf oder Linkedin-Profil – auch datenschutzrechtliche Bedenken weist Gründer Aderhold zurück: „Wir analysieren keine Daten, die der Nutzer nicht selbst eingespeist hat.“ Die jeweils unterbreiteten Angebote würden zudem genau erklärt.
Seine Software sieht Aderhold als Chance, sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer mehr Transparenz zu schaffen. Den wenigsten Mitarbeitenden sei klar, was sie zum Erreichen des nächsten Karrieresprungs tun müssen. Umgekehrt sei bei den Führungskräften oft nicht bekannt, wer welche Fähigkeiten mitbringt. Dabei sei gerade das für die projekt- und damit meistens auch abteilungsübergreifende Zusammenarbeit wichtig.
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