Plötzlich Chefin In den Schuhen des Vaters

Welche Herausforderungen fünf deutsche Unternehmertöchter meistern.

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Eva Clüsserath gehört zu den Winzertöchtern, die Weine von Weltrang produzieren – von diesen Frauen gibt es immer mehr. Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche

Eva Clüsserath: Konservativ handeln

Am Anfang hat Ansgar Clüsserath manchmal geschimpft: „Ich denke, ich stehe statt mit meiner Tochter mit meinem eigenen Vater im Weinkeller.“ Was ihn in Rage brachte: Seine Eva, die 2001 in das preisgekrönte Riesling-Weingut eingestiegen war, hatte noch konservativere Ansichten beim Weinmachen als er.

„Verkehrte Welt“, sagt Eva Clüsserath, die jede Art von Hochtechnologie für ihren Betrieb ablehnt: „Mein Vater tut das zwar auch, aber ich bin noch puristischer.“ Im Herzen war der Vater trotz gelegentlichem Dissens wohl doch froh, dass die beiden in die gleiche Richtung denken.

Noch ist das Gut im Besitz des Vaters. Der kleine, aber feine Betrieb produziert mit acht Mitarbeitern jährlich nur 40.000 Flaschen. Die Weine aus bekannten Lagen wie Trittenheimer Apotheke werden auch in Norwegen, Taiwan, Japan und den USA gerne getrunken. Winzerin Clüsserath gehört zu den Trendsetterinnen in der deutschen Wirtschaft. Denn in keiner mittelständischen Branche übernehmen so viele Töchter die Betriebe ihrer oft sehr erfolgreichen Väter wie gerade beim Weinbau.

Die mächtigsten Managerinnen der Welt
Platz 15: Alison Cooper, Imperial TobaccoGauloises dürfte die bekannteste Marke des britischen Konzerns Imperial Tobacco sein, dem Alison Cooper vorsteht. Seit 2010 ist die 47-Jährige CEO des Konzerns. Sie habe den Tabak-Riesen wieder auf die richtige Spur gebracht, indem sie in wachsende Märkte investiert habe, wie zum Beispiel Kasachstan, schreibt das Magazin „Fortune“ über die Managerin. Für die amerikanische Zeitschrift ist sie auf Platz 15 der mächtigsten Managerinnen weltweit. „Fortune“ – bekannt für Ranglisten wie die Fortune-500 – hat jetzt ein Ranking der wichtigsten Geschäftsfrauen veröffentlicht. Quelle: dpa Picture-Alliance
Platz 14: Marissa Mayer, YahooWegen ihr sieht Google so aus, wie es aussieht: Marissa Mayer (hier mit Ryan Lewis und Macklemore) war bei dem Suchmaschinenkonzern fast von Anfang an dabei und unter anderem zuständig für die Optik der wichtigsten Produkte. Seit Jahren gilt sie als Überfliegerin der Internet-Branche. 2012 wechselte sie von Google zu Yahoo - als Vorstandsvorsitzende. Weil sie gleichzeitig ihre Schwangerschaft bekannt gab war das Medienecho groß, sie dürfte eine der bekanntesten Managerinnen überhaupt sein. Im Ranking von „Fortune“ schafft sie es auf Rang 14. Bewertet wurden für die Liste unter anderem die Größe und der Zustand des Unternehmens, der Verlauf der individuellen Karriere und das Standing in der internationalen Geschäftswelt. Quelle: AP
Platz 13: Safra Catz, OracleDer Konzern Oracle versorgt große Teile der Weltwirtschaft mit Software - zum Beispiel Datenbankanwendungen. Viele Entscheidungen im Konzern trifft die CFO Safra Catz, was sie in den Augen von „Fortune“ zu einer der einflussreichsten Figuren in der Technologiebranche macht. Quelle: Presse
Platz 12: Phebe Novakovic, General DynamicsSeit 2013 ist Novakovic CEO beim Rüstungskonzern General Dynamics. Die 56-jährige Amerikanerin ist vom Fach: Vorher arbeitete sie für die CIA. General Dynamics ist dabei, sein internationales Geschäft auszubauen, vor allem die Bestellungen von Flugzeugen des Herstellers Gulfstream, der zu General Dynamics gehört, kommen zu großen Teilen aus dem Ausland. Quelle: Presse
Platz 11: Sheryl Sandberg, FacebookSie ist die Nummer zwei im Facebook-Imperium: Als Chief Operating Officer ist sie an der Seite von Mark Zuckerberg für das geschäftliche zuständig. Vor ihrem Engagement bei dem sozialen Netzwerk arbeitete sie bei Google, der Weltbank und dem US-Finanzministerium. Sandberg beschäftigt sich viel mit der Rolle von Frauen in der modernen Gesellschaft und sieht sich selbst als Vorreiterin. Im März erschien ihr Buch über Frauen und Karriere „Lean In: Women, Work, and the Will to Lead“. Quelle: dpa
Platz 10: Gail Kelly, WestpacDie größte Bank Australiens wird seit 2008 geführt von Gail Kelly, die seit dem jährlich auf einem der vorderen Plätze in der „Forbes“-Liste der mächtigsten Frauen der Welt landet. Auch im dem in diesem Jahr zum ersten Mal veröffentlichten „Fortune“-Ranking schafft sie es in die Top-Ten. Unter ihrer Führung entwickelte sich die Westpac-Group hervorragend und zählt zu den erfolgreichsten Unternehmen des Landes. Durch eine Anhebung der Darlehenszinsen allerdings machte sich Kelly bei den Australiern nicht unbedingt beliebt. Sie begründete den Schritt mit niedrigen Sparquoten in Australien. Quelle: dpa Picture-Alliance
Platz 9: Patricia Woertz, Archer Daniels Midland „Woertz genießt international große Glaubwürdigkeit“ lobt „Fortune“. Seit acht Jahren ist die Amerikanerin CEO des Lebensmittelkonzerns Archer Daniels Midland (ADM), der zum Beispiel Soja- und Getreideprodukte herstellt. Das Unternehmen machte im Jahr 2011 mehr als 80 Milliarden Dollar Umsatz und hat mehr als 30.000 Mitarbeiter. Die 60-jährige Woertz hat vor ihrem Engagement bei ADM bei Ernst&Young und für Chevron gearbeitet. Quelle: dpa Picture-Alliance

Sie scheinen das richtige Näschen zu haben – denn oft machen sie die Güter noch berühmter. So reiht sich mittlerweile ein klangvoller Name an den nächsten: Dorothee Zilliken (Weingut Forstmeister Geltz-Zilliken), Caroline Diel (Schlossgut Diel), Meike Näkel (Weingut Meyer-Näkel), Carolin Spanier Gillot (Weingut Kühling-Gillot), Sandra Sauer (Weingut Horst Sauer) – sie alle sind Weinkennern ein Begriff.

Die Kaderschmiede dieser Könnerinnen liegt in den meisten Fällen in Geisenheim am Rhein. Auch wenn damals die Männer dort noch überwogen. Von den 60 Studenten des Fachs Weinbau aus Clüsseraths Abschluss-Jahrgang vor 14 Jahren war gerade ein Zehntel weiblich. Heute, schätzt die 38-Jährige, „ist das Verhältnis 50 zu 50“. Insofern ist mit noch mehr weiblichen Erfolgsgeschichten zu rechnen. Gleichzeitig gilt die Universität als Heiratsmarkt, wie Clüsserath lachend erzählt. Auch in ihrem Fall war es so: Den Eltern ihres Kommilitonen und heutigen Ehemannes Philipp gehört das rheinhessische Weingut Wittmann.

Dreifach Belastung

Das macht Clüsseraths Leben organisatorisch nicht einfacher. In Trittenheim an der Mosel betreut sie den väterlichen Weinbau und im Büro des Gatten in Westhofen bei Worms macht sie die kaufmännische Abwicklung. So wurde sie zur Dauer-Pendlerin.

Dass sich das mit der Betreuung der beiden Kinder vereinbaren lässt, ist vor allem den Großeltern zu verdanken. Alle vier beteiligen sich an der Betreuung der vierjährigen Tochter und des zehn Monate alten Sohnes. Bei Clüsserath keimt zeitweilig das schlechte Gewissen gegenüber den Kindern auf. Doch meistens schiebt sie es erfolgreich beiseite. Sie ist gern Unternehmerin und denkt an Expansion: „Ein paar gute Lagen würde ich schon noch dazukaufen.“

Tessa Tessner: Bitte zackig

Tessa Tessner will den Möbelhändler Roller auch im Netz zum führenden Discounter ausbauen. Quelle: Presse

Martina Neeck ist sauer. Sonntagmorgen um 10.17 Uhr macht die Kundin sich auf der Facebook-Seite des Möbelhändlers Roller so richtig Luft.

Seit Monaten warte sie auf fehlende Teile für die beim Discount-Dickschiff gekaufte Vitrine. Der Service sei miserabel, hämmert sie in Großbuchstaben in die Tastatur. Keine Stunde später bietet ein Mitarbeiter in ruhigen Antworten Hilfe an.

Tessa Tessner, Geschäftsführerin beim Gelsenkirchener Möbelhändler Roller, schätzt soziale Netzwerke. Dass Facebook-Fans dort auch Ärger loswerden, hilft der für Marketing und E-Commerce zuständigen Managerin, „herauszufinden, wo wir was verbessern müssen“. Das wird dann auch geregelt. Und auf Wunsch der Chefin: Aber zackig.

Weiblich, ambitioniert, verzweifelt gesucht: Unternehmen beklagen den Kandidatinnenmangel für Top-Jobs. Doch das Reservoir an qualifizierten Frauen wird größer.
von Kristin Rau

Tessner, blond, schlank, sportlich, sanfte Stimme, starker Wille, arbeitet seit zehn Jahren im vom Vater Hans-Joachim aufgebauten Unternehmen. Offiziell ist der 70-Jährige bei Roller nicht mehr präsent. Er hält allerdings noch die Mehrheit an der Tessner Holding KG, zu der neben dem Möbelgeschäft auch Immobilien sowie Land- und Forstwirtschaft gehören.

Tochter Tessa und ihre Schwester Anke besitzen am Konglomerat jeweils Anteile „im zweistelligen Bereich“. Anke zog sich vom Unternehmen operativ zurück, Tessa stieg nach dem Studium ein und blieb.

Der Auftrag an die Betriebswirtin ist klar umrissen: online Marktanteile sichern. Roller gehört zu den preisaggressiven Möbelmarktketten in Deutschland. Im Geschäftsjahr 2012/13 setzte das Unternehmen mit rund 5.000 Mitarbeitern 1,3 Milliarden Euro um. Hinter Platzhirsch Ikea ringt Roller vor allem mit den Konkurrenten Höffner und XXXLutz um Kunden. Rollers Online-Handel wächst beständig, schätzungsweise fünf Prozent vom Gesamtumsatz sind es heute, deutlich mehr als zehn Prozent sollen es werden. Zugleich fräst sich der Aldi der Möbelbranche auch stationär weiter durchs Land: Von 112 Filialen will Roller schnellstmöglich auf 160 Läden aufstocken.

Die mächtigsten Frauen im Business 2013
Nächstes Jahr wird das US-Magazine "Fortune" nicht um sie herumkommen: Die künftige Chefin und erste Frau an der Spitze des größten US-Autobauers General Motors (GM) ist ein echtes Eigengewächs. Mit 18 Jahren begann Mary Barra in dem amerikanischen Traditionsunternehmen als Werkstudentin - seitdem hat sie in den unterschiedlichsten Konzernbereichen mit angepackt. Barra arbeitete im Ingenieurwesen, leitete ein Fertigungswerk und war Co-Chefin des Personalressorts. Auf allen Stationen machte sie sich als exzellente Strategin einen Namen. Ihren schwierigsten Job hatte die 51-Jährige sicher zuletzt: Als Vize-Präsidentin war sie für die weltweite Produktentwicklung von GM verantwortlich - eine Aufgabe, der ihr in der Männerdomäne nur wenige zugetraut hatten, wie das Magazin „Bloomberg Businessweek“ in einem Barra-Porträt schrieb. „Sie ist führend am neuesten Erfolg der Firma beteiligt und belebt die Produktentwicklung bei GM neu“, lobte das Unternehmen sie nun anlässlich der Ernennung zur mächtigsten Frau in der globalen Autoindustrie. Ihre Produkte seien von einer ungekannten Qualität und kämen beim Kunden besonders gut an. Die zweifache Mutter habe sich als Anführerin herausgestellt, meinte der Aufsichtsrat. Quelle: dpa
Platz 14: Safra A. CatzDie 51-Jährige ist eine der Präsidentinnen der Oracle Corporation, einem der weltgrößten Software-Hersteller. Sie kam bereits 1999 zum Unternehmen und war seit 2001 Mitglied des Vorstandes. Auf den Plätzen 10 bis 13 finden sich außerdem Abigail Johnson, Phebe Novakovic und Carol Meyrowitz, Ursula Burns. Quelle: AP
Platz 9: Meg WhitmanDie 57-Jährige ist seit 2011 CEO und Präsidentin von Hewlett-Packard und war zuvor bei ebay. Vor ihrem BWL-Studium hat sie übrigens Medizin studiert, wechselte dann aber das Fach. Außerdem kandidierte sie 2010 in Kalifornien für das Amt der Governeurin. Vergangenes Jahr belegte sie im Fortune-Ranking noch Platz 3. Quelle: REUTERS
Platz 8: Marissa MayerDie 38-Jährige ist seit 2012 Vorstandsvorsitzende bei Yahoo. Dreizehn Jahre war sie zuvor bei Google – Mitte 2012 wurde sie vom Rivalen abgeworben. Ihr Ziel: Yahoo soll wieder zu einer der ersten Adressen im Internetgeschäft werden. Quelle: REUTERS
Platz 7: Patricia WoertzDie 60-Jährige ist CEO des Nahrungsmittelkonzerns Archer Daniels Midland und dort seit 2006 die Chefin. Bereits in den Vorjahren stand sie auf der Liste der mächtigsten Frauen der Welt. Sie verdient pro Jahr 20.684.000 US-Dollar. Quelle: REUTERS
Platz 6: Irene RosenfeldDie 60-Jährige verlor im Vergleich zum Vorjahr zwei Plätze. Sie ist Vorstandsvorsitzende von Kraft Foods. Ihre Großeltern waren Juden, die aus Deutschland eingewandert sind. Sie promoviert in Marketing und Statistik. Quelle: Reuters
Platz 5: Sheryl Sandberg Die 44-Jährige hat hingegen gleich drei Plätze gut gemacht. Sie ist seit 2008 Geschäftsführerin von Facebook und war zuvor sowohl bei Google als auch Stabschefin im US-Finanzministerium. Sie ist eine der reichsten Frauen der Welt. Quelle: REUTERS

Für Tessner sind Laden und Internet kein Widerspruch: „Wir betreiben seit zehn Jahren Online-Handel, bei uns kann man auf allen Wegen bestellen, liefern lassen oder abholen. Die Dichte des Niederlassungsnetzes hilft uns bei der Logistik“. Solche Themen diskutiert sie auch mit ihrem Vater. „Bei Familientreffen sitzt die Firma mit am Tisch“, sagt Tessner. Unternehmerkinder kennen es von klein auf nicht anders.

Tessner schätzt ihr karrieredominiertes Leben, auch wenn das Privatleben leidet. In ihrer Freizeit joggt sie gern mit ihrer Cockerspaniel-Münsterländer-Mischung Blacky, gerettet aus einem spanischem Tierheim. Auch beim Sport sei ihr Motto: „Es gibt keine Wunder. Nur hartes Training.“

Sarah Maier: Tradition bewahren

Sarah Maiers Möbel sind selbst in New York begehrt. Heute einen Handwerksbetrieb zu führen ist trotzdem eine Herkulesaufgabe. Quelle: Deniz Saylan für WirtschaftsWoche

Der Schriftsteller Ernest Hemingway hat Courage einmal mit „Anmut unter Druck“ beschrieben. Auf kaum jemanden passt die Definition „Grace under Pressure“ so gut wie auf Sarah Maier.

Die Innenarchitektin sitzt gespannt wie eine Feder am Schreibtisch und zeichnet Entwürfe für den Umbau einer Villa in Baden-Baden. Die russischen Besitzer möchten es neobarock, und Maier wird diesem Auftrag auf die ihr eigene Art nachkommen. Sie wird das gewünschte Ambiente mit viel Gold durch knallige Farben und dem Einsatz von ungewöhnlichen Materialkombinationen wie Holz, Kunststoff, Lederfliesen und Filz konterkarieren.

In ihrer Jugend war sie vielfache deutsche Meisterin im Synchronschwimmen und hat sich schon oft im Leben mutig ins Ungewisse gestürzt. Bestens vorbereitet für die Aufgaben im Familienunternehmen war sie zudem mit ihren beiden Diplomen als Architektin und Kauffrau.

Trotzdem sagt die 37-Jährige heute, sie sei „damals heillos überfordert gewesen“, als sie 2006 als Geschäftsführerin in den Familienbetrieb Ursula Maier im schwäbischen Markgröningen einstieg. Ehrliche Worte.

Maier stand vor großen Aufgaben. Die Firma, die Möbel designt und Inneneinrichtungen fertigt, bedurfte der dringenden Modernisierung, bei gleichzeitiger „Bewahrung der handwerklichen Traditionen, die uns berühmt gemacht haben“, sagt Maier. Angemerkt habe ihr die Nervosität aber höchstens ihre Mutter.

Die, Ursula Maier, ist Schreinermeisterin und hat den über 100 Jahre alten Betrieb mit heute 25 Mitarbeitern vergangenes Jahr an ihre Tochter übergeben. Sie folgte einem Gründer, der 1910 Akademieprofessor für Möbelentwurf war, und dessen Nachfolger, der neue Schreinerei-Maschinen entwarf, die er weltweit verkaufte und die das Handwerk revolutionierten. Die Messlatte liegt hoch in diesem Betrieb.

Dann übernahmen die Frauen: Sarahs Mutter wandelte die Schreinerei in einen Komplettanbieter für Inneneinrichtungen um. Sarah ist die Experimentierfreudige mit nüchternem Geschäftssinn. Sie hat diverse Designpreise gewonnen, vor allem für die Kreation ihrer Küchenkollektion: „Da stand ein 45 Jahre gelagerter französischer Nussbaum im Keller, genau passend für einen Küchenblock“, sagt sie. Dem verpasste sie eine magentafarbene Oberfläche. Der pinkfarbene Küchenknaller ziert inzwischen alte Bauernhäuser im hohen Norden, ultramoderne Unternehmervillen in Schwaben und ein Loft in New York.

Willkommen im Club
Patricia Gandji, 43Nordeuropa-Chefin von Cartier Quelle: SCHÖTTGER Photography
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Foto von Sabine Scheunert Quelle: Presse
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Fehler erlaubt

Die Designerin meint, mit ihr sei eine völlig neue Unternehmer-Generation am Werk: „Ich stehe zu meiner Lernkurve. Anders als meine Vorfahren kann ich Fehler zugeben.“ Um auch ihre Mitarbeiter darin zu schulen, aus ihren Missgeschicken zu lernen und über Innovationen nachzudenken, gab es lange Zeit zwei Ordner. Einen mit der Aufschrift „Geldvernichtung“ und einen mit dem Titel „Zukunft“. „Da haben wir dokumentiert, was schiefgelaufen ist und was wir noch erfinden müssen“, lacht Maier.

Heute, gibt sie zu, ist sie längst nicht mehr so fordernd wie am Anfang ihrer Unternehmerlaufbahn. Frisch am Start, mit 29 Jahren, schaffte sie kurzerhand das 13. Gehalt ab und ersetzte es durch eine gewinnorientierte Provisionierung – „rein leistungsbezogen“. Den anschließenden Aufschrei der Mitarbeiter wetterte sie ab. „Ich hab das Ding einfach durchgezogen“, sagt Maier, „heute bin ich milder.“ Und schickt gleich hinterher, dass sich das „dringend“ wieder ändern müsse.

Aber Firmen- und Familienaufbau fordern ihren Tribut. Um alles parallel mit gleicher Energie voranzutreiben, fehle ihr manchmal schlicht die Kraft, gibt die dreifache Mutter zu. „Aber die Kinder sind wichtig. Nachwuchs erdet. Und ein geerdeter Chef ist ein anderer Chef.“

Um Luftschlösser zu bauen, ist die Geschäftslage auch zu volatil. Leider, sagt Maier, verdiene sich das Geld heutzutage nicht mehr so leicht im Hochlohnland Deutschland. Dann seufzt sie. Kaum hörbar. Und nur kurz. Drückt das Kreuz durch und zeichnet einfach weiter.

Julia Esterer: Endlich angekommen

Julia Esterer liebt Verantwortung, Freiheit und hohes Risiko – ist lieber Unternehmerin als angestellte und abgesicherte Managerin. Quelle: Dominik Asbach für WirtschaftsWoche

Durchhaltevermögen hat die 41-Jährige schon früher bewiesen: Ihr Hobby war der Marathonlauf – gern auch quer durch die Alpen. Heute schafft sie nicht mal mehr eine Runde um die Kasseler Kuppe – nicht, weil es ihr an Fitness mangelt, sondern schlicht an Zeit. Als Vertretung des Produktionschefs leitete sie wochenlang ab sechs Uhr morgens die Fertigung.

Von einer 35-Stunden-Woche, wie sie die Mitarbeiter ihres in der IG Metall organisierten Betriebes für den Aufbau von Tanklastzügen haben, kann sie nur träumen: „Manchmal sehe ich mein Kind erst abends beim Sandmännchen wieder.“ Trotzdem ist sie angekommen in ihrer Rolle als Unternehmerin. Esterer macht 37 Millionen Euro Umsatz mit der Produktion von Betankungsanlagen für Laster. Braucht ein Flugzeug in Frankfurt Sprit oder eine heimische Heizung neues Öl, ist meist ein von Esterer ausgerüsteter Wagen unterwegs. Es ist ein Männerbusiness: 15 von 170 Mitarbeitern sind weiblich.

Mit Vater Harold teilt sie sich die Geschäftsführung, beide sind Gesellschafter. Die Tochter macht das Operative, der Vater die Finanzen. Er denkt inzwischen über seinen Rückzug nach. Der 72-Jährige ließ sie gewähren, als in der Fertigung kein Stein auf dem anderen blieb. Die Tochter hatte die Prozesse nach dem Muster von Automobilfertigungen restrukturiert, und die Mitarbeiter murrten, weil sie sich von alten Gewohnheiten trennen mussten.

Hinter den Kulissen gab es natürlich Diskussionen zwischen Vater und Tochter über die höhere Komplexität. „Aber wir haben ein super Verhältnis“, sagt sie. Auch wenn die Juniorin anders führt als der Seniorchef: „Mein Vater ist ein sehr kooperativer Typ.“ Sie hingegen ist der Meinung, dass man in Veränderungsprozessen „die Zügel mehr anziehen muss“.

Für den Einstieg in Vaters Firma brachte Esterer ein BWL-Studium, Managementerfahrung von BMW und Auslandserfahrung mit. Trotzdem musste sie sich erst an die neue Aufgabe gewöhnen. Mit dem Vater vereinbarte sie deshalb ein Probejahr.

Frauenanteil in Deutschlands Großkonzernen
Adidas Herbert Hainer Quelle: dapd
Elizabeth Corley Allianz Quelle: Pressebild
Sandra Peterson Bayer Quelle: Pressebild
BASFBeim Chemieriesen BASF stieg die Frauenquote im vergangenen Jahr ebenfalls nur um rund ein Prozent auf 10,9 Prozent (ohne Vorstand und Aufsichtsrat). Hier sind auch Ziele in Sachen Frauenförderung wenig ambitioniert. Lediglich 15 Prozent sollen bis Ende 2020 in den Chefetagen des Konzerns sitzen. Auch insgesamt gibt es wenige Frauen im Konzern. Ihr Anteil an der Gesamtbelegschaft liegt bei 23 Prozent. Allerdings sitzt hier eine Frau im Vorstand. Margret Suckale ist Personalchefin des Ludwigshafener Chemieunternehmens. Bekannt wurde sie während des Lokführer-Streiks 2008 als Personalchefin bei der Deutschen Bahn. Ein weiteres bekanntes weibliches Gesicht ist RTL-Chefin Anke Schäferkordt, die im Aufsichtsrat von BASF sitzt. Quelle: dpa
Beiersdorf Quelle: dpa
Hildegard Wortmann Quelle: Pressebild
Commerzbank Quelle: dapd

Als Zweifel sie plagten, ob es die richtige Entscheidung sei, suchte sie sich einen Coach. Der zeigte ihr Wege auf, um die richtigen Antworten zu finden: „Ich musste vier Wochen lang jeden Morgen nach dem Aufstehen aufschreiben, was mir auf der Seele liegt. Das hat mir geholfen, die Gedanken zu sortieren.“ Sie steht dazu und ist offen für externe Hilfe und Ratschläge – auch für die ihres Vaters. „Der bremst mich schon mal, wenn ich zu sehr aufs Gas trete.“

Esterer ist froh, dem Konzernleben den Rücken gekehrt zu haben: „Kein Manager weiß, was es heißt, die volle Verantwortung zu tragen“, sagt sie, „oder wenn immer das gesamte Hab und Gut an der Firma hängt.“

Nicola Lemken: Die Teilzeit-Chefin

Nicola Lemken leitet den gleichnamigen Landmaschinenhersteller – ruhig, gelassen und mit reduzierter Stundenzahl. Quelle: Dominik Asbach für WirtschaftsWoche

Man kann sich problemlos vorstellen, dass Nicola Lemken, auf einem Traktor sitzend, einen Pflug über den Acker zieht und die kontemplative Monotonie dieser Tätigkeit mag – dass sie also die Produkte zu schätzen weiß, die sie da verkauft: Pflüge, Eggen, Sämaschinen.

Die 43-Jährige strahlt Gelassenheit aus. Unaufgeregt führt Lemken den 1780 als Schmiede gegründeten gleichnamigen Landmaschinenhersteller aus Alpen am Niederrhein. Sie managt das Unternehmen in siebter Generation und ist die erste Frau an der Spitze. Lemken ist Mitglied der sechsköpfigen Geschäftsleitung und nach eigener Ansicht ein Beispiel dafür, dass sich Familie und Führungsjob vereinbaren lassen. Und dass nicht der Chef, die Chefin, unter allen Umständen derjenige sein muss, der morgens aufschließt und abends als Letzter das Licht ausmacht.

Da sie zwei kleine Kinder hat, arbeitet sie Teilzeit, in der Regel zwei Tage in der Woche. Daraus macht sie kein Geheimnis. Angst vor Kontrollverlust hat sie nicht. Die Hauptgesellschafterin nimmt an allen wichtigen Sitzungen teil und arbeitet ansonsten streng projektbezogen. So hat sie beispielsweise die Baustelle beim Umbau des Betriebs betreut.

Sie hält das auch deshalb für eine gute Lösung, weil sie so Geschäftsführer Anthony van der Lay nicht in die Quere kommt, der das Tagesgeschäft leitet und dem sie „voll vertraut“.

Die Nachfolge regelte sie standesgemäß mit Vater Viktor auf der Rückfahrt von einer Pflugweltmeisterschaft 1999. Das dauerte keine zwei Stunden, denn beide machten nicht viele Worte. „Mein Vater hat mich gefragt, ob ich mir das vorstellen kann. Über die Details waren wir uns schnell einig.“

Sie kann nicht sagen, dass ihr das Geschäft in die Wiege gelegt war. In ihrem Kleinmädchenleben spielten eher die Klassiker wie Ballett und Blockflöte eine Rolle als der väterliche Maschinenpark.

Aber eine Banklehre in Krefeld machte sie dann doch nach dem Abitur und studierte in Münster Betriebswirtschaftslehre. Nach dem Start in das Berufsleben bei Bayer arbeitete sie im internationalen Rechnungswesen. „Ich war schon immer mehr der Mathe-Typ“, sagt sie über sich selbst.

Erfolgreich verschweigen

Rechnen kann sie also. Und ihre Geschäfte rechnen sich auch. 363 Millionen Euro Umsatz machte der international operierende Betrieb im vergangenen Geschäftsjahr mit 1144 Mitarbeitern. Über Gewinne schweigt sich die Chefin aus, aber die Margen dürften auskömmlich sein.

Über die Zukunft macht sich Lemken für ihre Branche keine Sorgen. „Die Landtechnik hat Konjunktur“, sagt sie, „weil die Weltbevölkerung wächst. Damit bleibt die Welternährung das dominierende Thema.“ Traktor fahren kann sie übrigens wirklich. Und sie ist eine Befürworterin nachhaltiger Landwirtschaft. Lemken ist und bleibt erdverbunden.

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