Schmuckmanufaktur Wellendorff "Wenn ihr Geld übrig habt, investiert es in Gold"

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Es muss alles auf den Tisch

Kommt Ihnen zu Gute, dass in Deutschland recht viele vermögende Menschen ihr Geld angesichts der niedrigen Zinserträge nur zögerlich anlegen und dann lieber gleich in Sachwerte gehen?
Das stellen wir fest, ja. Auch wenn es keinen Zweitmarkt gibt, wie es ihn für hochwertige mechanische Uhren gibt. Die Menschen kaufen Schmuck, um ihn zu behalten oder weiterzureichen, nicht so sehr, weil sie auf Wertsteigerungen hoffen. Mein Großvater hat schon immer gesagt: Wenn ihr Geld über habt, investiert es in Gold.

Wie die meisten Luxusmarken ist Ihr Unternehmen in Nordamerika, Asien und Europa vertreten, nicht aber im arabischen Raum. Versäumen Sie da nicht etwas?
Dazu muss ich ausholen. Wir sind ein Familienunternehmen. Unser höchster Wert ist die Familie. Den leben wir. Mein Bruder macht die Distribution, meine Frau die Pressearbeit und meine Eltern sind auch im Unternehmen. Der weiter gefasste Kreis sind die Mitarbeiter. Ich habe fast täglich mit jedem zu tun. Ich kenne deren Hintergründe, deren Sorgen. Auch unsere Partner bei den Juwelieren sehen wir als langjährige Partner. Vor ein paar Jahren haben wir uns zusammengesetzt und uns gefragt, was die ideale Firmengröße für uns ist. Wir sind derzeit mit den Mitarbeitern im Ausland gut 120 Menschen. Wenn sie da noch drüber hinauswachsen, dann können sie dieses Verhältnis nicht aufrecht halten. Dann werden sie anonym. Dann brauchen sie Managementebenen. Das ist der Grund, warum es Wellendorff nicht in Südamerika oder eben den arabischen Staaten gibt. Auch wenn es dort selbstverständlich Menschen gibt, die sich mit unseren Werten wie der Goldschmiedekunst und Familienwerten identifizieren.

Schließe mit Patent. Die eigene Entwicklung wurde von einer Maschine 160.000 mal geöffnet und geschlossen, bevor sie in Produktion ging. Quelle: PR

Absage an Wachstum durch Familienentscheid? Ist das ein Bruch mit der Notwendigkeit von Wachstum im Kapitalismus?
Nein, wir müssen natürlich wachsen. Aber nicht zwingend mit der Größe des Unternehmens. Uns hilft sicher, dass wir unabhängig sind und alle Entscheidungen ohne Investoren oder Banken treffen. Wir müssen qualitativ wachsen. Wir müssen in der Exzellenz wachsen und nicht in der Anzahl der Schmuckstücke. Anspruch und Innovation – das sind die Dinge, die wir vorantreiben müssen. Das können sie am besten in Deutschland machen. Was erwartet die Welt von einem Produkt, das aus Deutschland kommt? Zuverlässigkeit, Qualität.

Das ist nicht das, was den meisten Menschen als erstes einfallen würde, wenn sie Schmuck kaufen.
Es gibt drei Gründe, warum man hochwertigen Schmuck kauft. Einmal möchte man ihn verschenken aus Liebe und Zuwendung. Dann gibt es diejenigen, die ihn sich selber gönnen, zum Beispiel auf Grund eines besonderen Ereignisses wie ein Abschluss oder eine Beförderung. Und die, die ihn mit Blick auf die kommende Generation kaufen, an die sie ihn weiterreichen möchte. Wenn sie dauerhaft Freude daran haben möchten, dann kommen sie ganz schnell an das Thema Qualität.

Auf Anhieb wirkt ein Ring technisch nicht so herausfordernd, wenn es um Haltbarkeit geht.
Nehmen Sie aber ein Armband. Wir haben eine patentierte Faltschließe. Wir haben eine Maschine entwickelt, die das Öffnen und Schließen simuliert.

So wie bei Ikea der Apparat, der Schubladen öffnet und schließt?
In etwa. Am Anfang hatten wir die Vorgabe, dass die Schließe 40.000 Schließvorgänge schadlos übersteht. Dann können wir garantieren, dass eine Frau, wenn sie sie täglich an- und ablegt, ihr ganzes Leben Freude daran hat. Die ersten Prototypen sind nach 200 Vorgängen gebrochen, weil das Material zu dünn war. Sukzessive haben wir das Schloss nach dreieinhalb Jahren durch Verbesserung so weiterentwickelt, dass wir die Maschine nach 160.000 Wiederholungen abgestellt haben. Die Ingenieursleistung liegt darin, keine externen Federelemente zu verwenden. Andere machen auch schöne Schlösser, aber wir können garantieren, dass es hält.

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