Serie Familienunternehmen: Rational Immer unter Dampf

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100 Forscher und zehn Jahre hat es gebraucht

Ganz am Schluss, wenn der Dampfgarer zusammengeschraubt und -geschweißt ist, spielt ein Mitarbeiter die Steuerungssoftware auf – die Schlüsseltechnologie, sozusagen die Kronjuwelen des Mittelständlers aus Bayern.

Mehr als zehn Jahre haben die rund 100 Forscher am Stammsitz in Landsberg etwa an einer Software getüftelt, mit der Chinesen eine Peking-Ente im Kombidämpfer so garen können, dass sie exakt so schmeckt, als sei sie auf traditionelle Art zubereitet. Die stolzen chinesischen Köche wollten zunächst nicht glauben, dass das funktioniert. Stadelmann und seine Leute mussten sehr diplomatisch mit den Köchen reden und mit viel Fingerspitzengefühl vorgehen. „Die Chinesen durften ihr Gesicht nicht verlieren“, sagt der Rational-Chef. Insgesamt rund 1000 Gerichte – mehr als zwei Drittel der chinesischen Küche – können die Dämpfer inzwischen zubereiten. Statt schweißtreibender Arbeit am heißen Wok genügt dazu ein Tastendruck am Touchscreen des Dampfgarers.

Die Steuerungssoftware stimmt Rational speziell auf die jeweiligen Märkte ab. So sieht beispielsweise ein Steak medium-rare in Frankreich anders aus als in Deutschland, nämlich blutiger. Also muss der Kombi-Dämpfer für Frankreich anders gesteuert werden. „Garintelligenz“ heißt das bei Rational. Zur Entwicklung solcher Lösungen verarbeiten die 300 Rational-Köche in ihren Labors in Landsberg jedes Jahr rund 25 Tonnen Lebensmittel.

Die fünf Erfolgsfaktoren der Familie Meister (10/2016)

Neben dem Dampfgarer, der Speisen mit Dampf, also kontaktlos gart, hat Rational auch sogenannte Vario-Cooker im Angebot. Hier wird wie in einer großen Pfanne, also mit Bodenkontakt gegart. Die Beschichtung am Boden des Geräts kühlt beim Abschalten binnen Sekunden aus – ein Verfahren, für das Rational ein Patent hat. Mehr als 90 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen allerdings noch immer mit seinen Dampfgarern.

Nächste Fabrik könnte in den USA entstehen

Das Geschäft der Bayern ist auch deshalb so stabil, weil sie nicht von einer Region abhängig sind. Etwa die Hälfte des Umsatzes erzielt das Unternehmen in Europa, knapp 20 Prozent in den USA und 13 Prozent in Asien.

Vor allem Amerika wird für Rational immer interessanter. Die Diskussion um die Qualität des Kantinenessens in Schulen etwa beobachten Stadelmann und seine Leute mit großer Aufmerksamkeit. Es könnte ihren Geräten zum Dampfgaren Auftrieb verleihen. Wenn die kritische Masse im US-Geschäft eines Tages erreicht ist, heißt es bei Rational, können man dort möglicherweise eine Fertigung einrichten. Bisher baut Rational seine Gargeräte ausschließlich in Landsberg und in Frankreich, wo die Deutschen Anfang der Neunzigerjahre das Unternehmen Frima gekauft haben.

Stillstand gibt es bei Meister nicht. Unermüdlich grübelt der Senior darüber nach, wie sich Speisen noch besser und schmackhafter zubereiten lassen.

Möglicherweise gelingt ihm ja noch einmal so ein Coup wie Anfang der Siebzigerjahre: Die Idee für den Kombidämpfer hatte Meister, als er damals beim Hähnchenbrater Wienerwald arbeitete. Das Essen schmeckte ihm nicht. Das kann man auch besser machen, dachte er sich – und machte es.

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