Zu wenig Wind ist schlecht, zu viel ist wiederum auch nicht gut. Denn einmal gibt es viel, dann wieder weniger Strom. Durch den natürlichen Wechsel der Wetterlagen sind die erneuerbaren Energien großen Schwankungen unterworfen – ein Problem vor allem für die Energiekonzerne, die für beide Fälle gewappnet sein müssen. Ein Unternehmen, das hilft, dieses Problem zu lösen, sitzt in Oldenburg und heißt Energy & Meteo System, kurz Emsys.
Matthias Lange hat Emsys 2004 mit seinem Mitstreiter Ulrich Focken gegründet. Was als Duo in einem kleinen Büro begann, haben die Gründer in weniger als einem Jahrzehnt zu einem der weltweit führenden Dienstleister für Windleistungsvorhersagen ausgebaut. Heute arbeiten in den Büros im Technologie- und Gründerzentrum Oldenburg 30 Leute: Meteorologen, Physiker, Informatiker. Der Umsatz liegt im einstelligen Millionen-Euro-Bereich.
Detallierte Prognosen
Weltweit nutzen immer mehr Windmüller die von Emsys entwickelten und verfeinerten Prognosemodelle, mit denen auf den großen Rechnern in Oldenburg die Vorhersagen im Viertelstundentakt erstellt werden – und das bis zu zehn Tage im Voraus. Dabei ist und bleibt das Wetter eine komplexe Materie, kein noch so guter Meteorologe kann exakt prognostizieren, was sich in der Atmosphäre zusammenbraut.
Die beiden Gründer lernten sich beim Physikstudium in Oldenburg kennen. Der 40-jährige Lange beschrieb in seiner Dissertation eben diese Unsicherheiten bei Windleistungsprognosen, der zwei Jahre ältere Focken untersuchte die meteorologischen Einflüsse auf die Windleistung. Was beide herausfanden, wurde zur Grundlage ihres Geschäftsmodells.
Die Kunst bestehe darin, die Abweichungen so gering wie möglich zu halten, sagt Lange. Das gelingt den Oldenburgern offenbar sehr gut. „Wir sagen derzeit etwa ein Viertel der weltweit produzierten Windenergie vorher, das sind 55 Gigawatt von weltweit etwa 220 Gigawatt auf mehreren Kontinenten: Europa, Nordamerika und Australien“, sagt Lange.
Die Vorhersagen fallen erstaunlich genau aus: Bezogen auf die in Deutschland installierten 28.000 Megawatt liegen sie im Schnitt für den kommenden Tag nur um etwa 1000 Megawatt schief. Am selben Tag ist die Abweichung der Vorhersage nochmals deutlich geringer. „Wir haben die besten Windleistungsvorhersagen für Deutschland“, sagt Lange selbstbewusst.
Dies jedenfalls habe die Auswertung eines Kunden im vergangenen Jahr ergeben, der mehrere Anbieter verglich. „Wie Emsys die Vorhersagen im Detail berechnet, bleibt ihr Betriebsgeheimnis. Für uns ist wichtig, dass die Ergebnisse äußerst zuverlässig sind“, sagt Ansgar Wetzel, Netz-Manager bei E.On Bayern in Regensburg.
Zu den Kunden der Oldenburger zählen Übertragungsnetzbetreiber wie Tennet, 50Hertz oder Amprion, Energieversorger wie EnBW, E.On und EWE sowie Direktvermarkter von Ökostrom wie das Berliner Unternehmen Grundgrün. Zusätzlich erstellen die Oldenburger auch Prognosen für die Solarbranche, denn die Zahl der Sonnenstunden lässt sich ebenso ermitteln wie die Windstärke. Nebenbei entwickeln die Windflüsterer aus Oldenburg Konzepte für Smart Grids, die intelligente und dezentrale Vernetzung von Strom- und Speicherquellen.