Tönnies gegen Tönnies Ein Schlichter für die Schlachter

Ein Mediator soll nun helfen, die Dauerfehde um die Herrschaft beim Fleischkonzern Tönnies zu beenden. Es dürfte die letzte Chance für eine außergerichtliche Einigung in der Familie sein.

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Tönnies Quelle: dpa

Ja, man sollte die Idee nicht gleich im Vorhinein zum Scheitern verurteilen. Aber ob es einem Schlichter gelingen kann, die tief zerstrittenen  Familienmitglieder – Onkel Clemens Tönnies und Neffe Robert Tönnies – wieder zu versöhnen, muss doch stark bezweifelt werden. Schon zu oft hatten beide Parteien signalisiert, man werde sich irgendwie außergerichtlich einigen. Doch alle Bemühungen scheiterten, selbst vorformulierte Einigungsverträge waren nachher nicht mehr das Papier wert, auf dem sie standen. Mittlerweile würde es sich für die beteiligten Anwälte sogar schon lohnen, Verfahren darüber anzustrengen, wer eigentlich schuld daran ist, dass keine außergerichtliche Einigung zustande kommt.  

Und so ging es auch heute vor dem Bielefelder Landgericht wieder hoch her: Nachdem alle Vorwürfe und Beschuldigungen ausgetauscht waren, wurden die Protagonisten laut, allen voran Firmenchef und Schalke-04-Boss Clemens Tönnies. Eine "Sauerei hoch fünf" nannte Deutschlands erfolgreichster Schweineschlachter zunächst die Vorwürfe seines Neffen. Robert bezeichnete ihn anschließend als „diesen aufgebrachten Typen“.

Clemens und Robert Tönnies halten jeweils 50 Prozent am gleichnamigen, milliardenschweren Unternehmen. Das aber nur, weil Robert, der Sohn des 1994 verstorbenen Firmengründers Bernd Tönnies seinem Onkel Clemens einen 5-Prozent-Anteil an dem Unternehmen geschenkt hatte. Den verlangt er nun zurück, weil sich sein Onkel grob undankbar verhalten hätte. Bekäme er Recht, würde das Mehrheitsverhältnis zu Roberts Gunsten kippen.

Streit gibt es ja bekanntlich in den besten Familien. Doch was im Hause Tönnies passiert, dass lässt sich kaum noch als Streit bezeichnen. Es ist ein Krieg ohne Waffen, bis tief unter die Gürtellinie. So berichteten Zeugen in vergangenen Prozessen sowohl von pikanten Details aus der Firmen- wie auch aus der Familiengeschichte: von einem Ehestreit am Krankenbett, von einer Geliebten, von undurchsichtigen Geldflüssen und von hinterhältigen Versuchen, das Unternehmen zu verkaufen.

Und so wurde in den vielen Prozessen der vergangenen vier Jahre mal die eine Seite vorgeführt, mal die andere. So bekam Clemens Tönnies zwischenzeitlich Oberwasser, als eine Schwägerin behauptete, Bernd Tönnies habe noch nach seiner misslungenen Nierenoperation, an der er wenige Tage später verstarb, sich von seiner Frau trennen wollen. Längst habe es eine Geliebte gegeben. Roberts Mutter hätte „vom Hof gejagt“ werden sollen. Für Clemens lief es jedenfalls prima an diesem Verhandlungstag.

Doch wenig später wurde der Schalke-04-Boss vorgeführt: Die Gegenseite wies anhand von Krankenakten nach, dass die detaillierten Erinnerungen von Clemens‘ Geschäftsführer Josef Tillmann, der für seinen Chef im Zeugenstand aussagte, nicht stimmen konnten. Tillmann wollte nämlich ein langes Telefonat mit Bernd Tönnies zu einem Zeitpunkt geführt haben, als der Patient längst nicht mehr sprechen konnte. Dabei hatte Tillmann behauptet, in dem Telefonat habe Bernd Tönnies das Versprechen wiederholt, seinen Bruder zu gleichen Teilen am Unternehmen zu beteiligen.

Das Landgericht Bielefeld wird jetzt gemeinsam mit den Streitparteien die Regeln für ein Mediations-Verfahren festlegen und auch die Suche nach einem Kandidaten für diese Aufgabe begleiten. Beide Seiten erklärten sich damit einverstanden. Der Vorschlag von Richter Schröder dürfte zugleich auch die einzige und letzte Möglichkeit sein, zu einer außergerichtlichen Einigung zu kommen. Ob diese dann aber wirklich Sinn macht, ob es dafür nicht schon viel zu spät ist, das ist natürlich eine ganz andere Frage.

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