Ranking Das sind Deutschlands innovativste Mittelständler

Ranking: Das sind Deutschlands innovativste Mittelständler Quelle: Enver Hirsch für WirtschaftsWoche

Wer ist der innovativste Mittelständler im ganzen Land? Eine exklusive Studie zeigt, welche Unternehmen besonders erfolgreich Neues schaffen. Die Sieger verbessern nicht nur Produkte, sondern überschreiten Grenzen.

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Innovativ will heute jedes Unternehmen sein. Dazu reicht es aber nicht, Forschungsausgaben zu steigern und bereits vorhandene Produkte immer weiter zu verbessern. Es klingt banal, ist aber schwer zu schaffen: Wer erfolgreich Neues verkaufen will, muss Bedürfnisse der Kunden besser erkennen.

Der Filzstifthersteller Edding etwa verbessert nicht nur seine Stifte, sondern weitet sein Angebot auf neue Märkte wie Nagellack aus. Fahrradbauer Canyon baut auf Kooperation mit Leistungssportlern, um seine Modelle möglichst exakt an die Bedürfnisse seiner Kunden anzupassen. Und der Fertighausbauer Bien-Zenker setzt als erstes Unternehmen seiner Branche auf einen Industrieroboter, dem er den Umgang mit Holz erst beibringen musste. Solche Neuerungen brauchen Mut.

Der InnovationscodeDie Beratung Munich Strategy hat im Auftrag der WirtschaftsWoche bereits zum fünften Mal die Innovationskraft von 3500 mittelständischen Unternehmen analysiert. Dafür wertete sie Jahresabschlüsse und Präsentationen aus, zudem befragte sie Geschäftsführer, Kunden und Konkurrenten. Für eine engere Auswahl von 400 Unternehmen errechneten die Berater einen Innovationsscore. Der hängt zu einem Drittel von der Umsatz- und Gewinnentwicklung und zu zwei Dritteln von der Innovationskraft des Mittelständlers ab. Diese ergibt sich unter anderem daraus, wie viele und welche Neuheiten ein Unternehmen auf den Markt bringt, wie hoch seine Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind und für wie innovativ es Wettbewerber halten.

„Auch Unternehmen im Silicon Valley erfinden in der Regel keine neuen Produkte, sondern sind mit neuen Geschäftsmodellen und Plattformen erfolgreich“, sagt Sebastian Theopold, Gründer der Beratung Munich Strategy. „Davon können sich deutsche Mittelständler einiges abschauen.“

Wer auf diesem Weg schon weit gekommen ist, zeigt Theopolds exklusive Analyse von 3500 Unternehmen (siehe Tabelle unten). Die drei genannten Unternehmen haben dabei die drei vorderen Pläte unter Deutschlands innovativsten Mittelständlern 2018 belegt.

Sebastian Theopold ist Gründer von Munich Strategy, einer auf den Mittelstand spezialisierten Strategieberatung. Er hat einen ‚Innovationsscore‘ entwickelt, mit dem Unternehmen identifiziert werden können, die durch Innovation Vorteile im Wettbewerb erzielen. Für die WirtschaftsWoche ermittelt er seit vielen Jahren die „Innovations-Champions“.

„Es reicht nicht, nur neue Produkte zu erfinden“

Im Interview erklärt Theopold, was die Innovations-Champions besser machen.

WirtschaftsWoche: Herr Theopold, Sie haben für die WirtschaftsWoche die innovativsten Mittelständler Deutschlands gekürt. Was machen die Sieger anders und besser?
Sebastian Theopold: Sie beschränken sich nicht darauf, neue Produkte zu erfinden oder die Forschungs- und Entwicklungsausgaben zu steigern. Wer innovativ sein will, muss auch bei den Prozessen, im Vertrieb oder Marketing ansetzen. Schauen Sie ins Silicon Valley: Die Unternehmen dort erfinden in der Regel keine neuen Produkte, sondern sind mit neuen Geschäftsmodellen und Plattformen erfolgreich. Wenn der Mittelstand diese Denkweise annimmt und mit seinem Industrie-Know-how kombiniert, kann Großes entstehen. Die Innovations-Champions setzen das schon sehr häufig so um. 

Nun haben Sie gerade Edding, einen Hersteller von Filzmarkern, zum innovativsten Mittelständler Deutschlands gekürt. Das klingt allerdings eher nach Old Economy.
Ja, aber die atmen zumindest etwas vom Geist des Silicon Valley. Edding hat sein Geschäftsmodell weiterentwickelt. Die haben rechtzeitig erkannt, dass in den Büros immer weniger geschrieben und Marker verwendet werden und verkaufen daher jetzt auch Nagellack. Auch das hat ja mit Farbe zu tun, die aufgetragen wird. Dazu haben sie eigens einen neuen Vertriebskanal in der Kosmetikindustrie aufgebaut. Das ist für mich Innovation. Oder nehmen Sie Kaeser, einen klassischen Hersteller von Kompressoren. Die verlassen sich nicht nur auf ihre Maschinen, sondern bieten anderen Unternehmen ein Zusatzgerät, einen Druckluft-Manager, mit dem diese ihre Arbeitsprozesse besser steuern können. Der Druckluft-Manager passt die Zufuhr flexibel an, sammelt und wertet Echtzeit-Informationen aus und verhindert so kritische Zustände.

Haben denn die Mittelständler, mit denen Sie gesprochen haben, schon begriffen, worauf es jetzt ankommt?
Der Mittelstand ist da noch nicht überall auf der Höhe der Zeit. Die Erkenntnis, mehr in Ideen statt in Produkte zu investieren, also in Geschäftsmodelle, Plattformen und Vertriebskanäle, setzt sich aber zunehmend durch. Aber da ist sicher noch Luft nach oben, um gegenüber den USA aufzuholen. Aus dem berühmten „Made in Germany“ muss „Inspired by Germany“ werden, damit die deutschen Mittelständler auch in Zukunft mithalten können.

Ist die Digitalisierung überall angekommen?
Dass Digitalisierung keine Software ist, sondern eine Frage der Einstellung, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Das Thema betrifft ja auch alle Branchen: Auto, Maschinenbau, Nahrungsmittel, Bau. Nur wer seine Einstellung ändert, versteht, wie die Digitalisierung im eigenen Unternehmen aussehen kann, anstatt einfach nur Dinge aufzusetzen. Erst dann sieht man, dass zum Beispiel Daten zu wichtigen Ressourcen werden können. 

Und jetzt braucht es überall Data Scientists im Mittelstand?
Da wird noch viel zu wenig gemacht. Die Mittelständler wissen oft gar nicht, auf welchen Datenschätzen sie sitzen und wie wertvoll ihre Produktionsdaten sind. In Zukunft wird es aber um die Frage gehen, wie und für wen die eigenen Daten einen Mehrwert liefern. Die Bandbreite reicht von Produktverbesserungen und Serviceinnovationen bis hin zur  Neugestaltung der Kundenbeziehungen. Bei allem wird es aber darum gehen, Dinge intelligent zu kombinieren. Dafür müssen Data Scientists in die Unternehmen, die dann aber auch Freiräume brauchen. Das kann und darf dann auch mal zu Konflikten führen. Außerdem muss das Management strategische Allianzen schmieden, die auch über die bisherigen Partner und Wettbewerber hinausreichen.

Rechnet es sich für Mittelständler eigentlich, innovativ zu sein? Innovationen kosten ja erst einmal Geld.
Auch das haben wir untersucht. Bei den fünfzig Innovations-Champions wachsen Umsatz und Ertrag dreimal so schnell wie bei den übrigen Mittelständlern. Die Champions sind beim Umsatz im Schnitt jährlich um 13,5 Prozent gewachsen, beim Ertrag um 25,9 Prozent. Also ein klares Ja, Innovation zahlt sich auch finanziell aus.

Auf ein Neues
Die 50 innovativsten deutschen Mittelständler
RangUnternehmen (Bundesland)SchwerpunktUmsatz (in Millionen  Euro)Inno- vations- score
1Edding (SH)Schreibwaren143206
2Canyon Bicycles (RP)Fahrräder187202
3Bien-Zenker (HE)Fertighäuser144193
4Nemetschek (BY)Software für die Bauindustrie337184
5true fruits (NW)Smoothies40178
6DELO Industrie Klebstoffe (BY)Industrieklebstoffe91177
7Telenot Electronic (BW)Sicherheitstechnik und Alarmanlagen74175
8Kaeser Kompressoren (BY)Kompressoren und Druckluftsysteme799172
9VAN HEES (HE)Fleischzusatzprodukte115170
10Binder (BW)Umweltsimulationsschränke60168
11Netzsch Pumpen & Systeme (BY)Pumpen und Systeme475167
12Hälssen & Lyon (HH)Teeproduktion104163
13Nanogate (SL)Hightechoberflächen und -komponenten112161
14Ille Holding (HE)Spendersysteme und Hygieneprodukte72157
15ARKU (BW)Blechverarbeitung54155
16ISRA VISION (HE)Machine-Vision-Lösungen129154
17heizkurier (NW)Mobile Heizzentralen5153
18DERMALOG (HH)Biometrische Identifikationssysteme41151
19NanoTemper Technologies (BY)Biophysikalische Messgeräte19148
20Ravensburger (BW)Gesellschaftsspiele, Puzzles und Verlage474147
21Next Kraftwerke (NW)Virtuelle Kraftwerke283146
22Medigene (BY)Therapien gegen Krebs10143
23LED Linear (NW)LED-Technik22141
24Stockert (BW)Medizinische Geräte18140
25First Sensor (BE)Sensortechnologie 150138
26Uzin Utz (BW)Bauchemie273134
27Basler (SH)Industrie- und Netzwerkkameras98133
28beyerdynamic (BW)Kopfhörer, Mikrofone und Konferenzsysteme51130
29Occhio (BY)Lichttechnik und Beleuchtungssysteme29129
30GEZE (BW)Gebäudeautomation394128
31

 

Berthold Hermle (BW)

Fräsmaschinen und Bearbeitungszentren394125
32Duravit (BW)Badmöbel und Armaturen441124
33Katjes International (NW)Süßwaren (Lakritz und Fruchtgummi)225122
34RATIONAL (BY)Groß- und Industrieküchengeräte613121
35GRIMME Landmaschinenfabrik (NI)Landmaschinen403118
36Stern-Wywiol Gruppe (HH)Food & Feed Ingredients464116
37Mayer & Cie. (BW)Rundstrickmaschinen103115
38Fritz Kübler (BW)Mess- und Sensortechnik53111
39Schmersal Gruppe (NW)Sicherheitsschaltgeräte214110
40Steinel (NW)Thermowerkzeuge und Sensorik156107
41PSI Software (BE)Softwarelösungen für Logistikindustrie55102
42Doppstadt Familienholding (NW)Entsorgungsmaschinen158100
43CeramTec Holding (NW)Hochleistungskeramik 49398
44Konditorei Junge (SH)Bäckereiunternehmen14796
45Gerhard Schubert (BW)Digitale Verpackungsmaschinen21993
46EatHappy ToGo (NW)Sushizubereitung in Supermärkten3590
47ATMOS MedizinTechnik (BW)Medizintechnik2089
48Hentschke Bau (SN)Ingenieurbau11986
49Sutter Fleischwaren (RP)Fleischwaren26085
50Clage (NI)Elektronische Durchlauferhitzer 3383
Quelle: Munich Strategy
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