Rolf Benz, der Ehrbare Kaufmann "Jeder hat seine verborgenen Wahrheiten"

Mit Blick auf die Manipulationen bei VW scheint das Ideal des Ehrbaren Kaufmanns bedeutungslos. Möbelfabrikant Rolf Benz warnt vor den Folgen: In Krisenzeiten seien Unternehmen umso mehr vom Vertrauen der Kunden abhängig.

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Rolf Benz auf dem Weltmarktführertreffen in Schwäbisch Hall. Quelle: Armin Höhner für WirtschaftsWoche

WirtschaftsWoche: Herr Benz, Sie sind seit der Gründung Ihrer ersten Polsterwerkstatt 1964 erfolgreicher Unternehmer und Aufsichtsrat. Ihre Sofas haben Status-Charakter. Wie wichtig waren moralische Werte für Ihren Aufstieg?

Rolf Benz: Anstand und ethisches Verhalten sind für mich unverzichtbare Erfolgskomponenten. Ohne sie sind Leistungsbereitschaft und Erfolgsstreben wertlos.

Mit Blick auf Praktiken im globalen Wettbewerb, angesichts des Abgasbetrugs bei VW oder der Zinsmanipulationen bei der Deutschen Bank gilt das offenbar vielen als überholt.

Das Thema hat heute wieder eine hohe Aktualität: Jedes Unternehmen, um das sich eine Marke bildet, wird in seinem ethischen Verhalten belohnt oder bestraft. Je höher die Marktbedeutung ist, umso gravierender sind die positiven oder negativen Auswirkungen nach außen und innen. Das gilt erst recht, wenn der Markenname mit der Person des handelnden Inhabers verknüpft ist.

Zur Person

Wie definieren Sie ethisches Verhalten als Unternehmer?

Im Sinne des Tübinger Theologie-Professors Hans Küng, als Weltethos, das für die Weltwirtschaft, über die Welt hinweg und für das eigene Unternehmen gilt. Zudem teile ich die Sicht des schon 1971 verstorbenen Wirtschaftswissenschaftlers und Christen Hans Domizlaff: Er hat in das Zentrum des Ehrbaren Kaufmanns die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens mit seinen Chancen und Risiken gestellt.

Welchen Einfluss hatte Ihr Elternhaus auf Ihre Einstellung?

Mein Berufsweg war nicht immer leicht und einfach. Nicht ich, sondern meine Eltern entschieden, dass ich eine Polstererlehre machte. Ich bin ihnen dankbar, weil sie mir Werte, auch christliche Werte, vermittelt haben, die ich als Rüstzeug für einen offenen, interessanten und erfolgreichen Lebensweg betrachten darf. In Krisenzeiten kann das Überleben des Unternehmens in entscheidender Weise vom erworbenen Vertrauen bei Kunden, Geschäftspartnern und Banken abhängen. Da bekommen die weichen Faktoren wie Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit einen weit höheren Stellenwert als taktische Cleverness. Hart und im eigenen Interesse verhandeln kann man trotzdem.

Was macht einen redlichen Chef aus? Und was haben Sie als Vater Ihren vier Kindern davon vermittelt? Ihr Sohn Markus ist heute Chef des Möbelherstellers Walter Knoll.

Ein redlicher Chef sollte ein Vorbild sein für seine Mitarbeiter, egal, in welcher Branche, weil sein Umfeld ihn als Leitbild wahrnimmt. Festgestellt habe ich, dass sich mit Anstand und ethischem Verhalten langfristig die besseren Ergebnisse erzielen lassen. Meinen Mitarbeitern habe ich vermittelt: Natürlich hat jeder seine verborgenen Wahrheiten, und das ist auch okay; trotzdem gilt es, eine Form der Kommunikation zu finden, mit der man verstanden wird. Eine klare Ansage ist entscheidend – auch wenn es dafür mehr Anstrengungen benötigt. Wer Leichen im Keller hat, sollte sich vorsehen: Die heutigen Kommunikationsstrukturen und sozialen Medien ermöglichen Einblicke, die für solch ein Unternehmen gefährlich werden können. Beispiele dafür gibt es derzeit genügend.

Glauben Sie, dass die um sich greifenden Regeln für rechtskonforme Unternehmensführung, die sogenannte Compliance, für mehr Ehrlichkeit sorgen?

Seit Ende des Zweiten Weltkrieg sehen wir eine unvergleichliche Leistungsentwicklung der Unternehmen, zugleich steigen die Ansprüche an Compliance. Das ist gut, denn mit der Arbeit am richtigen Produkt obliegt es der Unternehmensleitung eben auch, eine gesunde Unternehmenskultur aufzubauen, die allen Mitarbeitern Leitplanken vorgibt, innerhalb derer das Unternehmen agieren will.

Das klingt recht theoretisch.

Gegenfrage: Hat sich das Fehlverhalten der Chefs aus Sicht von deren Unternehmen gelohnt? Nein. Betrug und Korruption sind die größten Verhinderer einer wünschenswerteren Fortschrittsentwicklung unserer Welt. Hier sind wir gefordert, unser Gewissen zu prüfen.

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