Serie Familienunternehmen: Berner Plötzlich Chef mit 27

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So geht es weiter

Und so geht es weiter. Seinen Finanzvorstand holte Berner von SCA, einem Hygieneartikelhersteller. Der Supply-Chain-Manager arbeitete vorher bei DHL und Henkel. Außerdem kämpfte er für die Position eines Chief Information Officers, kurz CIO – ein Jobtitel, den man eher bei Start-ups als bei Mittelständlern in der nordschwäbischen Provinz vermutet. „Solche Menschen transformieren das Unternehmen“, sagt Berner. Was logisch klingt, war für das Familienunternehmen eine kleine Revolution. Früher wurden vor allem Leute aus der Branche eingestellt. Eine typische Frage im Bewerbungsgespräch lautete: Haben Sie denn schon einmal Schrauben verkauft?

Das ist Berner völlig egal. „Ich suche intelligente Mitarbeiter mit der richtigen Attitude, alles andere lässt sich lernen“, sagt Berner. Der CIO Christoph Möltgen kam vom E-Commerce-Händler Otto, weiter weg von der Berner’schen Kernkompetenz geht es kaum. Berner: „Aber die Modebranche ist in der Digitalisierung schon viel weiter als wir.“

Die Zukunft

Wenn er noch einmal die alte Welt sehen will, reist Christian Berner nach Duisburg. Dort sitzt Caramba Chemie, seit 2007 vollständig im Besitz der Gruppe. Beim Hersteller von Rostlöser, Bremsenreiniger und allerlei anderer Döschen für Handwerker arbeiten 1100 Mitarbeiter. Berner, blauer Anzug, grüngraue Designer-Brille, Einstecktuch und Krawatte, wirkt in dem trostlosen Verwaltungstrakt etwas deplatziert. Piefiger Teppichboden statt modernes Industrieparkett, Filterkaffee statt Latte macchiato. Egal. „Hier stimmt der Spirit“, sagt er.

Solche Wörter benutzt er gerne. Anstatt großartig sagt er „outstanding“, wenn er etwas gut findet, ist das „geil“. In solchen Momenten wird klar, dass Berner anders tickt als seine älteren Kollegen, die er heute im Duisburger Werk zur monatlichen Besprechung trifft. Er ist mit Facebook und Twitter aufgewachsen, in seinem Büro steht ein Buch des US-Programmierers und Autors Jeff Sutherland. Der Titel, frei übersetzt: „Die Kunst, die doppelte Arbeit in der Hälfte der Zeit zu erfüllen“. Berners unternehmerische Entscheidungen sind geprägt vom Geist des Silicon Valley, nicht von dem der Schwäbischen Alb.

Davon ist an diesem Montagmorgen in Duisburg erst mal nichts zu spüren. Am Tisch sitzen unter anderem Caramba-Geschäftsführer Carsten Rumpf und Reiner Eckhardt, Chef des Tochterunternehmens Kent. Anfang des Jahres wurde eine neue Produktserie vorgestellt, heute sieht der Chef erste Ergebnisse. Christian Berner hört zu, fragt viel, lobt viel – obwohl die große Umstellung hier gemächlicher voranschreitet. „Wenn man uns vor einem Jahr gefragt hätte, was unser Unternehmen ausmacht – wir hätten gesagt: Wir machen den besten Scheibenkleber der Welt“, sagt Eckhardt. „Das hat sich unter Christian Berners Einfluss verändert, heute geht es um die ganze Markenwelt und welche Geschichte wir erzählen wollen.“

Deshalb prangen auf der Caramba-Webseite nicht mehr nur Fotos vieler bunter Döschen. Stattdessen werden dem Nutzer Geschichten erzählt, natürlich multimedial, mit kleinen Videos und Bildergalerien. Ein weiteres Indiz dafür, dass mit Christian Berner ein Hauch Silicon Valley ins Schraubenparadies eingezogen ist.

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