Reich trotz Insolvenz So tricksen Promi-Pleitiers wie Thomas Middelhoff

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In der Insolvenz muss meist die Familie aushelfen

Der Fall taugt zum Lehrstück: Fast immer muss bei Insolvenzen die Familie aushelfen. Entsprechend sinnvoll sind Vermögenstransfers – zumindest, solange sie nicht wie bei Flowtex-Pleitier Manfred Schmider ablaufen. Der organisierte noch aus dem Gefängnis heraus, wo er wegen des Milliardenschwindels um seine luftigen Geschäfte saß, den Abtransport von vier Chagall-Gemälden und eines Geländewagens in die Schweiz zu seiner Ehefrau. Er wollte ihr damit „eine Freude machen“, rechtfertigte Schmider den Beutezug später vor dem Landgericht Mannheim. Das verurteilte ihn wegen Bankrott-Vergehen zu einer Bewährungsstrafe.

Ungefährlicher sind Schenkungen an Angehörige, möglichst lange bevor die ersten Probleme auftauchen. „Das unternehmerische Risiko minimiert man am besten, solange es finanziell gut läuft“, rät der Kölner Insolvenzexperte Andreas Ringstmeier, zu dessen Mandanten unter anderem Quelle-Erbin Schickedanz gehört. „Dann lassen sich Vermögenswerte auf Familienmitglieder übertragen.“

Das sind die höchsten Kautionen für Manager
Thomas Middelhoff Quelle: dpa
Die ehemaligen Vorstände der Hypo Alpe Adria, Gert Xander (l.) und Wolfgang Kulterer Quelle: dapd
Klaus Zumwinkel Quelle: AP
Dominique Strauss-Kahn Quelle: AP
Uli Hoeneß Quelle: dpa
Raoul Weil Quelle: AP
Raj Rajaratnam Quelle: dapd

Der Haken: Solche Transaktionen sind nach vier, in manchen Fällen sogar erst nach zehn Jahren vor dem Zugriff von Insolvenzverwaltern sicher. Ein Problem, das nun auch den derzeit prominentesten Pleitier einholt.

Auf der Spur des Geldes

Die Villa liegt inmitten eines parkähnlichen Areals in einem Vorort von Bielefeld. Ein hoher Zaun schirmt das Middelhoff-Anwesen ab. Sein juristischer Schutzwall um die Immobilie jedoch weist Lücken auf. „Wir haben einige Zahlungen und Vermögensübertragungen identifiziert, die anfechtbar sind und die wir für die Gläubiger zurückfordern werden“, sagt Middelhoffs Insolvenzverwalter Thorsten Fuest. Dazu gehörten Zahlungen an Banken, aber „auch die Übertragung einer Immobilie in Bielefeld in eine Familiengesellschaft“. Middelhoff muss um seine Villa bangen.

Mit zwölf Mitarbeitern versucht Fuest derzeit zu rekonstruieren, wohin Middelhoffs Millionen in den vergangenen Jahren geflossen sind. Der Verwalter gilt in der Branche als geradliniger, verbindlicher Typ, der seine Fälle gleichermaßen unaufgeregt wie sorgfältig erledigt. Fuest hat Erfahrung beim Aufspüren von Vermögenswerten. So war er 2006 bei der Insolvenz des Geldtransportunternehmens Heros im Einsatz.

Der Middelhoff-Prozess von A bis Z

Middelhoff stand zu diesem Zeitpunkt im Zenit seiner Karriere: Aktionäre feierten Big T. als Retter des KarstadtQuelle-Konzerns – und er feierte mit. Der Manager düste vorzugsweise im Charterjet durch die Welt und nannte neben dem Bielefelder Quartier eine Prachtvilla in Saint-Tropez samt Pinien, Palmen und Pools sein Eigen. Unten im türkisblauen Meer ankerte die 33-Meter-Yacht Medici. Und wenn die Vorstandskollegen aus Essen einflogen, wurde flugs eine Doppel-Magnumflasche Château Cheval Blanc für 2000 Euro entkorkt.

Als strapaziöser für die Middelhoff’sche Kasse erwiesen sich allerdings Beteiligungen der Eheleute an etlichen steueroptimierten Immobilienfonds, denen Karstadt-Häuser gehörten. Die Middelhoffs investierten auf Pump – und in großem Stil. Das wurde 2009 zum Problem, als Karstadt Insolvenz anmeldete, in der Folge auch die Immobilienfonds in Schieflage gerieten und der Absturz vom Superreichen zum Superschuldner begann.

Middelhoff hat versucht, sein Vermögen zu retten

Spätestens zu diesem Zeitpunkt, davon ist Insolvenzverwalter Fuest überzeugt, habe Middelhoff geahnt, dass es für ihn finanziell eng werden würde. „In der Folge ist in Sachen ‚asset protection‘ viel passiert“, konstatiert Fuest. „Da wurde sehr gründlich und mit Bedacht gearbeitet.“ Im Klartext: Vor seinem Insolvenzantrag im März soll Middelhoff versucht haben, seinen Besitz systematisch abzuschirmen. Sein Anwalt, der Berliner Jurist Hartmut Fromm, weist das zwar als „falsch“ zurück. Doch Unterlagen aus Grundbüchern zeigen ein anderes Bild.

So hat Middelhoff seinen Bielefelder Immobilienbesitz ab 2011 auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts übertragen, die größtenteils seiner Frau und den fünf Söhnen gehört. Vorteil der Konstruktion: Vor der Insolvenz kamen seine Gläubiger an das Anwesen nicht heran. Die Besitzverhältnisse der Mittelmeer-Villa sind ähnlich diffizil.

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