Erste unerwünschte Einblicke in ihr Familienleben gab Babette Albrecht schon vor knapp zwei Jahren. Im Prozess gegen ihren ehemaligen Kunstberater berichtete die Witwe des Aldi-Nord-Erben Berthold Albrecht detailliert, wie dieser Gemälde für Millionen erstand, „weil einige Wände noch frei waren“. Mittlerweile zieht sie gegen die eigene Familie ins Feld. Vor Gericht kämpft sie in zweiter Instanz um die Macht beim Handelskonzern.
Spätestens damit ist die angeheiratete Dame zum Albtraum für den eigentlich geradezu zwanghaft um Diskretion bemühten Clan geworden. Das Bild, das Schwager Theo Albrecht und dessen Mutter Cäcilie von Babette zeichnen, entspricht denn auch ziemlich genau dem Klischee der missratenen Schwiegertochter. Sie soll dem Sohn den Kopf verdreht, ihn der übrigen Familie entfremdet und Teile des Vermögens verschleudert haben. Und statt sich nach seinem Tod mit ihrem Erbteil zurückzuziehen, sucht sie auch noch Streit. Ihre Gegner wollen deshalb durchsetzen, dass Babette und ihre fünf Kinder jeglichen Einfluss auf die Geschicke des Discounterimperiums verlieren. Andernfalls, so Theo Albrecht, könne sie „mit ihrem Anwalt das Unternehmen am Nasenring durch die Manege führen“.
Der erbitterte Kampf eines Clans gegen angeheiratete Familienmitglieder ist eine durchaus übliche Konstellation. Selten geht es dabei wie bei den Albrechts gleich um Milliarden. Doch die angeblich geldgierige Schwiegertochter und der machthungrige Schwiegersohn sind in Unternehmerkreisen bekannte und überaus gefürchtete Figuren. Als abschreckendes Beispiel gilt noch heute die Möller Gruppe in Bonn. Bei dem Hersteller von Elektrotechnik soll der Schwiegersohn mit den Stimmrechten seiner naiven Ehefrau einen Vorstandsposten gekapert und das Unternehmen an den Rand des Ruins geführt haben. 2003 musste die Familie an einen Finanzinvestor verkaufen.
Geschlossene Gesellschaft
Peter May, Honorarprofessor an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar, kennt diese Geschichten und weiß um die mit ihnen verbundenen Existenzängste. „Der Umgang mit Schwiegersöhnen und Schwiegertöchtern ist eine der schwierigsten und emotionalsten Herausforderungen in Unternehmerfamilien“, sagt der Gründer der Intes Akademie für Familienunternehmen, der selbst aus einer Unternehmerfamilie stammt. „Und mit diesem Thema wird meist leider sehr unprofessionell umgegangen.“
Eine Unternehmerfamilie, erklärt May, sei in aller Regel ein in sich geschlossenes System. „Da gilt das Prinzip: Wir als Familie gegen die da draußen.“ Das Einheiraten von Fremden werde von Mitgliedern der eingeschworenen Gemeinschaft oft als Bedrohung und mögliche Schwächung der eigenen Person empfunden.

Um sich vor dem Kontrollverlust zu schützen, verschanzen sich Unternehmerfamilien hinter Ehe- und Erbrechtsverträgen. Viele konstruieren auch komplizierte Geflechte aus Stiftungen, um das Firmenvermögen so zu verwalten, dass ihr Einfluss gesichert bleibt. Manche schließen Schwiegerkinder schon per Vertrag von Gesellschafterversammlungen aus. Andere drohen ihren eigenen Kindern mit dem Verlust von Stimmrechten oder Erbanteilen, wenn sie mit ihren Partnern keine den Elternwünschen entsprechenden Eheverträge abschließen.
Mit solchen Vorsichtsmaßnahmen belasten die Eltern das Verhältnis zu ihren künftigen Schwiegerkindern jedoch oft schon vor der Heirat. Auch das Verhältnis zu ihren eigenen Kindern kann dabei Schaden nehmen, meint May. „Früher haben die jungen Leute Sprüche wie ‚Erst zum Notar, dann vor den Altar‘ noch akzeptiert und sich als Familienmitglieder zweiter Klasse in den Clan eingefügt“, sagt der Kenner vieler Unternehmerdynastien. „Heute funktioniert das aber immer weniger.“




